Die Spritzrohre für die Papierproduktion sind der Verkaufsschlager: Das Wormser Unternehmen Stamm gibt es seit 150 Jahren. In dieser Zeit hat sich einiges getan.
Von Ulrike Schäfer
Geschäftsführer Christoph Holzbaur (rechts) sieht sich in der Produktion um und dabei auch Mitarbeiter Peter Westerheide über die Schulter.
(Foto: photoagenten/Christine Dirigo)
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WORMS - Vor Kurzem feierte die Stamm GmbH & Co. KG ein ganz besonderes Jubiläum: Vor 150 Jahren wurde sie gegründet, im gleichen Jahr, als auch das Lutherdenkmal eingeweiht wurde, wie Chronist Klaus Reitz, bis 2013 Inhaber des Unternehmens, nicht ohne Stolz anmerkt. Es war sein Urgroßvater Peter, der, gerade 23 Jahre alt, in der heutigen Augustinerstraße 5 (damals hieß sie noch Gymnasiumstraße) eine Messinggießerei betrieb. Im gleichen Jahr, als sein Sohn, ebenfalls mit Namen Peter, geboren wurde, verstarb er, und seine Witwe Eva heiratete bald darauf den Metallgießer Heinrich Stamm. Er gab dem jungen Unternehmen seinen Namen.
Bald reichte das Firmengelände in der schmalen Altstadtgasse nicht mehr aus, sodass Heinrich Stamm 1904 das Anwesen in der Ludwigstraße 30 kaufte. Drei Jahre später starb auch er, und die Witwe führte die Gießerei und Dreherei mit Unterstützung ihres Sohnes Peter aus erster Ehe und ihrer Söhne Philipp und Emil aus der Ehe mit Heinrich Stamm weiter. Nach dem Tod seiner Brüder war Peter Reitz Alleininhaber der Metallgießerei und Armaturenfabrik Heinrich Stamm OHG, 1945 trat sein Sohn Alfred als technischer Leiter in das Geschäft ein.
Den 2. März 1954 bezeichnet Klaus Reitz in seiner sorgsam aufbereiteten Chronik als Meilenstein der Firmengeschichte, denn sein Vater Alfred, Diplom-Ingenieur und Erfinder, meldete ein Patent für sein „Spritzrohr für Papier-, Pappen- oder ähnliche Maschinen“ mit innen liegender, rotierender Bürste an. Dieses Spritzrohr hatte die Aufgabe, den unglaublich hohen Wasserbedarf bei der Papierproduktion durch eine effiziente Reinigung der verwendeten Siebe drastisch zu senken. Das Stamm-Spritzrohr wurde in den Folgejahren permanent weiterentwickelt. Zahlreiche Papiermaschinenhersteller und Fabriken im In- und Ausland gehörten bald zu den Kunden. Im Todesjahr von Peter Reitz, 1957, war die Belegschaft auf 28 Mitarbeiter angewachsen. In den 1960er Jahren entwickelte sich der Betrieb kontinuierlich weiter. Weitsichtig baute Alfred Reitz ein Netz von Auslandsvertretungen aus. 1969 wechselte die Firma ins Industriegebiet Südwest, Winkel 16, wo sie auch noch heute zu finden ist. In enger Zusammenarbeit mit Karl Keppler aus Pfullingen entwickelte und verbesserte Alfred Reitz die ersten Bewegertypen und Komponenten für oszillierende Spritzrohre. Die Firma Lechler erhielt 1979 die Lizenz, die Stamm-Düsenspritzrohre in USA und Kanada zu fertigen. 1981 stieg mit Diplom-Ingenieur Klaus Reitz die vierte Generation in die Firma ein. Zur Seite stand ihm als „freier“ Außendienstingenieur Claus Keppler, der aufgrund seiner Berufserfahrung als Konstrukteur wichtige Impulse bei Weiter- und Neuentwicklungen setzte.
Im Frühjahr 1985 starb Alfred Reitz, und sein Sohn Klaus, der drei Jahre später Christiane Pallasch, Tochter des Wormser Künstlerehepaares, heiratete, übernahm die alleinige Geschäftsführung. Die Firma wurde umgebaut und erweitert, die Produktion immer weiter effektiviert und verfeinert. Lechler begann nun auch mit der Fertigung von (Stamm-)Spritzrohren in China. 2006 wurde der neue Firmenname „Stamm GmbH & Co. KG“ eingetragen.
Klaus Reitz verkaufte das Unternehmen
Da die eigenen Kinder andere berufliche Wege gingen, verkaufte Klaus Reitz nach sorgfältigem Abwägen die wirtschaftlich gesunde Firma mit 40 Beschäftigten an die Familie Holzbaur. Diplom-Wirtschaftsingenieur Christoph Holzbaur ist seither als Geschäftsführer zuständig für Operativ und Strategie Stamm, sein Vater Michael für die Konzernstrategie. Inzwischen hat Stamm den Wettbewerber Weger übernommen, der unter der Marke Cleantech elektronisch gesteuerte, elektrische Beweger hergestellt hat, und mit der Gründung weiterer Produktionsstandorte begonnen.
Die Firma ist heute führend im Bau von Spritzrohren und Bewegungseinrichtungen für Anwendungen in der Papier- und Zellstoffindustrie und Entwässerungstechnik und zählt weltweit alle namhaften Papiermaschinenhersteller und Papierfabriken zu ihren Kunden. Christoph Holzbaur ist sich sicher: „Mit neuen Materialien und Konzepten setzen wir mit unserer Premium-Marke ‚Stamm Cleantech‘ Maßstäbe im Bereich der Antriebssysteme, Düsen und Reinigungsvorrichtungen.“