Der Jahreswechsel ist die Zeit für Optimismus. Auch was den 1. FC Kaiserslautern betrifft. Warum dies endlich mal wieder angebracht ist, erläutert Eric Scherer in seiner Kolumne.
KAISERSLAUTERN. Die Verantwortlichen des 1. FC Kaiserslautern mögen angesichts der jüngsten der Erfolgsserie auf die Euphoriebremse treten – aber wann bitteschön soll ein Fan denn sonst zuversichtlich in die Zukunft blicken, wenn nicht zu Beginn eines Jahres? Zumal es seit einigen Wochen ja wieder richtig gut läuft beim FCK. Und es sind nicht nur die sportlichen Ergebnisse, die dafür sorgen, dass der Anhang zum Start ins Jahr 2020 so gut gestimmt ist wie schon lange nicht mehr. Da ist einiges zu nennen. Erinnern wir uns erst einmal.
Jahreswechsel 2015/16: Der FCK überwintert in der Zweiten Liga auf Rang acht. Die Fans hoffen noch immer auf die Rückkehr in die Bundesliga. Aber: Relegationsrang drei ist bereits sieben Punkte entfernt, der erste direkte Aufstiegsplatz zwölf. Optimismus ist da nicht unbedingt angesagt, gerade noch so erlaubt.
Jahreswechsel 2016/17: Der FCK überwintert in der Zweiten Liga auf Rang 13. Relegationsrang drei ist 12 Punkte entfernt, Relegationsrang 16 fünf. Ist es da noch Optimismus, noch an den Aufstieg zu glauben, oder schon Halluzination? Manche halten sich für Optimisten, weil sie an den Klassenverbleib glauben.
Jahreswechsel 2017/18: Der FCK überwintert als Tabellenletzter der Zweiten Liga auf Rang 18. Zum rettenden Rang 15 sind es bereits zehn Punkte. Gibt es überhaupt noch Optimisten im Fanlager? Doch, schon, doch verweigern die, die ihn äußern, in der Regel den Alkoholtest, um den sie anschließend gebeten werden.
Jahreswechsel 2018/19: Zweitliga-Absteiger Kaiserslautern überwintert in seiner ersten Saison in der Dritten Liga auf Rang elf. Zum Relegationsrang 3 sind es zwölf Punkte, zum ersten direkten Aufstiegsrang 14. Als Optimist kann man da nur noch den alten Werbespruch eines japanischen Automobilherstellers bemühen: Nichts ist unmöglich. Nun also der Jahreswechsel 2019/20: Der FCK überwintert auf Rang 9. Acht Punkte Abstand auf einen direkten Aufstiegsplatz, okay, aber nur vier auf Relegationsrang 3. Endlich ist wieder mal eine Grundlage erkennbar, auf der Optimismus gründen sollte.
Deswegen, liebe Skeptiker, Euphoriebremser, Warner vor überzogenen Erwartungshaltungen und Von-Spiel-Zu-Spiel-Denker: Lasst uns mal froh und munter sein, auch wenn der Niklasabend lange vorbei ist.
Es ist ja nicht nur so, dass der FCK zuletzt von 18 möglichen Punkten 16 eingefahren hat. Frohgemut hat uns vor allem die Art und Weise gestimmt, wie die Ergebnisse herausgespielt wurden. Da war nicht ein Duselsieg dabei. Da stand ein funktionierendes Ganzes auf dem Platz, das sich so konzentriert und kompakt über den Platz verschob wie schon seit Jahren nicht mehr – okay, nicht immer über 90 Minuten, wie etwa beim 3:1 in München oder zuletzt beim 1:1 in Haching. Da stand eine Elf auf dem Platz, die einen Plan hatte und Ideen, die Treffer herausspielen, aber auch mit fulminanten Einzelaktionen abschließen konnte – wie etwa Simon Skarlatidis bei seinem Tor zum 4:2 in Köln.
Möglich gemacht hat das ein Trainer, der die Mannschaft auf fachlicher wie menschlicher Ebene mit mehr Geschick und Einfallsreichtum zu führen scheint als seine sämtlichen Vorgänger seit Kosta Runjaic. Sicher, auch er brauchte Zeit, um seinen gesamten Kader erst einmal unter Wettkampfbedingungen zu betrachten und das eine oder andere auszuprobieren, auch um den Preis, das nicht alles funktionierte. Vor allem schuf er eine neue Mannschaftshierarchie. Allerdings erhob Boris Schommers den Satz „Die Mannschaft braucht Zeit“ nicht zum endlos wiederkehrenden Mantra, das nach jeder Niederlage erneut herunterbetet wurde, sondern schloss seine Findungsphase nach sechs Wochen ab und setzte saubere Schnitte: Drei Profis wurden an die U21 abgegeben, Youngster Carlo Sickinger zum Kapitän gekürt und bekam einen festen Platz im zentralen Mittelfeld neben dem ebenfalls gesetzten Janik Bachmann. In der Innenverteidigung bot Schommer fortan wieder die Besetzung der Vorsaison auf, Kevin Kraus und André Hainault. Philipp Hercher etablierte sich nach einer Verletzungspause wieder als Linksverteidiger, auf der anderen Seite war und ist Dominik Schad ohnehin alternativlos. Damit war endlich ein stabiler Defensivverband gefunden.
Innivatives Offensivspiel beim FCK
Noch mehr Innovationsgeist offenbart sich in der Zusammenstellung der Offensive. Mit Christian Kühlwetter und Hendrick Zuck agieren auf den Flügeln nun zwei Typen, die im Grunde nicht dem entsprechen, was sich der Fußballromantiker auf den vorderen Außenpositionen vorstellt. Statt mit Tempodribblings glänzt Zuck lieber mit überlegten Pässen, Kühlwetter mit Knipserqualitäten vorm Tor.
Dafür darf Florian Pick, der eigentlich zum Flügelzauberer geboren scheint, jetzt als nominell zweiter Stürmer alle Freiheiten im Spiel nach vorne genießen. Er präferiert, wie unsere Positions- und Passgrafiken von „11tegen11“ zeigen, zwar nach wie vor seine angestammte linke Seite, betätigt sich nun aber auch schon mal als Ballschlepper durchs zentrale Mittelfeld oder als präziser Passgeber aus dem Zehnerraum, etwa vor Kühlwetters 1:1-Ausgleich in Haching.
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