Pro und Contra: Ist Nagelsmann der richtige Bundestrainer?

Neuer Bundestrainer: Julian Nagelsmann.
© Marius Becker/dpa

Nach seinem Drama-Abgang beim FC Bayern übernimmt Julian Nagelsmann nun den nächsten großen Trainer-Posten. Ob der sportliche Erfolg wieder mit ihm beim DFB zurückkehrt?

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Frankfurt. Es hatte sich angebahnt, nun soll es fix sein. Julian Nagelsmann wird wohl neuer Bundestrainer und tritt die Nachfolge von Hansi Flick an. Der 36-Jährige, der im März beim FC Bayern entlassen wurde, soll den DFB wieder zu mehr sportlichen Erfolgen führen und damit eine Euphorie für die Heim-EM im kommenden Jahr entfachen. Doch ist Nagelsmann wirklich der richtige Mann dafür? Ein Pro und Contra.

Pro: Deshalb ist Julian Nagelsmann die richtige Wahl

Reporter Eric Hartmann.
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Klar, Julian Nagelsmann gilt inzwischen nicht mehr als das Trainer-Wunderkind wie vor seinem Wechsel zum FC Bayern im Jahr 2021. Und dennoch ist der 36-Jährige weiterhin Deutschlands größte Trainerhoffnung. Und gerade jetzt mehr denn je. Nagelsmann gilt als moderner Übungsleiter, ist innovativ, selbstbewusst und kann eine Mannschaft weiterentwickeln. Nicht umsonst stand er bereits mit 28 Jahren zum ersten Mal in der Fußball-Bundesliga als Coach der TSG Hoffenheim an der Seitenlinie. Damals rettete Nagelsmann die Kraichgauer vor dem Gang in Liga zwei, danach begann sein kometenhafter Aufstieg über RB Leipzig zum Branchenprimus FC Bayern. Das ging dann aber doch zu schnell für den immer noch jungen Julian Nagelsmann, sein Drama-Abgang bei den Bayern war in gewisser Weise auch ein Eingeständnis, dass die sportliche Messlatte zu hoch lag.

Reifer als Mensch und Trainer ist er in München aber trotzdem geworden. Und trifft jetzt als Bundestrainer auf zahlreiche, ehemalige Weggefährten. Mit denen in der Vergangenheit gewiss nicht alles glattgelaufen ist. Doch Nagelsmann ist es zuzutrauen, dass er aus seinen Fehlern gelernt hat. Beim DFB trifft er auf eine Mannschaft, die nach dem 2:1-Sieg gegen Frankreich mal durchatmen konnte. Es braucht aber weiterhin dringend frischen Wind und neue Ideen in der Nationalelf. Auf Nagelsmann kommt eine Menge Arbeit zu, Erfolge gleich zu Beginn würden vieles erleichtern. Nagelsmann muss vom Start weg funktionieren. Zuzutrauen ist ihm das allemal.

Contra: Julian Nagelsmann ist nicht der richtige Mann

Reporter Pascal Affelder.
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© Sascha Kopp

Julian Nagelsmann mit der Aufgabe zu betreuen, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft kurzfristig wieder in die Spur zu bringen, ist so, als würde man mit einem Schraubenzieher einen Autoreifen wechseln wollen. Ebenso wie der Schraubenzieher ein nützliches Werkzeug ist, ist der 36-Jährige ein ausgezeichneter Trainer. Kaum jemand würde ihm seine fachliche Kompetenz absprechen. Allerdings entspricht er nicht dem Anforderungsprofil. Wenige Monate vor der ungemein wichtigen Heim-Europameisterschaft ist von Euphorie in Fußball-Deutschland keine Spur zu sehen. Abhilfe schaffen könnte ein Trainer, der Zuversicht vermittelt, die deutschen Fußball-Fans wieder ins Boot holt und ausstrahlt: Das wird schon. Der nach seinem Scheitern als Trainer des FC Bayern München nicht nur im Ansehen einiger Bayern-Spieler, sondern auch in der Öffentlichkeit geschwächte Nagelsmann erfüllt diese Rolle nicht.

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Rein sportlich ist der neue Bundestrainer zudem als Feuerwehrmann gefragt, der den nach Jahren des Misserfolgs verunsicherten Spielern kurzfristig wieder Selbstvertrauen einhaucht. Einer erfahrenen Trainerpersönlichkeit wäre dies eher zuzutrauen als dem 36-jährigen Nagelsmann, dessen Stärken eher im taktischen Bereich und der täglichen Arbeit mit einer Mannschaft liegen. Der ein Team langfristig formen und Stück für Stück verbessern kann. Dafür bleibt ihm als Bundestrainer nicht genügend Zeit. In den wenigen Länderspielpausen bis zur EM kann er mit der deutschen Mannschaft den Fußball nicht neu erfinden, sind seine Qualitäten kaum gefragt. Schraubenzieher, Autoreifen…