Beierlorzers perfekte Premiere: Mainz 05 siegt bei Hoffenheim 5:1
Traum-Einstand für den neuen Trainer des Fußball-Bundesligisten Mainz 05. Achim Beierlorzer bejubelt in Sinsheim einen 5:1-Erfolg seiner 05er - in 45-minütiger Unterzahl.
Von Henning Kunz
Stellvertretende Leitung Sport
Voller Einsatz: Pierre Kunde Malong (links) will vor Hoffenheims Steven Zuber am Ball sein.
(Foto: dpa)
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SINSHEIM - Die Geschichte kann man fast nicht erfinden: Eine knappe Woche nach seiner Vorstellung als neuer Cheftrainer am Bruchweg feiert Achim Beierlorzer mit Mainz 05 einen 5:1 (1:0)-Auswärtssieg bei 1899 Hoffenheim. Die perfekte Premiere, eine unglaubliche, zudem gegen die Mannschaft der Stunde, die zuvor fünf Bundesliga-Dreier in Serie gelandet hatte und zudem vor zwei Wochen für Beierlorzers Aus beim 1. FC Köln gesorgt hatte. So verrückt ist manchmal das Leben. Und als Jean-Paul Boetius in der Schlussminute den vierten Treffer für die 45 Minuten in Unterzahl spielenden Mainzer (Baku hatte für ein grobes Foul Rot gesehen, 45.+2) erzielte, sprinteten sie alle zum Torschützen - auch Beierlorzer, der sein Glück kaum fassen konnte. Als Kunde Malong kurz darauf sogar mit seinem zweiten Treffer das 5:1 folgen ließ, schlug Beierlorzer die Hände vorm Gesicht zusammen - er konnte es nicht fassen.
Achim Beierlorzer hatte mit seinen 05ern in dieser Woche den Resetknopf gedrückt. Und auch wenn er zum Neustart „nicht alles über den Haufen werfen wollte“, so hatte sich der Coach ein paar neue Kniffe überlegt. Zum Beispiel: die taktische Anordnung. Beierlorzer entschied sich für ein Abwehr-Trio - zur Überraschung aller bildete der in dieser Saison bislang sehr unglücklich agierende Schweizer Edimilson Fernandes zwischen den etablierten Defensivrecken Jeremiah St. Juste und Moussa Niakhaté die letzte Linie. Davor: Startelf-Rückkehr Kunde Malong und Ridle Baku. Aaron Martin (links) und Levin Öztunali (rechts) rasten die Außenlinie hoch und runter. Jean-Paul Boetius schloss im Zentrum die Lücke zu den Offensivpendlern Robin Quaison und Karim Onisiwo. Die Idee dahinter: Die 05er kopierten das Hoffenheimer 3-5-2, gingen die Sache zudem aktiv aggressiv an. Allerdings hätte der Schuss auch schnell nach hinten gehen können. Denn die von unzähligen Fehlern und Abstimmungsproblemen in den Mainzer Reihen geprägte Anfangsviertelstunde ließ Schlimmstes vermuten. 05-Keeper Robin Zentner rettete gegen Jürgen Locadia in höchster Not (2.), Kunde Malong kratzte einen 16-Meter-Schuss von Sebastian Rudy (15.) von der Linie. Gerade noch mal gut gegangen. Und bis zur 43. Minute, als Locadias Kopfball nach einer Ecke knapp am Tor vorbeiging, ließen die 05er nichts mehr anbrennen. Sie übernahmen mehr und mehr die Initiative, fühlten sich sicherer in ihren Aktionen.
Rote Karte für Baku
Das gefiel Beierlorzer, der sich vor dem Match noch mal jedem Spieler gewidmet hatte und jedem ein paar Worte mit auf den Weg gab. Hier ein Schulterklopfer, da eine Umarmung, dort ein Abklatscher. Auch Levin Öztunali hatte der Franke noch mal ein paar Tipps zugeflüstert - von den Lippen war abzulesen: „Nimm deinen rechten Fuß“. Und Öztunali „nahm“ seinen rechten Fuß. Freigespielt von Karim Onisiwo ließ er den Hoffenheimer Robert Skov links stehen und zog flach aus zehn Metern ab. Die Mainzer führten plötzlich nach 33 Minuten - vielleicht sogar etwas glücklich. Glücklich war vor allem Beierlorzer, der seinem „Co“ Niko Bungert in die Arme sprang, anschließend die komplette Bank abklatschte. Lief doch eigentlich ganz ordentlich. Bis zur Nachspielzeit des ersten Durchgangs. Ridle Baku traf mit seiner Grätsche im Mittelkreis statt den Ball Nationalspieler Sebastian Rudy - und zwar von hinten. Schiedsrichter Bastian Dankert schaute sich noch mal das Video des Fouls an und schickte das Mainzer Eigengewächs mit der Roten Karte vom Feld. Eine harte, aber durchaus nachvollziehbare Entscheidung (45.+2).
Gelbe Karten: Akpoguma (2) / Onisiwo (2), Kunde Malong (4), St. Juste (4)
Rote Karten: - / R. Baku (45.+2/grobes Foulspiel)
In der PreZero Arena warteten die 23.129 Zuschauer (natürlich nicht die 1200 mitgereisten Mainzer) auf eine Reaktion der Mannschaft der Stunde, zudem in Überzahl. Und ein Hoffenheimer traf tatsächlich - allerdings ins falsche Tor. St. Juste hatte sich auf der rechten Seite durchgetankt, geflankt, Robin Quaison verpasste die Hereingabe, die wiederum dem verdutzten Pavel Kaderabek an den Kopf ging und von dort über die Linie - das 0:2 (52.). Ausgelassen bejubelt von Niko Bungert, der plötzlich wieder auf dem Platz stand. Apropos Eigentor: Sieben Minute später zwang Kunde Malong seinen Schlussmann Robin Zentner zu einem Superreflex. Mit den Fingerspitzen parierte der wieder einmal überragende Keeper. Und ballte kurz darauf die Faust zum Jubel. Ein Klassekonter: Jean-Paul Boetius schickte Kunde Malong auf die Reise, der Kameruner schloss seinen 50-Meter-Sprint im Stile eines Torjäger ab - 0:3 (62.). Was war denn hier los? Beierlorzer, vor zwei Wochen von den Hoffenheimern vom Kölner Trainerstuhl geschossen, freute sich über die kleine, persönliche Revanche - und dass ihn die Statistik nicht im Stich ließ. Auch wenn Andrej Kramaric noch verkürzte (1:3, 83.), sorgten Boetius (90.) und Kunde Malong (90.+2) für ein unglaubliches Ende. Im Spaß hatte der studierte Mathematiklehrer im Vorfeld die Wahrscheinlichkeitsrechnung bemüht: „Je länger so eine Serie andauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie endet.“ Die 05er haben sie beendet. Und sie haben ihrem neuen Coach eine perfekte Premiere beschert.