Kolumne von Wortpiratin Mara Pfeiffer: Pommes rot-weiß nach Mainzer Art
Nach dem nicht unbedingt erwarteten Sieg gegen Leipzig befindet sich unsere Kolumnistin Mara Pfeiffer im siebten Himmel. Endlich hat es mit der Ketchup-Flasche von Ex-Trainer Kasper Hjulmand geklappt. Die Mainzer Art, da ist sie sich sicher, wird der Bundesliga erhalten bleiben.
Von Mara Pfeiffer
Nach dem Sieg gegen Leipzig feierten die Fans. Foto: Sascha Kopp
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MAINZ - Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich musste bei der Partie unsere 05er am vergangenen Sonntag mitten im erst ungläubigen, dann freudigen Staunen über die Leistung der Buben auf dem Platz plötzlich an Kasper Hjulmand denken. Der hat bei Mainz 05 einst die wunderschöne Aussage getroffen, es sei bei einem Stürmer so, wie bei einer Flasche Ketchup: Am Anfang ist es manchmal ein bisschen schwierig, aber wenn es kommt, dann kommt es.
Bei der Partie der Mainzer gegen die Bullen aus Leipzig wurde, um bei diesem Bild zu bleiben, der komplette Rasen rot eingefärbt. Das Ketchup spritzte nicht nur bei unseren Stürmern oder überhaupt der Offensive, es schoss aus allen Spielern, die wie losgelassen übers Feld rasten, die Bullen einkreisten und daran hinderten, ihre werbebekannten Flügel aufzuspannen. Wie passend also, dass auch die Fans schon vor dem Spiel beschlossen hatten, ketchuprot zu dieser wichtigen Partie zu kommen. Kasper Hjulmand hätte seine Freude gehabt an diesem Tag.
Seit wann hält sich Mainz 05 an die Regeln des Geschäfts?
Dessen Entlassung übrigens war damals einer dieser seltenen Momente, in denen ich extrem fremdelte mit meinem Verein. Klar, die Ergebnisse fehlten und die Begründung war demnach naheliegend, zumal es auch neben dem Platz Schwierigkeiten gab. „So ist das eben, im Sport“ – „Das sind die Regeln des Geschäfts“ – „Ein ganz normaler Vorgang im Profifußball“. Sicher kennen Sie diese Aussagen. Aber ganz ehrlich, seit wann hält sich Mainz 05 an die Regeln des Geschäfts? Sich denen nicht zu unterwerfen, das gehört doch zum Zauber unseres Vereins.
Ja. Fußballromantik. Oh ja. Fußball. Romantik. Ein wenig schien die zuletzt selbst hier in Mainz außer Mode gekommen zu sein. Klar, wenn die Punkte ausbleiben, erhalten die mehr Gehör, die schon immer wussten, dass der Mainzer Weg endlich sein muss. Weil irgendwann die oben beschriebenen Regeln greifen und die Vorgänge, die in anderen Vereinen längst normal sind, auch in Mainz Einzug halten. Wenig erstaunlich also die Rufe nach einem Trainerwechsel. Und wenn man schon dabei ist, wieso nicht auch ein neuer Sportvorstand?
Negative Phasen aushalten
Weil das nicht Mainz 05 ist. Weil wir kein Verein sind, der auf kurzzeitige Impulse setzt und nach den Regeln der Großen mitspielt. Weil wir unseren eigenen Weg gehen. Zu dem gehört es, Phasen wie die negativen in dieser Saison auszuhalten. Und am Ende belohnt zu werden. Die Erleichterung, das Glück, die emotionale Explosion am letzten Sonntag, dieses eine Spiel für die Ewigkeit ist das Geschenk, mit dem dieser Mut belohnt wird.
Denn ja, es hätte auch schiefgehen können. Dieses Risiko gehört dazu. Im Sport lässt sich nicht alles berechnen und vorhersehen, und irgendwann in den nächsten Jahren verlässt uns das Glück vielleicht mal wieder. So, wie es auch Vereinen wie Freiburg, Augsburg oder sogar den größeren wie Köln passieren kann. Aber nicht mehr in dieser Saison. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Das, was wir da gemeinsam erreicht haben, lassen wir uns nicht mehr nehmen.
"Wenn das Ketchup erst in Bewegung geraten ist, dann gibt es kein Halten mehr"
Diese Ketchupflaschen, die sind tricky. Man muss manchmal verdammt lange austesten, wie sie am besten in der Hand liegt. Welcher Winkel perfekt passt. Wo man ansetzen und mit wie viel Wucht und Zartheit schütteln muss. Das kann einen verrückt machen, eine vermeintlich so einfache Sache, aber irgendwas stimmt nicht. Manchmal ist es eben nicht zu erklären, was da genau klemmt – und währenddessen werden die Pommes kalt.
Aber wenn das Ketchup erst in Bewegung geraten ist, dann gibt es kein Halten mehr. Deshalb sei allen Zauderern, die den Sonntag kleinreden und sich lieber auf die Probleme dieser Saison konzentrieren wollen, gesagt: Lasst es laufen. Den Teller können wir auch in der Sommerpause spülen. Jetzt genießt erstmal eure Fritten. Mit dick Ketchup. Nach Originalrezept. So gibt es die nur in Mainz. Weil wir uns hier, einmal mehr, treu geblieben sind. Oh, wie ist das schön.