MAINZ - Die Kommunen in Rheinland-Pfalz ächzen unter einer immer größeren Schuldenlast. „Trotz der Zunahme der kassenmäßigen Steuereinnahmen sehen wir, dass die Verschuldung überdurchschnittlich zunimmt“, hielt Arne Rössel, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern, bei der Präsentation des IHK-Realsteueratlas 2017 fest. Die Verschuldung der rheinland-pfälzischen Gemeinden nahm von 2005 bis 2016 um zwei Drittel zu, deutschlandweit stieg die kommunale Schuldenlast nur um ein Drittel an. Im selben Zeitraum haben die kommunalen Haushalte in Rheinland-Pfalz ihre Sozialausgaben um knapp 90 Prozent gesteigert – und die Sachinvestitionen um nicht einmal vier Prozent. Der Personalaufwand stieg um die Hälfte an, das Gewerbesteueraufkommen um drei Viertel.
Seit 2010 haben nur 6,3 Prozent der rheinland-pfälzischen Kommunen keine Veränderung der Gewerbesteuer-Hebesätze vorgenommen, bei lediglich 1,6 Prozent der Kommunen blieb die Grundsteuer konstant. „Die Kommunen haben kein Einnahmeproblem“, betont Steffen Blaga, der in der IHK-Arbeitsgemeinschaft für Steuern und Finanzen zuständig ist. Die gute Konjunktur und die Niedrigzinspolitik führten zu erheblichen Mehreinnahmen der Kommunen. Gleichwohl schreibe das Land durch die Festsetzung der Nivellierungssätze den Gemeinden vor, an der Steuerschraube zu drehen, sofern sie keine Einbußen erleiden wollen.
Mehr als 800 Gemeinden hatten sich zudem dem Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) angeschlossen, bei dem die Liquiditätskredite reduziert werden sollen. Zu jedem Euro, den die Kommunen durch Konsolidierungsmaßnahmen einsparen, gibt es vom Land und dem kommunalen Finanzausgleich zwei dazu. „Die Konsolidierung erfolgt aber in erster Linie durch Erhöhung der Einnahmen, nicht durch Reduzierung der Ausgaben – und damit zu Lasten der regionalen Wirtschaft“, moniert Blaga.
„Der KEF funktioniert nicht“, hält Rössel fest. Das Hauptproblem, das die Kommunen in die Bredouille bringt, sieht Rössel im nicht eingehaltenen Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, bezahlt“): „Die kommunale Selbstverwaltung kann ihre Aufgaben aufgrund der vielen Pflichten, die ihr Land und Bund auferlegen, überhaupt nicht mehr leisten.“ Tibor Müller (IHK Pfalz) ergänzt: „Die Sozialausgaben fressen die kommunalen Haushalte auf.“