Sauna im Büro: Bei mehr als 35 Grad kann es kriminell werden
Steigt die Raumtemperatur am Arbeitsplatz über 30 Grad, ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, aktiv zu werden. Hitzegeplagte Beschäftigte können ihre Rechte einfordern.
Von Wolfgang Büser und Maik Heitmann
Ventilator oder kalte Getränke: Bei mehr als 30 Grad im Büro muss der Arbeitgeber für Abkühlung sorgen. Archivfoto: dpa
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DARMSTADT - Sommer, Sonne, Schweiß: Dieser Dreiklang macht nicht nur Bauarbeitern und Dachdeckern zu schaffen. Auch in Büros oder Verkaufsräumen kann es unerträglich warm werden, etwa wenn die Klimaanlage ausgefallen ist oder wenn es gar keine gibt. Und nun sind es schon seit Tagen über 30 Grad. Es soll Unternehmer geben, denen das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter so sehr am Herzen liegt, dass sie ihnen Vergünstigungen einräumen. Das fängt bei kostenlosen Getränken an und setzt sich fort mit Salatbüfetts, Aufstellung von Ventilatoren, Freikarte fürs Schwimmbad oder der Erlaubnis, dass die Damen die Rocksäume kürzen und die Herren gleich in kurzen Hosen erscheinen dürfen.
Unternehmer müssen sich in jedem Fall an das Arbeitsschutzgesetz und die Arbeitsstättenverordnung halten. Ermüdungserscheinungen mit einhergehender Leistungsminderung erfreuen schließlich keinen Firmenboss. Und Konzentrationsmangel führt unweigerlich zu einer höheren Unfallgefahr. Die Arbeitsstättenverordnung gibt ganz allgemein vor, dass für Bereiche von Arbeitsplätzen, die unter „starker Hitzeentwicklung“ stehen, die Möglichkeit bestehen sollte, die Räume „im Rahmen des betrieblich Möglichen“ auf eine erträgliche Temperatur gekühlt zu werden, etwa dadurch, dass es Außenjalousien gibt. Ergänzend dazu heißt es in den Arbeitsstättenrichtlinien, dass die Raumtemperatur 26 Grad Celsius nicht überschreiten soll.
Energieverbrauch und Umweltschutz zweitranging
Dabei ist Raumtemperatur „die in einer Höhe von 75 Zentimetern über dem Fußboden in der Mitte des geschlossenen Raumes mit einem Thermometer gemessene Temperatur“. Das Landgericht Bielefeld gewährte allerdings (für vermietete Büroräume) Spielraum: Bei höheren Temperaturen muss die Innenraumtemperatur mindestens sechs Grad unter der von draußen liegen. Bei 33 Grad Außentemperatur genügt danach eine Abkühlung auf 27 Grad. Gesichtspunkte wie Energieeinsparung und Umweltschutz träten dahinter zurück (Az: 3 O 411/01).
Generell gilt die Regel, die ab einer Außentemperatur von 26 Grad ein Stufenmodell vorsieht. Danach werden bei Lufttemperaturen in Arbeitsräumen über 26 Grad verschiedene Maßnahmen empfohlen. Bei 30 bis 35 Grad Celsius muss der Arbeitgeber zwingend wirksame Schutzmaßnahmen ergreifen. Bei mehr als 35 Grad wird die Tätigkeit in einem Arbeitsraum grundsätzlich als ungeeignet angesehen. Trotz dieser Regelung gibt es keinen Rechtsanspruch auf Klimaanlage oder hitzefrei. Arbeitnehmer aber, die bei solchen Temperaturen nicht mehr arbeiten können, können „die Weiterarbeit verweigern“, so ein Rechtsanwalt.
Es versteht sich, dass das „Temperaturempfinden“ individuell und von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig ist. Es kommt auf die physikalischen Bedingungen an (etwa: Lufttemperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Luftzusammensetzung und optische Einflüsse), ferner auf „intermediäre Bedingungen“ (etwa: Kleidung, Tätigkeitsgrad, Tageszeit, Raumbesetzung) und schließlich auf psychosoziale Faktoren (etwa: Konstitution, körperliche Verfassung, Geschlecht, Alter).
Fragt sich nur, was geschieht, wenn der Arbeitgeber trotz Bullenhitze kühl bleibt? Den Arbeitnehmern steht ein Beschwerderecht zu. Sie gehen damit allerdings nicht vor das Arbeitsgericht, sondern zur für Arbeitsschutz örtlich zuständigen Behörde. Dort gibt es Fachleute, die mit dem Unternehmer Abhilfemaßnahmen diskutieren und konkrete Vorschläge machen. Folgt darauf nichts in Richtung Arbeitsschutz, dann könnte dem Arbeitgeber auch schon mal mit einem Bußgeld gedroht werden.
Natürlich haben Arbeitnehmer (für sie der Betriebsrat) auch das Recht, ihr Mütchen vor dem Arbeitsgericht zu kühlen.