Deutschland sichert sich 2007 den Handball-Weltmeistertitel. Der ist bei der Heim-WM nach einer Achterbahnfahrt in der Hauptrunde durchaus überraschend, wird aber standesgemäß mit Pappkronen und Walross-Schnauzer gefeiert.
Das deutsche Team um Markus Baur (mit Pokal) feiert. Archivfoto: dpa
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Von Ulrich Gerecke
Im Mutterland des Handballs sind 29 Jahre Warten eine Ewigkeit. Fast drei Jahrzehnte sind seit dem deutschen WM-Triumph von 1978 vergangen, zwischenzeitlich spielten die DHB-Männer sogar mal bei einer C-WM gegen Handball-Weltmächte wie Finnland. Doch das alles ist vergessen am 4. Februar 2007. 19000 zählen in der Köln Arena die letzten Sekunden des Finales gegen Polen herunter, der Rest ist kollektive Ekstase. 29:24 gegen Polen – Deutschland ist Weltmeister.
Als Kapitän Markus Baur die Mannschaft aufs Podest führt, wird geschichtsbewusst gefeiert: Alle Spieler tragen goldene Pappkronen wie einst „Magier“ Vlado Stenzel nach dem Sieg über die UdSSR in Kopenhagen. Alle haben sich Walross-Schnauzer angeklebt wie ihr Trainer Heiner Brand, der 1978 als Spieler den Titel holte.
Das Heim-Turnier, das dem deutschen Handball Rekord-Einschaltquoten beschert und die Sportart kurzzeitig sogar vom langen Schatten von König Fußball befreit, ist für die DHB-Auswahl eine emotionale Achterbahn-Fahrt. Verletzungen ziehen sich wie ein roter Faden durch Vorbereitung und Wettbewerb. Der Ausfall von Andrej Klimovets beschert dem 37 Jahre alten Kreisläufer Christian Schwarzer, der eigentlich als TV-Experte bei der WM arbeitet, ein ungeahntes Comeback. Im Vorrunden-Spiel gegen Polen gibt es aber auch mit „Blacky“ eine 25:27-Pleite.
Anschließend quält sich Brands Team durch die Hauptrunde, wird dann aber von einer immer wilderen Euphoriewelle bis zum Triumph getragen. Im Viertelfinale muss Spanien (27:25) dran glauben, im Halbfinale wird Topfavorit Frankreich mit einem 32:31 nach doppelter Verlängerung ausgeschaltet. Während „Les Bleus“ wegen eines nicht gegebenen Tors in letzter Sekunde auf die Schiedsrichter schimpfen, ist Baur nach dem Krimi von Dortmund überzeugt: „Vielleicht haben am Ende die Zuschauer das eine Tor Unterschied ausgemacht.“
Auch das Finale gegen Polen verläuft alles andere als wie am Schnürchen. Zwar führt der Gastgeber früh 8:3 und 21:14, doch dann verletzt sich der bis dahin überragende Torhüter Henning Fritz. Bis auf 18:21 kommt der Gegner noch einmal heran, die Nerven liegen blank. Dann aber hält Fritz-Ersatz Johannes "Jogi" Bitter die entscheidenden Bälle. Kurz darauf ist das „Wintermärchen“ vollbracht.