Handballtraining ist mehr als nur Bälle aufs Tor werfen und Spielformationen einstudieren. Der beliebte Sport kann ganz schön auf die Knochen gehen. Eine gute Grundathletik,...
NIEDER-OLM. Handballtraining ist mehr als nur Bälle aufs Tor werfen und Spielformationen einstudieren. Der beliebte Sport kann ganz schön auf die Knochen gehen. Eine gute Grundathletik, Ausdauer und körperliche Robustheit sind somit Faktoren, die nicht nur Oberliga-Spielern gut zu Gesicht stehen.
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Für Roman Kraus vom TV Nieder-Olm sind Athletikeinheiten eine Selbstverständlichkeit. Der Spielgestalter lebt von seiner Kraft, musste in dieser Saison mehrfach aufgrund des gebeutelten Kaders volle 60 Minuten auf der Platte stehen, geht dabei keiner Eins-gegen-Eins-Situation und keinem Körperkontakt aus dem Weg. „Das ist meine Spielweise. So macht mir der Sport einfach Spaß“, sagt der Rückraumspieler, der aber auch zugibt: „Ich bin nicht schnell genug, um die Gegenspieler stehenzulassen.“
Eine dicke Krankenakte für einen 22-Jährigen
Dass Kraus so viel Wert auf Kraft- und Ausdauertraining legt, liegt aber auch an einer dicken Krankenakte. Schultern, Rücken, Bauchmuskulatur, Gelenke – der junge Körper hat bereits reichlich einstecken müssen. Im Alter von 16 Jahren trainierte Kraus erstmals bei der Zweiten des TV mit, ein Jahr später schnupperte er in der ersten Herrenmannschaft Oberliga-Luft – und erlitt den ersten von zwei Bandscheibenvorfällen. Ein einschneidendes Erlebnis, das Kraus ein neues Körperbewusstsein nahelegte. „Ich bin in den Herrenbereich gekommen und war kraftmäßig nicht so aufgestellt, um mitzuhalten“, erinnert sich der 22-Jährige. „Ich musste nachholen, was ich in der Jugend verpasst hatte.“
Während Roman Kraus von seinem Werdegang erzählt, sprinten rund ein Dutzend Teenager der vereinseigenen D-Jugend über die Tartanbahn, machen wechselnd Liegestütze, Klimmzüge und andere kräftigende Abläufe. „Wir zeigen den Jungs Übungen, die sie sich angewöhnen und selbst ausführen sollen“, erklärt Marcel Kunkel die Szene. Gemeinsam mit Roman Kraus gestaltet er zweimal wöchentlich ein Athletikprogramm für die B- bis D-Jugendteams. Kraus nimmt zudem montags die A-Jugendlichen, die in diesem Jahr keine Mannschaft stellen, unter seine handballerischen Fittiche. Der Erfolg lässt sich auch in dieser Saison an den Erfolgen im Jugendbereich ablesen. „Unser Nachwuchs kann, was für Jugendliche früher normal war, aber heutzutage viele verlernt haben“, zieht Kraus auch Motivation aus seinem Ehrenamt.
Sportlich lief es für ihn und das Oberliga-Team mit dem feststehenden Abstieg in die Rheinhessenliga alles andere als optimal. Kraus konnte zwischenzeitlich mit Rücken- und Bauchmuskelproblemen nicht helfen. Und hat sich – schweren Herzens – entschieden, in der kommenden Spielzeit zu pausieren. „Ich will meine Blessuren mal richtig auskurieren. Zudem steht im Studium eine entscheidende Phase an“, begründete der BWL-Student. Die Arbeit mit der Jugend soll unter der Pause aber nicht leiden: „Es gefällt mir hier, ich mag den Verein, engagiere mich gern.“ Zumal gerade in diesem Bereich die Zukunft des Vereins, etwas Großes, entsteht. „Man sieht, dass sich einiges getan hat, auch bei den Mädchen. Jan Ludwig bringt viel Erfahrung mit, ist einer der besten Trainer in diesem Bereich“, lobt Kraus.
Als die von Ludwig betreute C-Jugend, die sich auf die Oberliga-Qualifikation am 28. Mai vorbereitet, ihr Athletiktraining mit Sandsäcken und Metallgewichten abgeschlossen hat, nickt Roman Kraus zufrieden. Feierabend ist nach zwei Stunden aber noch nicht. Denn er will beim Saisonfinale am Freitag um 20 Uhr in der heimischen IGS-Halle gegen die TSG Friesenheim II sein vorerst letztes Oberligaspiel für den TVN absolvieren. Und dafür ist jetzt noch eigenes Training.
Von Björn-Christian Schüßler