Auf Spuren von Bell und Co.: Was die NLZ-Umstrukturierung bei Mainz 05 bringen soll
Seit Kurzem läuft die U 23 unter dem Dach des Nachwuchsleistungszentrums. Der Verein verspricht sich dadurch eine engere Verzahnung zwischen Jugend und Profis. Und erhofft sich auf Sicht noch mehr Ertrag.
Von Torben Schröder
Der 05-Ausbildungsabteilung entsprungen (v.l.): Vize-Kapitän Stefan Bell, Ridle Baku, Suat Serdar, Flo Müller und Weltmeister André Schürrle.
(Fotos: Hofmann (2), dpa (3))
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ - Mainz. Stefan Bell und Alexander Hack hätten ohne die zweite Mannschaft kaum den Sprung in die Bundesliga-Stammformation von Mainz 05 geschafft. Ridle Baku und Ahmet Gürleyen sammelten in der „Zweiten“ ihre ersten Erfahrungen jenseits des Jugendfußballs. Das Keeper-Trio Florian Müller, Robin Zentner und Jannik Huth profitierte von der U 23, wo in Finn Dahmen aktuell das nächste selbst entwickelte Torwart-Talent heran reift. Leandro Barreiro und Jonathan Burkardt waren schneller, sie debütierten in der Bundesliga, ohne je im Unterbau gespielt zu haben. Doch dass sie in Zukunft in der Regionalliga Spielpraxis sammeln, wenn es für die „Erste“ nicht reicht, erscheint allemal naheliegend. Und das sind nur die aktuellen Beispiele.
Die zweite Mannschaft ist ein fester Bestandteil der Nachwuchsgewinnung beim FSV Mainz 05. Und das bildet sich jetzt auch im Organigramm ab. Die U 23, bislang eine eigenständige Einheit zwischen Profis und der Jugendabteilung, wurde ins Nachwuchsleistungszentrum integriert. Dessen Chef Volker Kersting verantwortet damit auch als Sportlicher Leiter die U 23.
Die Maßnahme ist eine logische Konsequenz aus den Weichenstellungen der letzten Zeit. Sie zielt auf die neue Saison ab, Kersting sollte rechtzeitig für die Kaderplanung in die Verantwortung rücken. Die Schnittstellen verringern, ist ein Ziel, die Profilierung der U 23 als „höchste Ausbildungsmannschaft“ ein weiteres. „Bei der Kaderplanung der U 16 plant man die U 23 ja eigentlich schon mit“, sagt Kersting. „Überhaupt keine Bestrebungen“ gebe es, die U 23 vom Etat her kürzer zu halten als bisher. Auch im Falle eines Abstiegs in die Oberliga könne Kersting „zu 100 Prozent ausschließen“, dass die „Zweite“ abgemeldet wird. Sie soll vielmehr gestärkt werden, so wie der Nachwuchs insgesamt. „Wir haben massiv Personal aufgebaut im NLZ.“ Der Bereich Athletik und Leistungsdiagnostik beispielsweise wurde gestärkt, damit es weniger Verletzte gibt.
Der 05-Ausbildungsabteilung entsprungen (v.l.): Vize-Kapitän Stefan Bell, Ridle Baku, Suat Serdar, Flo Müller und Weltmeister André Schürrle. Fotos: Hofmann (2), dpa (3)
Wer den Sprung in den Profibereich schaffte, ist auf der Trikotwand am Bruchweg verewigt. Foto: Rudolf
2
Cheftrainer Sandro Schwarz, der selbst früher die U23 coachte, unterstützt den Kurs des Klubs logischerweise. Die U 23 sei wichtig als „Unterbau, weil die Spieler über den zweiten Bildungsweg die Chance haben, nach ein, zwei Jahren im Männer-Bereich den Schritt in die Bundesliga zu gehen“. Auch in der Zugehörigkeit zum NLZ sieht Schwarz Vorteile: „Es ist ja eine U-Mannschaft, und ich finde, dass das unter einen Hut gehört von der Ausbildung her, vom Periodisierungsplan, vom Individualisieren her.“
Den Talenten soll auf möglichst hohem sportlichen Niveau der Sprung in den Männerfußball ermöglicht werden. Die Dritte Liga, vom permanenten Existenzkampf geprägt, ist aber kein Ziel. Spieler zu holen, die kurzfristig helfen oder Potenzial für die Regionalliga bieten, aber keine Bundesliga-Perspektive haben – das soll es nicht mehr geben.
Die Ausnahme von dieser Regel sind „zwei bis drei“ Routiniers. Zu Karl-Heinz Lappe und Sebastian Tyrala gesellt sich seit der Winterpause Dominik Peitz. „Dieses Profil haben wir gebraucht“, sagt Kersting über den führungs- und kopfballstarken Sechser. Der NLZ-Leiter ist zuversichtlich, dass darüber hinaus die Lernfortschritte der Talente genügen, um die Liga zu halten. Denn permanenter Abstiegskampf, das hat sich in der Dritten Liga gezeigt, verschiebt auch in der Trainingswoche die Prioritäten weg von der individuellen Förderung.
Dass Bartosch Gaul weiter der richtige Trainer ist, steht für Kersting „vollkommen außer Frage“. Wegen seiner guten inhaltlichen Arbeit sei vorige Saison auch Sandro Schwarz Chefcoach geblieben – wie sich zeigen sollte, mit Erfolg. Dass, wie diese Saison, zehn Mann aus der eigenen U 19 hochgezogen werden, könne künftig nicht garantiert werden. Doch die Priorität liegt auf den Eigengewächsen. Kersting erinnert daran, wie wenige Neuverpflichtungen es Saison für Saison schon bei A- und B-Junioren gibt. Die 05er setzen auf Kontinuität in der Ausbildung. Dass die U 23 sich in Richtung einer U 21 entwickelt, ist dabei für Kersting die logische Konsequenz der verbesserten Arbeit im NLZ.
Um für die Top-Talente im Wettbewerb mit zahlungskräftigeren Vereinen attraktiv zu sein, wuchern die 05er mit dem Pfund, „dass man als Talent die Möglichkeit hat, bei uns den nächsten Schritt zu machen“. Bestes Beispiel ist André Schürrle, der es aus dem 05-NLZ heraus gar zum Weltmeister brachte. Schürrle ging den direkten Weg von der A-Jugend zu den Profis. Auch aktuelle Beispiele gibt es genug, siehe oben. Lucas Höler, Philipp Klement, Christian Mathenia oder Loris Karius – sie alle waren hingegen einmal fester Bestandteil der Mainzer U 23.