Auch in Leipzig kann Terrence Boyd lachen

aus SV Darmstadt 98

Thema folgen
Terrence Boyd (rechts) beim Spiel gegen den VfB Ginsheim: Auch bei seinem früheren Verein RB Leipzig hat er großes Vertrauen genossen. Foto: Vollformat/Volker Dziemballa

Terrence Boyd kehrt am Samstag in seine alte Wirkungsstätte zurück. Obwohl er während seiner zweijährigen Spielzeit für den RB Leipzig zum Großteil verletzt war, hat der...

Anzeige

LEIPZIG/DARMSTADT. Kaum ein anderes Thema spaltet die Fußballfans so sehr wie die Daseinsberechtigung von Rasen-Ballsport Leipzig. Die dominierende Frage: Steht bei dem auf Initiative der Red Bull GmbH gegründeten Verein tatsächlich der Fußball im Vordergrund, oder ist er nur Teil einer groß angelegten Marketingkampagne? Die Roten Bullen hatten vor acht Jahren das Startrecht des SSV Markranstädt in der fünftklassigen Oberliga Nordost übernommen, heute stehen sie auf einem Champions League-Platz. Von 'Brause-Club' bis 'Dosen-Promoter' reichen die Verunglimpfungen.

Terrence Boyd kennt beide Seiten: Der 26 Jahre alte Deutsch-Amerikaner stand bis zum Winter in Leipzig unter Vertrag. Zuvor erlebte er bei Rapid Wien das österreichische Leipzig-Pendant RB Salzburg - und stand diesem durchaus kritisch gegenüber. "Ich habe in der Tat beide Seiten erlebt, da ich mit Rapid gegen RB Salzburg gespielt habe und damals in Interviews auch öffentlich Skepsis gegenüber RB äußerte. Umso mehr hat es mich später verwundert, als mich Ralf Rangnick von RB Leipzig kontaktierte."

Boyd wechselte zur Saison 2014/15 mit der Empfehlung von 37 Toren in 80 Spielen für Rapid nach Sachsen. Dort wurde er nach eigener Einschätzung indes zum "Fehleinkauf". Nach einem Kreuzbandriss zu Beginn der Saison bildeten sich immer wieder Baker-Zysten in der Wade, die operativ entfernt werden mussten. Fast zwei Jahre war er durch vier Operationen außer Gefecht gesetzt und stand nur 15 Mal für das Profiteam auf dem Platz.

Anzeige

Er habe sich oft gefragt, wie er seine Familie ernähren solle, hatte Existenzängste. "Ich hatte alles auf die Karte Fußball gesetzt. Zum Glück hat sich RB-Sportdirektor Ralf Rangnick sehr um mich gekümmert und mir alternativ einen Job im Verein angeboten. Rangnick ist sicher ein Perfektionist, aber ein sehr guter Mensch. Er stand immer hinter mir, obwohl ich streng genommen ein Fehleinkauf war und Leipzig nicht von mir profitieren konnte. Da lasse ich nichts auf ihn kommen."

Laut Boyd sei der Verein intern anders, als man ihn von außen wahrnimmt: "Die kontroversen Diskussionen um RB kann ich nachvollziehen. Wenn du jedoch im Team bist, geht es dort sehr harmonisch zu. Man nimmt sich selbst auch nicht so ernst und kann durchaus über sich lachen. Auch wenn das nach außen etwas anders erscheint."

Es sei generell bedauernswert, wie sich das Fußballgeschäft entwickelt habe, dass man so viel Geld brauche, um erfolgreiche Mannschaften zu formen. "Schaut man nach England in die Premier League, dann gibt es da kein Team, in das keine Riesensummen investiert werden. Es ist schade, dass der Fußball so geworden ist, denn dadurch haben es kleinere Vereine deutlich schwerer." Doch natürlich hat nicht nur das Kleingeld im Geldbeutel von Red-Bull-Gesellschafter Dietrich Mateschitz diese Entwicklung ermöglicht.

Auch andere Bundesligavereine werden von Investoren mit Millionensummen ausgestattet, ohne dass diese Teams auf vorderen Plätzen zu finden wären. Vielmehr ist es der Fachkenntnis des heutigen Sportdirektors Rangnick zuzuschreiben, den Verein mit geschickter Transferpolitik in die Erfolgsspur geführt und mit Ralph Hasenhüttl den passenden Trainer verpflichtet zu haben.

Für die Region und den ganzen Osten sei RB in jedem Fall ein Gewinn, befindet Boyd. "Man gibt der Region damit viel. Früher besuchten bis zu 100 000 Zuschauer die Spiele im Leipziger Zentralstadion, da ist viel Potenzial vorhanden. Die meisten erfolgreichen Bundesligaklubs kommen zudem aus dem Westen und dem Süden." Auch der Norden habe in den letzten Jahren zunehmend Probleme.

Anzeige

Zu verschenken gibt es jedoch für ihn und seine Lilien am kommenden Samstag (Anpfiff 15.30 Uhr) in der Red Bull Arena nichts. "Natürlich sind es schöne Erinnerungen an Leipzig, aber die interessieren mich spätestens mit Anpfiff am Samstag nicht mehr. Ich bin Spieler von Darmstadt und hoffe, dass das Stadion weiterhin positiv in meiner Erinnerung bleibt - weil wir am Samstag mit Punkten wieder nach Hause fahren werden."

Dabei kann es den Lilien zugute kommen, dass RB zuletzt etwas schwächelte. Das sieht Boyd indes anders. "Ihre aktuelle Phase ist eher ein "Luxusproblem", sagt er und lacht. "Es ist ganz normal, dass mal ein kleines Tief kommt. Vielleicht können wir Profit aus der Situation schlagen. Dennoch wird Leipzig wohl das Spiel bestimmen und mit Pressing für Furore sorgen. Wir müssen gewappnet sein und die wenigen Lücken nutzen, die sich ergeben werden."

Der Offensivmann ist in Darmstadt angekommen

Ob er selbst mitwirken kann bei diesem Unternehmen, steht nicht fest: Zuletzt fand sich Boyd auf der Bank wieder. Kein Problem für ihn, wie er sagt. "Wie immer wird der Trainer entscheiden, wer schlussendlich beginnen wird. Aber ich fühle mich sehr gut, habe auch in der vergangenen Woche gut trainiert und fühle mich endgültig angekommen hier", sagt der 26-Jährige. "Ich gebe Gas, dann werden wir sehen, wer spielt. Ich will bereit sein für meine Chance, egal ob von Anfang an oder wenn ich eingewechselt werde."