In der Corona-Risikogruppe - wie gehen Sportpromis damit um?
Hans-Karl Schäfer, Jürgen Wilhelm, Gerd Welker und Udo Giehl eint, dass sie im Fall einer Corona-Infektion von schweren Verläufen heimgesucht werden könnten. Wie leben sie damit?
Von Martin Imruck
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Udo Giehl (Bild oben, von links), Hans-Karl Schäfer, Jürgen Wilhelm (Bild unten, v.l.) und Gerd Welker (im Heck des Achters) gehören zur Corona-Risikogruppe. Sie gehen unterschiedlich damit um.Archivfotos: Natascha Kral, Mario Luge, BK/Axel Schmitz, Ralf Görlitz
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REGION - Die zweite Welle der Corona-Pandemie hat die Amateur- und Freizeitsportler wieder zurück in den Zustand vom Frühjahr katapultiert. Sportanlagen, Fitnessstudios und Schwimmbäder sind geschlossen, weshalb nur noch die eigenen vier Wände oder die frische Luft als alternative Sportstätte bleiben. Für alle jungen aktiven Sportler sicher kein schöner, aber doch erträglicher Zustand. Aber wie geht es den Senioren unter den Sportlern, die per se zur sogenannten Risikogruppe gehören. Wie organisieren sie sich und ihren Sporttrieb innerhalb der Pandemie und wie halten sie sich fit? Routiniers aus der Region geben Auskunft:
Hans-Karl Schäfer (70 – Sportdirektor SG RWO Alzey): „So lange das Freibad auf hatte, war ich quasi jeden Morgen schwimmen. Jetzt sitze ich jeden Tag zuhause eine Stunde auf dem Hometrainer oder mache Gymnastik. Langweilig wird mir jedenfalls nicht, im Sportgeschäft habe ich ja genug zu tun, aber auch so versuche ich, mich genug zu bewegen. So schlimm, dass man jetzt nur im Eck sitzt und wartet, dass es besser wird, muss ja auch nicht sein. Das wäre ja so, wie wenn man besonders vorsichtig Auto fährt. Dann kann man davon ausgehen, dass man am nächsten Eck hängenbleibt. Daher heißt es: weitermachen wie bisher, ohne zu vernachlässigen, was in dieser Zeit einfach dazugehört. Kritisch wird es ja immer nur dann, wenn man irgendwo über die Stränge schlägt oder die Vorgaben missachtet. Ansonsten kommen wir, glaube, ich vorerst auch ganz gut über die Runden und wenn wir Glück haben, gibt es ab März im Amateursport auch wieder die Möglichkeit zu starten. Alles andere ist Wunschdenken.“
Jürgen Wilhelm (70 – Ex-Spieler SG Eintracht Bad Kreuznach und Hassia Bingen): „Sonst bin ich fast die ganze Woche unterwegs, aber was willst du machen? Montag bin ich in der Sauna, Mittwoch und Donnerstag beim AH-Training und ab Freitag bin ich auf den Sportplätzen der Region zu finden. Aber aktuell geht man am besten ja nirgends hin, es ist für alle eine schwere Situation und wirklich schade, da man sieht, wieviel daran kaputt geht. Gerade die Amateurvereine haben es extrem schwer, weshalb ich finde, dass man zumindest für das Training wieder etwas lockern könnte. Wir bei den Alten Herren haben beispielsweise ja kaum Körperkontakt und uns allen fehlt das gemütliche Beisammensein. Durch meinen Lymphdrüsenkrebs bin ich ja auch besonders gefährdet, aber wir alle sind darauf angewiesen, was die Ärzte und die Politik sagen. Aktuell schreiben wir untereinander und halten so den Kontakt, aber nur zuhause versauern, wäre ja auch stumpfsinnig. Dennoch wissen viele nicht, was sie aktuell machen sollen, weil die meisten Dinge einfach verboten sind. Das ist schon extrem schwer.“
Udo Giehl (Bild oben, von links), Hans-Karl Schäfer, Jürgen Wilhelm (Bild unten, v.l.) und Gerd Welker (im Heck des Achters) gehören zur Corona-Risikogruppe. Sie gehen unterschiedlich damit um.Archivfotos: Natascha Kral, Mario Luge, BK/Axel Schmitz, Ralf Görlitz
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Udo Giehl (61 – Werfer des TV Alzey): „Aktuell ist einfach sehr viel Eigeninitiative gefragt. Das Wintertraining ist für uns extrem wichtig für das ganze Jahr, weshalb wir wohl um drei bis vier Monate zurückgeworfen werden. Aber diese Pause bietet auch die Chance, an der Technik zu feilen und das Ganzheitliche etwas mehr ins Auge zu fassen. Obwohl wir im Seniorensport sind, ist der Ehrgeiz doch noch sehr groß. Dennoch kommt die Pause einigen entgegen, um den Körper einfach mal runterzufahren und sich etwas zu erholen. Derzeit macht es Sinn, nicht einfach blind auf irgendeine Meisterschaft hinzutrainieren, die am Ende vielleicht gar nicht stattfinden kann. Was das Training angeht, muss man sehr kreativ sein. Klar kann man mal im Feld ein paar Sprünge oder Steigerungsläufe machen, aber hauptsächlich finde ich es Wahnsinn, was die Leute sich für zu Hause anschaffen. Da wird echt jeder Winkel genutzt. Dennoch wird nach dem Winter das komplette Leistungsvermögen um Längen zurückgeworfen.“
Gerd Welker (77 – Stromberger Ruderer der Binger RG): „Bis Ende Juli, Anfang August habe ich auf die EM in München auf der Olympiastrecke hintrainiert, die immer wieder geschoben wurde und letztlich zwei Wochen vor dem Termin abgesagt wurde. Das war schon eine sehr beschwerliche Zeit, ohne Ziele und wirklichen Antrieb. Ich denke da auch immer an die Athleten, die jeden Tag trainieren. Das muss eine richtige Belastung sein. Aber für mich war es das definitiv, ich wollte 2020 ja nach den ganzen Wettkämpfen aufhören. Diese sind zwar alle ausgefallen, aber nachzuholen gibt es für mich da nichts mehr. Ganz werde ich jetzt natürlich nicht direkt aufhören, aber es tut gut, nur noch ein, zwei Mal in der Woche was zu tun. Im Alltag habe ich sonst sehr wenig Kontakt zu Leuten. Zum Glück haben wir ein großes Grundstück, wo sich immer Arbeit finde. Ganz schlimm ist es beim Einkaufen oder in der Stadt, auch wenn man sieht, wie viele Menschen aller Altersgruppen die Situation anscheinend immer noch auf die leichte Schulter nehmen. Da macht man sich natürlich seine Gedanken und muss seinen Weg finden, solchen Situationen aus dem Weg zu gehen, damit man gesund bleibt.“