Leandro Barreiro gerät bei seinem Debüt für Mainz 05 in den falschen Film
Ein 19-jähriger Luxemburger war der Lichtblick im sogenannten Fastnachtsspiel von Mainz 05 gegen Bayer Leverkusen. Der fleißige, quirlige Leandro Barreiro legte bei seinem Bundesliga-Debüt sogar die meisten Meter aller Akteure zurück.
Von Henning Kunz
Stellvertretende Leitung Sport
Der erste Luxemburger in der Mainzer Bundesliga-Historie: Leandro Barreiro (links).
(Foto: Jan Hübner/Scheiber)
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MAINZ - Als der Abpfiff ertönt, bremst Leandro Barreiro abrupt ab. Als sei ihm der Stecker gezogen worden. Abgekämpft bleibt der emsige Debütant mit den auffälligen Rastalocken auf der Stelle stehen. 12,29 Kilometer hat der Jüngste auf dem Rasen bis zu dieser Vollbremsung zurückgelegt, mehr als alle anderen Teilnehmer. Nun, auf diesem letzten Stück, weiß der 19-Jährige erst mal nicht, wohin mit sich selbst. Leandro Barreiro hält inne und schaut ins Leere, die Hände in den Hüften.
Das sollte also sein erstes Bundesliga-Spiel gewesen sein? Das Spiel, auf das der Mainzer so lange hingefiebert und hingearbeitet hat und „das er sich mit seinen guten Leistungen im Training verdient hat“. Meint 05-Sportvorstand Rouven Schröder und fügt hinzu: „Wir haben ihn nicht umsonst aufgestellt. Natürlich wünscht man dem Burschen ein schöneres erstes Spiel. Aber er hat sich richtig reingehauen.“ Und trotzdem muss er sich zwischenzeitlich wie im falschen Film vorgekommen sein. „Für einen jungen Spieler“, sagt 05-Coach Sandro Schwarz, „ist es natürlich auch schwierig, wenn deine Mannschaft zur Pause 1:4 zurückliegst.“ Er hätte sich an Leandros Stelle auch gefragt: Wo bin ich denn hier gelandet?
Anführer in der U19, fünf Länderspiele für Luxemburg
Wenn es in diesem abstrakt-spektakulären Fastnachtsspiel einen Lichtblick aus Mainzer Sicht gab, dann war es neben dem schicken Fastnachtstrikot der junge Mittelfeldspieler aus Erpeldingen an der Sauer, Luxemburg. Seit Juli 2016 in der Aus- und Weiterbildung am Bruchweg. Seit März 2018 A-Nationalspieler seines Heimatlandes (fünf Länderspiele). Nach wie vor ein großer Faktor und Anführer im Mainzer A-Jugend-Team, das in der Bundesliga auf dem zweiten Platz liegt. Bei den Profis übt er seit dem vergangenen Sommer mit. Auf das andalusische Wintertrainingslager indes verzichtete der multilinguale Schüler der IGS Bretzenheim wegen seiner Abi-Prüfungen. Im März schließt er die Reifeprüfung ab. Für Cheftrainer Sandro Schwarz war es immer nur eine Frage der Zeit, wann Leandro Barreiro seine Reifeprüfung in der Bundesliga ablegt. Dass Jean-Philippe Gbamin unter der Woche flach lag und im bevorzugten System zwei laufstarke Sechser gefragt waren, beschleunigte die „logische Entscheidung. Leandro ist ein spielintelligenter, laufstarker Spieler mit einer sehr guten Ballverarbeitung und Passqualität“. Leandro Barreiro neben Kunde Malong auf der Doppel-Sechs, eine zentrale Verpflichtung. Eine zu große Verantwortung für den 1,74 Meter großen, 65 Kilogramm leichten Youngster? Eine Herkulesaufgabe im – mit dem Blick auf den Marktwert – ungleichen Duell mit den Supertalenten Kai Havertz (65 Millionen Euro, Tendenz steigend) und Julian Brandt (40 Mio.)? Schwarz winkt ab, will gar nicht in diesen Kategorien denken. Selbstverständlich war das keine Laufkundschaft und das Spiel eine außergewöhnliche Erfahrung. Leandro habe es für sein erstes Mal sehr ordentlich gelöst. „Sehr fleißig, sehr aktiv, sehr giftig und mitverantwortlich dafür, dass wir zahlreiche Balleroberungen hatten.“ Im Ballklau griffig, aber auch ausbaufähig. Seine Zweikampfquote: ordentlich, an diesem Abend sogar die zweitbeste mit 75 Prozent gewonnenen Duellen.
TRAININGSZEITEN
05-Coach Sandro Schwarz hat für die kommende Woche drei öffentliche Trainingseinheiten angesetzt: Montag (15.30 Uhr), Dienstag (10 Uhr) und Donnerstag (15.30 Uhr).
Die Werte sprechen für ihn. Von den Verantwortlichen gibt es aufbauendes Lob, von den Leverkusenern Kevin Volland und Leon Bailey anerkennende, aufmunternde Klapse, als er etwas verloren dort unten zwischen all den Bundesliga-Spielern steht. „Er gehört jetzt auch dazu“, sagt Stefan Hofmann und bei dem Gedanken strahlen die Augen des 05-Präsidenten: „Für uns ist das eine tolle Geschichte...“ Im Bauch der Arena nimmt Hofmann den Debütanten in die Arme. Ein paar nette Worte vom Chef – vom Azubi selbst wird man an diesem Abend kein Wort hören. Nicht, weil er nicht über seine Premiere reden will. Sondern weil die sportliche Leitung findet, dass der junge Mann erst mal genug um die Ohren hatte an diesem verrückten Abend. Irgendwie verständlich.