Kolumne der Wortpiratin: Der Glaube an ein Mainz 05-Wunder
Sie zittert, schreit und verliert nicht den Glauben. Wortpiratin Mara Braun bleibt Abstiegskampf optimistisch und hat recht plausible Antworten auf die Frage, warum Mainz 05 in der 1. Bundesliga bleiben wird.
Von Mara Braun
Fans von Mainz 05 im Stadion. Foto: Sascha Kopp
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MAINZ - Ich will, dass es vorbei ist. So einfach ist das. Ich habe wirklich nicht die Nerven für sowas, der Abstiegskampf ist zehrend und hundsgemein und komplett unmenschlich. Ich wünschte, am Wochenende stünde nicht das erste von drei verbleibenden Spielen an, sondern bereits der 34. Spieltag. An dem unsere Buben in einem heroischen Fight die Klasse halten, die Hamburger bitte irgendwie auch drinbleiben (ja, ja) und mir komplett wumpe sein darf, wer am Ende a. runter muss in die 2. Liga oder b. gegen wen auch immer in der Relegation antritt. (Und nein, liebe automatische Rechtschreibprüfung, ich will „wumpe“ nicht durch „Pumpe“ ersetzen. Ich weiß nämlich, was ich tue. Zumindest ungefähr. Im Gegensatz zu... lassen wir das.)
Allein dieses permanente Hin und Her in der Tabelle macht mich vollkommen fertig. Natürlich habe ich mir, wie jeder geistig gesunde Mensch, bereits vor Wochen vorgenommen, mir das Ding bis zum 34. Spieltag nicht mehr anzuschauen. Nutzt ja nichts, und diese Rechnerei ständig macht einen doch nur kirre. Ebenso natürlich nehme ich sie mir aber doch immer wieder vor, weil dieser verflixte Abstiegskampf eben nicht gut ist für die geistige Gesundheit. Und weil die Rechenspiele, wenn sie schon sonst nichts bringen, zumindest zur Ablenkung taugen.
Sich die Seele aus dem Leib zu brüllen hilft
Noch drei Spieltage. Dreimal noch 90 Minuten den elf Jungs auf dem Platz vollkommen hilflos dabei zusehen, was sie da veranstalten. Klar, Hundert Prozent Einsatz für unser Team – und sich die Seele aus dem Leib zu brüllen hilft schon ein bisschen, ob im Stadion oder vorm Fernseher. Darüber hinaus sind die Möglichkeiten aber doch relativ überschaubar, selbst einzugreifen in diesen Abstiegskampf. So gut der Wille dabei auch sein mag, dürfte es der Mannschaft nicht wirklich helfen, dass ich meinen Angstschweiß seit Tagen mal ins #Mainzbleibt1-Shirt des Vereins und mal ins 100%-Einsatz-Shirt der Szene vergieße. Obwohl ich damit diese Woche sogar schon am Bruchweg gewesen bin – und das leuchtende Rot um die anfeuernde Schrift herum tapfer angestrahlt hat gegen den beständigen Nieselregen, der auf den Rasen fiel.
Die rotgewandeten Fans im Mainzer Stadtbild sind jedenfalls nicht das einzige Zeichen des Zusammenhalts, seit Tagen erklären zudem etliche Prominente vor der Vereinskamera, wieso die 05er sicher in der 1. Liga bleiben. Und jedes dieser Videos möchte ich unbedingt glauben. So, wie ich stur davon ausgehe, es kann doch kein Zufall sein, dass ich ausgerechnet in diesen harten Zeiten beim Blick über den Tellerrand am Nachbartisch im Restaurant unseren Trainer erblicke. Ganz andächtig sind wir alle da nach dem Zahlen hinaus geschlichen, um ihn nur bloß nicht zu stören, sei es bei der Kaderplanung oder der ausgleichenden Kontemplation.
Die Fußballromantikerin verliert nicht den Glauben
An wem wird es nun hängen, Martin Schmidt oder seinem Team? Den wohlmeinenden Promis oder den Shirt-tragenden Fans? Unserem Sportdirektor Rouven Schröder, dem Präsidenten Harald Strutz, den Sofabeobachtern oder Stadiongängern, den anderen Vereinen oder doch nur uns selbst? Ich höre schon das hämische Geräusch, mit dem die Mails in meinem Postfach landen, die mich eine Fußballromantikerin schimpfen, und doch: Ich glaube fest – an uns allen. So romantisch bin ich gern, schließlich heißt der Mai ja Wonnemonat. Gemeinsam können wir es schaffen, nach all der Zeit mal wieder zu zeigen, wir sind nicht wie die anderen. Wir bleiben in der 1. Liga. Weil wir Mainz 05 sind. Und weil hier immer mal wieder ein Wunder gelingt.
Mara Braun ist freiberufliche Journalistin und Autorin. Unter anderem von "111 Gründe, Mainz 05 zu lieben" (mit Christian Karn).
Homepage: www.marabraun.de
Mara Braun bei Twitter: Wortpiratin