Wortpiratin: Einfach mal genervt sein - #dasGehtAufDenKeks
Fußball in Mainz könnte so schön sein, wenn, ja, wenn da nicht die Ergebnisse (und die Fehler) der 05er wären. Die Wortpiratin ist mächtig genervt.
Von Mara Pfeiffer
Großer Einsatz von Ridle Baku - doch hat das Team von Mainz 05 den Ernst der Lage erkannt?
(Foto: dpa)
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MAINZ - Bei Twitter war Anfang der Woche der Hashtag #dasGehtAufDenKeks in den Trends und Leute tauschten sich darüber aus, was ihnen, nun ja: auf den Keks geht. Wenn ich ehrlich bin, die Ergebnisse der 05er. Die gehen mir so massiv auf den Keks, dass schon alles verkrümelt ist. Und nicht nur das, mich nervt auch das Zustandekommen. Anno 1993 konnte ich die Begeisterung für den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ nicht nachvollziehen – mein Verhältnis zu unnötigen Wiederholungen hat sich seither nicht signifikant verbessert. Aber gehen wir doch strukturiert vor und betrachten die Statements nach der Niederlage in Gladbach.
„Es wäre heute für uns möglich gewesen, zu punkten“, sagt Achim Beierlorzer und hat Recht. Als Beleg dafür dient nicht nur die frühe Führung durch Robin Quaison, das Team hatte einige gute Aktionen und, ganz wichtig, Gladbach war an diesem Tag definitiv schlagbar. Aber wer in entscheidenden Momenten derart tagträumerisch ans Werk geht, muss damit leben, ohne den Lohn der eigenen Arbeit die Heimreise anzutreten. Hätte, hätte, Standardkette.
Wie sollte der Coach auch nicht ratlos sein?
„Da ist man als Trainer auch ein bisschen ratlos, weil es zu einfach ist“, gab Beierlorzer in der Pressekonferenz nach dem Spiel unumwunden zu. Diese Offenheit ist schon fast zwangsläufig, denn wie sollte der Coach auch nicht ratlos sein? Immerhin wurden in den letzten Wochen die Standards besonders trainiert und es ist schwer nachvollziehbar, was da derart klemmt. Klar lässt sich das auf dem Sofa, am Rande des Trainings oder im Stadion leicht sagen, natürlich ist die Umsetzung immer eine andere Geschichte und ja, jede*r darf schlechte Tage haben. Aber die Art und Häufigkeit, in der sich das Team Standardgegentore fängt, ist schon grotesk.
Kapitän Moussa Niakhaté befand: „Es ist die Konzentration, die uns manchmal abhanden geht, wenn es notwendig ist.“ Ich will ja nicht in Sarkasmus verfallen, aber: Der Eindruck drängt sich tatsächlich auf. Nach der Partie in Gladbach habe ich lange überlegt, warum ich eigentlich so sauer bin, denn es gab diese Saison definitiv schon schlechtere Spiele. Klar, wie angesprochen, die Wiederholungen bis ins Detail nerven. Was mich vergangenen Samstag aber wirklich sauer gemacht hat, war, wie gelassen die Spieler nach der Niederlage waren. Niemand soll weinend und schreiend in die Kabine robben, aber wenn Sekunden nach Abpfiff mit den gegnerischen Spielern gescherzt wird, ist mir das in der Situation schon rätselhaft. Panik hilft nicht, aber den Ernst der Lage zu erkennen, wäre schön – und da habe ich bei einigen so meine Zweifel.
Das hat nichts mit Stammtischpolemik zu tun, sondern ist eine kontinuierliche Beobachtung: Während Spieler anderer Mannschaften aus dem Tabellenkeller teils niedergeschlagen, teils angriffslustig an die Mikros traten, scherzte Ridle Baku mit dem Sky-Reporter, bei 05 kenne man sich aus mit Abstiegskampf und es gelte nun, gegen die Bayern (!) den Bock umzustoßen. Baku ist ein toller Spieler, ein echter Meenzer Bub und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass ihm Mainz 05 am Herzen liegt. Aber seine heiteren Auftritte nach Spielen sind wirklich manchmal zum aus-der-Haut-fahren. Wie kann einem so ein Ergebnis nicht stinken?
Merklich genervt und wütend war Alexander Hack, der sagte: „Zwei Standardtore, die mit dem Fuß erzielt werden, das geht nicht. Ob das die fehlende Konzentration ist oder die fehlende Wachheit, ich bin ein bisschen sprachlos, dass uns das in so einer Situation passiert.“ Gar so sprachlos war er gar nicht, sondern fand eigentlich die treffendsten Worte. Es ist, wie schon sein Coach betonte, nicht zu erklären. Und langsam stellt sich die Frage, wenn von Nuancen die Rede ist, die fehlen, ob diese Prozentpunkte nicht am Einsatz einiger Spieler fehlen. Auch hier, keine Polemik, es geht nicht um Generalkritik oder darum, auf die Truppe draufzuhauen. Aber wie sehr hat jeder Einzelne verstanden, worum es für den Verein geht?
Ansagen von Rouven Schröder haben nicht gefruchtet
Anzumerken ist ihnen jedenfalls nicht, dass unter anderem die eindringlichen Ansagen von Rouven Schröder nach der Entlassung von Sandro Schwarz gefruchtet hätten. Das ist dann ein Problem, das gelöst werden muss – schnell. Apropos Rouven Schröder, der bemerkte sichtlich angefressen und sehr passend: „Zu sagen, wir haben es sonst ordentlich gemacht, bringt uns keine Punkte.“ Nagel – Kopf. Diese Punkte aber sind bitter notwendig. Es ist nicht damit zu rechnen, dass gegen die Bayern plötzlich Bonuszähler auf dem Konto landen. Für die Wochen danach muss ganz dringend in die Köpfe aller Spieler, was für Mainz 05 auf dem Spiel steht. Die Saison ist noch lang, aber die Lage ist tatsächlich ernst. Es wäre vollkommen ohne Not, diesmal am Ende abzusteigen. Das heißt aber nicht, dass es die Gefahr nicht gäbe, im Gegenteil, sie ist absolut real. Standards zu trainieren ist das eine. Dem Team als Gesamtheit das Gefühl für die Verantwortung, die sie tragen, zu vermitteln, das andere. Es wird höchste Zeit.
Mara Pfeiffer ist freiberufliche Journalistin und Autorin. Unter anderem von "111 Gründe, Mainz 05 zu lieben" (mit Christian Karn). Aktuell erschienen: "Im Schatten der Arena - der Mainz-05-Krimi".
Homepage: www.marapfeiffer.de
Mara Pfeiffer bei Twitter: Wortpiratin