Das Ende der aktuellen Saison steht an, was in der Wortpiratin Mara Pfeiffer ein Gefühl wie an Silvester aufkommen lässt, wenn man auf das zurückblickt, was war – und auf das schaut, was nun wohl kommen wird.
Von Mara Pfeiffer
Nico Bungert (Mitte) ist nun Trainee bei Mainz 05.
(Archivfoto: Sascha Kopp)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ - Für Fußballfans ist quasi zweimal im Jahr Silvester: Zum einen, ganz regulär, am 31. Dezember, wenn das alte Jahr sich mit dem neuen abklatscht und zwischen die beiden nicht nur ein Blatt Papier passt, sondern ein ganzer Stapel, auf dem man sich Gedanken macht über das, was war – und das, was nun wohl kommen wird. Dankbar sein, loslassen können, nach vorne schauen, ohne sich gleich zu viel vorzunehmen, all das gehört für viele Menschen wie Feuerwerk und Sekt zu dieser besonderen Nacht, die in einem Jahr beginnt und in ein anderes mündet.
Das Ende der Fußballsaison stößt ganz ähnliche Gedankengänge an und weckt vergleichbare Gefühle. Welche besonderen Erlebnisse aus diesen Monaten werden in Erinnerung bleiben? Welche Schwierigkeiten wurden gemeistert? Was waren Höhe-, aber auch Tiefpunkte? Für die Verantwortlichen geht es nun ans große Aufräumen und Planen, das natürlich im Hintergrund schon längst begonnen hat, für die Fans um den emotionalen Abschluss der Saison.
Glücklicherweise findet der nicht in der Fremde, sondern dem eigenen Stadion statt, und dort geht es erstmal für neunzig Minuten um das Spiel gegen die TSG Hoffenheim, das die Chance auf einen auch sportlich erfreulichen Saisonabschluss bietet. Das wird Trainer Sandro Schwarz denn auch nicht müde zu wiederholen, obgleich ihm schon seit ein paar Wochen zunehmend Fragen zu der Zeit nach dem 34. Spieltag gestellt werden. Aber noch ist es nicht so weit, noch sind vielmehr Punkte zu verteilen – und die sollen am besten alle drei in Mainz bleiben.
Mit dem Abpfiff aber endet dann nicht nur diese Saison, sondern auch eine ganz besondere Ära: Klaus Hafner übergibt das Stadionmikro nicht mehr nur zeitweise, sondern vollständig an seinen Nachfolger Andreas Bockius, den er in den letzten Monaten bereits eingearbeitet hat. Gut möglich, dass zu diesem Zeitpunkt mehr Menschen im Stadion sein werden, die Mainz 05 nur mit Klaus Hafner kennen, als solche, die schon vor seiner Zeit zu Spielen an den Bruchweg gepilgert sind, immerhin stand Hafner seit 1989 am Rasen.
Dort erfreute und irritierte er die Gästefans – die Anteile variierten je Vereinszugehörigkeit – mit der Möglichkeit, ihre Aufstellung auch auswärts rufen zu können, er wurde von den einen geliebt und von den anderen kritisiert, nahm all das aufmerksam auf und ließ sich davon doch weder aus der Ruhe bringen noch verbiegen. Denn wer will schon von sich behaupten können, immer und von allen geliebt worden zu sein? Klingt nach reichlich Langeweile und für die war Klaus glücklicherweise nie zu haben. Wohl aber für das eine oder andere Tänzchen auf dem Rasen, so lange es der Körper noch mitmachte. Doch nun ist Schluss mit alledem.
Mit dem Ende seiner Zeit als Stadionsprecher, man darf da nach diesen bunten 30 Jahren ruhig von einer Karriere sprechen, geht er zum Glück weder dem Verein noch der Stadt verloren – und das ist gut so. Aber er hat, wie es so seine Art ist, auch in Sachen Abschied die Zügel selbst in der Hand behalten und nicht nur den Zeitpunkt selbst bestimmt, sondern das letzte halbe Jahr auch noch mit seinem Nachfolger gemeinsam verbracht. Dem sollte er nach Möglichkeit nach den bereits erfolgten guten Ratschlägen noch eine Hose überlassen…
Auch Abschied bei Bungert und Adler
Es ist aber nicht der einzige Abschnitt in der Geschichte des Vereins, der am Samstag zu Ende gehen wird, denn neben Klaus Hafner werden aus dem Kreis der Spieler auch René Adler und Niko Bungert verabschiedet. Adler freilich konnte hier deutlich weniger Spuren hinterlassen, als er sich das gewünscht hätte, wer aber die Interviews liest, die er dieser Tage gibt, dem wird noch mal bewusst, was für eine besondere Persönlichkeit sich da verabschiedet.
Mit Niko Bungert hängt der 05-Kapitän seine Schuhe an den Nagel, ohne jedoch von Bord zu gehen. Dass er dem Verein erhalten bleiben wird, ist eine sehr gute Nachricht, ein Team ohne ihn ist dennoch nach einem guten Jahrzehnt nur schwer vorstellbar. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Bungert in den letzten Serien – meist verletzungsbedingt – selten zum Einsatz kam. In Fußballkreisen wird gerne geunkt, dass aktuelle Erstklässler keinen anderen Meister kennen als die Bayern, viel Wichtiger ist aber doch, dass Fünftklässler in Mainz ihren Verein nur mit dem Spieler Niko Bungert kennen. Der Abschied dürfte emotional und bei dem einen oder der anderen auch tränenreich werden nach all der Zeit.
Fußballerische Lebensläufe wie die von Klaus Hafner und Niko Bungert, die sich über ein oder mehrere Jahrzehnte spannen, werden immer seltener in diesem Geschäft. Ihre Geschichten sind es, die sich mit der Historie des Vereins verweben und auch noch in vielen Jahren fester Bestandteil davon sein werden. Wie schön, dabei gewesen zu sein, als sie entstanden sind und so den nachfolgenden Generationen davon erzählen zu können. In diesem Sinne, von Herzen danke für alles und: einmal 05er, immer 05er.
Mara Pfeiffer ist freiberufliche Journalistin und Autorin. Unter anderem von "111 Gründe, Mainz 05 zu lieben" (mit Christian Karn). Aktuell erschienen: "Im Schatten der Arena - der Mainz-05-Krimi".
Homepage: www.marapfeiffer.de
Mara Pfeiffer bei Twitter: Wortpiratin