Timo Boll gibt 2005 Matchpunkt fair zurück - und verliert
"Der Ball war noch an der Platte" - als Timo Boll den Schiedsrichter im WM-Achtelfinale 2005 in Shanghai korrigiert, hatte dieser den Hessen schon als Sieger erklärt. Dann verlor Boll den entscheidenden Satz - und kletterte am 6. Mai doch noch aufs Podest.
Ein kleiner silberner Tischtennis-Schläger: Timo Boll wurde 2005 in Shanghai für seine faire Aktion im WM-Achtelfinale ausgezeichnet. Archivfoto: imago
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Von Björn-Christian Schüßler
China ist ein Pflaster, auf dem sich Deutschlands Vorzeigesportler Timo Boll sehr wohl fühlt. Auch wenn es bei der aktuellen Tischtennis-Weltmeisterschaft nicht zum ganz großen Triumph gereicht hat, wird der gebürtige Odenwälder seine Zeit in Fernost stets in guter Erinnerung behalten. Zum einen, weil er an der Seite von Christian Süß vor zehn Jahren bei der WM in Shanghai Silber errang. Zum anderen, weil der heute 34-Jährige am 6. Mai 2005 in Shanghai auch ohne Gold ganz oben aufs Siegerpodest durfte - zur Verleihung des Fair-Play-Pokals.
Eigentlich hatte Boll bei der WM in China in die Phalanx der Hausherren einbrechen wollen. Doch im Achtelfinale war gegen den Chinesen Liu Guozheng Endstation. Dabei hatte Boll in einem hochklassigen Duell im entscheidenden siebten Satz bereits 8:3 geführt, schließlich zwei Matchbälle gegen sich abgewehrt und selbst bereits einen verspielt. Beim Stand von 13:12 "verschlägt" Guozheng hauchdünn neben die Platte, der Schiedsrichter schickt den Hessen ins Viertelfinale - vermeintlich. Denn Boll korrigiert den Unparteiischen sofort, der Ball hatte die Kante touchiert. Niemand der 10.000 Chinesen in der Halle hatte das gesehen - nur Boll. Er hätte den Mund halten können, und doch gab er den Punkt sofort zurück. "Darüber muss man nicht nachdenken. Für mich war das Ehrensache", sagte er nach dem Match. Und das, obwohl er den Entscheidungssatz gegen den jungen Chinesen schließlich noch mit 13:15 verlor.
"Fairness nie bereut"
"Ich habe das nie bereut. Warum auch? Der Ball war an der Platte, also war es sein Punkt. Ich habe ja nicht etwas verloren, was mir gehört hat, sondern nur etwas zurückgegeben, was nie mein war", sagte Boll später in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung. So hat es der erfolgreichste deutsche Tischtennisspieler immer gehalten. Neben seiner Kunst an der Platte rechnen ihm diesen Respekt vor seinem Sport viele Konkurrenten hoch an. Und nehmen sich besonders nach der WM-Szene von Shanghai an ihm ein Vorbild.