MAINZ - Sophie Hartstock spielt seit vier Jahren beim Frauenhandball-Bundesligisten FSV Mainz 05. Denise Großheim kommt auf drei Jahre, Carina Gangel auf zwei. Die Zwillinge Nina und Tina Kolundzic sowie Franziska Fischer gehen im Herbst, wenn dann irgendwann die neue Saison gestartet wird, ins zweite Jahr beim letztjährigen Aufsteiger. Diese sechs Spielerinnen kommen also bislang auf zwölf Jahre bei den Meenzer Dynamites. Kristin Schäfer, die Siebte im Bunde derjenigen, die den Dynamites die Treue gehalten haben, macht dieses Dutzend an Jahren im kommenden Sommer voll.
Gefühlt ist die Torfrau schon immer da gewesen, hat alle Höhen und Tiefen der 05-Handballerinnen mitgemacht – inklusive zweier Zweitliga-Aufstiege sowie dem Sprung ins Oberhaus in der vergangenen Saison. „Ist schon komisch“, bekennt die 26-Jährige, „das ich jetzt die Letzte aus der alten Garde bin, dass ich jetzt mit großem Abstand die Dienstälteste bin.“ Dies war bislang immer Janka Bauer, die stolze elf Jahre Weggefährtin von Kristin Schäfer war, jetzt aber aus gesundheitlichen Gründen ihre Laufbahn beendet hat. „Ohne Janka, das wird ganz, ganz komisch“, wird Schäfer die langjährige Kreisläuferin „nicht nur sportlich, sondern auch menschlich total vermissen“. Immerhin: „Sie ist ja nicht aus der Welt. Die Freundschaft bleibt.“
Ansteckender Optimismus von Coach Florian Bauer
Nun also soll und muss Kristin Schäfer noch mehr in eine Führungsrolle wachsen bei den Dynamites, die beim Saisonabbruch auf dem vorletzten Platz gestanden haben, die drei Tage nach dem Shutdown der Liga das Kellerduell gegen Schlusslicht Kurpfalz Bären vor der Brust gehabt hätten. Alles, so Kristin Schäfer, sei zunächst seltsam gewesen. Der Saisonabbruch, die Isolation, das fehlende Mannschaftstraining – und schließlich auch die Tatsache, dass sich die Reihen im Kader so stark gelichtet haben. „Als ich das realisiert habe, hatte ich mich schon unwohl gefühlt. Mittlerweile ist das aber anders.“ Neben der Tatsache, dass es nicht der erste radikale Umbruch in der Dynamites-Historie ist (Schäfer: „Das ist auch noch gar nicht so lange her – und jetzt sind wir in der Bundesliga“), haben umfangreiche Gespräche mit dem neuen Trainer Florian Bauer bei der Torfrau für einen neuen Energieschub gesorgt, wie sie selbst feststellt. „Florian geht diese Geschichte unglaublich positiv an, das ist schon ansteckend“, sagt die 26-Jährige. „Mittlerweile glaube ich fest, dass aus der ganzen Geschichte etwas richtig Gutes wird.“
Nur der Zeitpunkt, wann diese Geschichte, also das Handballspielen an sich, wieder gut werden kann, der ist noch völlig offen. Aktuell hält sich Kristin Schäfer wie ihre Mitstreiterinnen im „Homeoffice“ fit, trainiert zweimal die Woche – mit gebührendem Abstand natürlich – mit einem 05-Physiotherapeuten. Zudem kann sie sich auf ihre Masterarbeit (Sozialwissenschaften des Sports) konzentrieren und jetzt auch wieder ihre Tätigkeit an der IGS Bretzenheim ausüben. „Ich genieße diese Zeit auch ein wenig, weil sich nicht alles dem Handball unterordnet.“ Gleichwohl vermisst sie ihren Sport natürlich auch, steht aber einer schnellen Aufnahme des Teamtrainings skeptisch gegenüber. „Da gingen ja nur Athletiksachen in kleinen Gruppen. Handballtraining wäre das ja nicht. Und wenn du diszipliniert deine Übungen im Homeoffice machst, fragt man sich schon: Muss das jetzt wirklich sein?“
Bei aller Sehnsucht nach dem Wettkampf würde Kristin Schäfer also lieber später als zu früh wieder ins Hallentraining einsteigen. Im vergangenen Jahr hatte eine Herzmuskelentzündung die Torfrau lange Zeit auf Eis gelegt. Als Risikopatientin sieht sie sich heute deshalb nicht. „Es haben sich keine Narben gebildet, ich bin vollständig gesund.“ Die Zeit ohne ihren Sport hat sie dennoch geprägt. Deshalb sagt sie heute: „Damals musste ich während der laufenden Saison viel länger zuschauen. Da kommt es heute auf ein paar Wochen nicht an.“