Die Verantwortlichen bei Mainz 05 beantworten Fragen in einer digitalen Pressekonferenz - mal mehr, mal weniger zufriedenstellend, findet die Wortpiratin.
Von Mara Pfeiffer
In Leipzig werden keine 05-Fahnen wehen.
(Archivfoto: Sascha Kopp)
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MAINZ - Acht Wochen wird es am Freitag her sein, dass der letzte reguläre Spieltag in der Bundesliga angepfiffen wurde. Die Frage, ob und wie es weitergehen kann – oder sollte – mit der Saison, ist nach wie vor nicht beantwortet. Alle jene, die auf die eine oder andere Art Teil des Systems sind, versuchen, ihren Umgang mit der neuen Situation zu finden. Die ja wiederum eingebettet ist in eine Großwetterlage bezüglich Covid-19, in der jede*r von uns tagtäglich versucht, alles zu filtern, bewerten und verstehen. Eine Erkenntnis dieser Zeit könnte deshalb vielleicht sein, nachsichtig miteinander umzugehen, zuzuhören, die andere Seite mitzudenken.
Insofern gebührt Mainz 05 also erstmal ein Lob für die Idee, in dieser Woche eine digitale Info-Veranstaltung für Fans anzubieten. Während Verantwortliche anderer Vereine mit seltsamen Interviews auf sich aufmerksam machen, zeigt der Club damit die Bereitschaft, zuzuhören, und kommt dem Wunsch seiner Anhänger*innen nach Informationen in der Krise nach. Selbstlos ist der Ansatz freilich nicht, wie immer geht es auch in dieser um die Deutungshoheit, die man sich so natürlich sichern kann; das ist allerdings völlig legitim.
Fans konnten für die Veranstaltung sowohl vorab Fragen einsenden, als auch währenddessen im Chat weitere nachreichen. Von Letzterem wurde massiv Gebrauch gemacht, wobei vor der Kamera letztlich vor allem Fragen behandelt wurden, die schon vorgelegen hatten. Dass einige Fans ihre Anliegen wieder und wieder und wieder ins Chatfenster knallten, war sicherlich in Sachen Übersichtlichkeit keine Hilfe – auch nicht für jene, die sich austauschen wollten.
Neben den drei Vorständen Rouven Schröder, Stefan Hofmann und Jan Lehmann war diesmal auch Aufsichtsratsvorsitzender Detlev Höhne mit von der Partie. Hofmann erklärte zunächst, es sei für den Verein natürlich von elementarer Bedeutung, wann das „Produkt“ Fußball, das er bewusst so benannte, wieder angeboten werden könne. Den Weg zu finden zwischen der gesellschaftlichen Verantwortung und sicher auch Vorbildfunktion auf der einen und eben den wirtschaftlichen Zwängen auf der anderen ist jetzt Aufgabe des Fußballs – mag sein, die stellt die eingetragenen Vereine aufgrund ihrer Rolle sogar vor besondere Herausforderungen.
Detlev Höhne ging einen symbolischen Schritt auf die Fans zu, indem er erklärte, er verstehe deren Kritik und den teilweise vorhandenen Unmut gegen Geisterspiele. Mainz gehöre aber nun mal zum System und werde kein Veto einlegen, nicht zum „Systemsprenger“ werden. Ein Blick auf die Kommentare im Chat zeigt, der Wunsch wäre aber durchaus vorhanden. So wurde unter anderem gefragt, ob wenigstens Bedenken gegen die Fortführung der Saison geäußert wurden, wie weit der Fußball sich noch von seinen Fans entfernen wolle und welche Reformen er ganz generell bräuchte. Tatsächlich hat es einen Beigeschmack, nahezulegen, Zustimmung zu Konzepten der DFL sei quasi alternativlos. Die Clubs können Themen schließlich setzen und damit zumindest den Finger in einige der Wunden des überdrehten Geschäfts legen.
Ein Thema, das in den vergangenen Tagen auch schon online an mehreren Stellen diskutiert wurde, war die Frage, ob die Profis tatsächlich auf Gehalt verzichten oder es um eine Stundung der Gehälter geht. Viele Fans bewegt das gerade bezüglich ihrer Entscheidung, ob sie Geld für Eintrittspreise zurückfordern oder Karten in "Heldentickets" umwandeln sollen. Auch im Chat wurde die Frage gleich mehrfach gestellt. Schröder sprach erneut von einer großen Solidarität im Verein. Diese immer wieder nach außen zu transportieren, ist sicher richtig, da die aktuelle Informationskette nun mal kein Fortsetzungsroman ist, sprich: Es schalten immer auch Leute zu, die nicht wissen, was in den vorangegangenen Folgen besprochen wurde.
Auf die Aussage, dass es sich um einen klaren Verzicht handle, folgte Schröders Aufklärung, man halte sich offen, etwas von dem Geld zurückzuzahlen, wenn es dem Verein nach der Krise wieder bessergehe. „Peinlich“ und „bodenlose Frechheit“ waren die ersten Fan-Reaktionen im Chat und dieser Punkt wurde im weiteren Tagesverlauf auch an anderen Stellen besonders intensiv diskutiert. Mainz 05 steht mit dieser Vorgehensweise nicht alleine da, allerdings muss sich die Bundesliga hier insgesamt den Vorwurf gefallen lassen, in Sachen Verzicht sehr wenig von den Profis zu fordern – während andererseits Kurzarbeitergeld zum Einsatz kommt, Leute Mini-Jobs verlieren und Fans aus Verbundenheit zum Verein auf Rückerstattungen verzichten, weil sie einen Beitrag leisten wollen. Einige ausländische Ligen tun da deutlich mehr.
Mögliche Rückzahlungen sorgen für Unmut
Konkret auf Mainz bezogen ist der Ansatz gerade vor dem Hintergrund, dass Aufsichtsratschef Höhne im weiteren Verlauf der Veranstaltung sagte, die Auswirkungen der Krise würden den Verein auf Jahre verfolgen, nicht wirklich nachvollziehbar. Einerseits zu betonen, man wolle keine Sonderrolle für den Fußball, dies an vielen Stellen auch glaubwürdig zu leben – dann aber doch ausgerechnet für Profis eine solche in Aussicht zu stellen, ist einfach nicht rund. (Es würde an dieser Stelle übrigens auch dann nicht runder, wenn mögliche Rückzahlungen noch weitere Bereiche betreffen sollten. Was spricht gegen einen grundsätzlichen Verzicht?)
Positiv wiederum, dass die Runde den teilweise geäußerten Bedenken entgegentrat, sollte der Ball wieder rollen, würden Anhänger*innen sich in verbotenen Gruppengrößen treffen und vorm Stadion versammeln. Hierzu hat die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte Anfang der Woche bereits eine lesenswerte Stellungnahme verfasst. Höhne lobte abschließend noch die Aktivitäten der Szene in der Krise. Pressesprecherin Silke Bannick, die in ihrer mittlerweile schon gewohnten Rolle als Moderatorin durch die Veranstaltung führte, unterstrich dieses Lob und schickte ein großes Dankeschön raus an die emsigen Fans. Deren Gefühle dürften nach der Informationsrunde trotz alledem von gemischter Natur sein.