Viele Bearbeitungsgebühren, die Banken für die Kreditvergabe an Firmen verlangen, sind nach einem BGH-Urteil nicht rechtens. Archivfoto: dpa
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DARMSTADT/WIESBADEN/ MAINZ - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Anfang Juli die Bearbeitungsgebühren, die Banken bei der Vergabe von Krediten an Geschäftsleute und Firmen erheben, gekippt. Nun laufen sich die Anwaltskanzleien warm. In Pressemitteilungen sehen sie die Kreditinstitute bereits „der größten Rückforderungswelle aller Zeiten ausgesetzt“ – und wittern entsprechend gute Geschäfte.
Die Argumentation: Bereits 2014 hatte der BGH in Karlsruhe entschieden, dass Banken bei Otto-Normal-Verbrauchern keine Bearbeitungsgebühren für die Kreditvergabe nehmen dürfen. Und schon seinerzeit hätten die Rückforderungsansprüche der Verbraucher „einen Milliardenbetrag erreicht, obwohl der einzelne Anspruch meist nicht mehr als wenige Hundert Euro betrug“, heißt es beispielsweise in einer Mitteilung der Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig. Viele Verbraucher hätten ihre Ansprüche allerdings erst gar nicht durchgesetzt.
Pro Kredit geht es mitunter um sechsstellige Beträge
Bei Unternehmenskrediten präsentiert sich die Lage nach Ansicht der Anwälte anders. „Weil der Kapitalbedarf von Unternehmen deutlich größer ist als bei Verbrauchern, belaufen sich die Bearbeitungsgebühren nicht selten auf einen fünf-, teils sogar auf einen sechsstelligen Betrag, und zwar pro Darlehen“, heißt es bei der Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig. Hinzu komme, dass viele Unternehmen nicht nur einen, sondern eine Vielzahl solcher Verträge abgeschlossen hätten. Allein schon wegen der Höhe der Beträge werde kaum ein Unternehmen auf seine Ansprüche verzichten.
DAS URTEIL
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass Banken auch von Geschäftsleuten und Firmen bei der Vergabe von Krediten keine Bearbeitungsgebühr kassieren dürfen, gilt für entsprechende Darlehen ab dem Jahr 2014.
Die Institute hätten ihren finanziellen Aufwand generell rein über die Kreditzinsen zu decken, urteilten die Karlsruher Richter. Der Versuch, Kosten in einem von der Laufzeit unabhängigen Extra-Posten auf die Kunden abzuwälzen, benachteiligt diese nach Auffassung des Senats unangemessen (Az. XI ZR 233/16 u.a.).
Für das Magazin Capital hat eine Berliner Anwaltskanzlei errechnet, dass den Banken Rückforderungen von insgesamt bis zu 3,5 Milliarden Euro ins Haus stehen. Unter der Annahme, dass die nun unwirksame Gebühr im fürs Urteil relevanten Zeitraum (seit 2014) im Schnitt bei gut der Hälfte aller Firmenkredite erhoben worden ist und im Schnitt ein Prozent beträgt.
„Auf allgemeine Geschäftsbedingungen gestützte Bearbeitungsgebühren sind bei der Unternehmensfinanzierung gang und gäbe“, zitiert die „Wirtschaftswoche“ Christian Wolf, Bankrechtsexperte bei der Großkanzlei Norton Rose Fulbright. „Die Bearbeitungsgebühren belaufen sich mitunter auf bis zu zwei Prozent der Darlehenssumme und spielen in der Kalkulation in Zeiten der Niedrigzinsphase eine beachtliche Rolle. Der BGH stürzt die Banken erneut in ein Dilemma“, so Wolf weiter. Da es bei den Rückforderungen nicht nur um die Masse der Kreditverträge geht, sondern auch um die im Einzelfall mitunter beträchtliche Darlehenshöhe, sind die Auswirkungen auf die regionalen Sparkassen und Genossenschaftsbanken noch nicht absehbar. Wie die gesamte deutsche Kreditwirtschaft halten sich die regionalen Institute mit einer abschließenden Bewertung des BGH-Votums noch zurück, weil die Urteilsbegründung noch nicht vorliegt.
Regionalbanken reagieren relativ gelassen
Einer Stichprobe dieser Zeitung zufolge verweisen die Regionalbanken allerdings darauf, dass viele Institute spätestens seit dem 2014er BGH-Urteil zu Verbraucherkrediten auch bei Geschäftskunden auf entsprechende Preisklauseln zu Bearbeitungsgebühren in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verzichten und so vom Karlsruher Urteil ihrer Ansicht nach nicht betroffen sind. Nur in Einzelfällen seien individuelle Vereinbarungen getroffen worden, heißt es in den Reaktionen der Regionalbanken weiter.