Gerade weil ihn der Vorfall emotional stark aufgewühlt hat, überlegte Mainz 05-Profi Leon Balogun sehr genau, ob er die rassistischen Beleidigungen gegen ihn und Anthony Ujah...
MAINZ. Gerade weil ihn der Vorfall emotional stark aufgewühlt hat, überlegte Fußball-Profi Leon Balogun sehr genau, ob er die rassistischen Beleidigungen gegen ihn und Anthony Ujah während des Bundesliga-Spiels seines Vereins FSV Mainz 05 bei Hannover 96 öffentlich machen soll. Zwei Gründe haben die beiden nigerianischen Nationalspieler schließlich dazu bewogen, die Allgemeinheit über die Diskriminierung durch einige 96-Anhänger zu informieren. „Traurigerweise wurde ein Junge, der noch keine zwölf Jahre alt war, dazu animiert, mitzumachen. Und es war zwar nur eine kleine Gruppe. Wenn aber die Möglichkeit besteht, so etwas im Keim zu ersticken, dann sollte man das nutzen“, erklärte Balogun.
Dabei habe ihn dieser Schritt Überwindung gekostet: „Niemand fühlt sich gut dabei, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, weil so ein Vorfall entwürdigend ist. Wir wollen aber zeigen: Wehrt euch! Es lohnt sich.“ Deshalb schilderte der 29-Jährige am Dienstag den Vorfall noch einmal detailliert.
Kleiner Junge involviert
In der zweiten Halbzeit waren die 05-Ersatzspieler wie gewohnt zum Auslaufen hinter das Tor gelaufen – in Hannover war dies vor der 96-Fankurve. „Dass man sich dabei das ein oder andere anhören muss, ist mittlerweile leider normal. Und bei Beleidigungen winkt man inzwischen ab“, sagte Balogun. In Hannover nahm er dann aber „Uh, uh, uh“-Rufe wahr. „Ich habe mich dann gegenüber der besagten Person mehr als deutlich geäußert, dass sie es sein lassen soll, weil ich so erzogen worden bin, dass ich zeige, wenn mir etwas nicht passt. Dann sind ein paar Stimmen dazu gekommen und sie haben gerufen: Balogun, du Affe. Und: Tony, du Affe.“ Und dann wurde noch ein kleiner Junge involviert, der nebendran stand, sagte Balogun.
Im Profi-Fußball ist Balogun nach eigener Aussage zum ersten Mal mit Rassismus in Kontakt gekommen. Als Jugendspieler von Hertha Zehlendorf hat er indes häufig solchen Vorfälle erlebt. „Da standen teilweise Skinheads am Spielfeldrand mit Hunden, die scharf waren“, erinnerte er sich. Und auch privat hatte der Berliner Situationen erlebt, in denen er zum Selbstschutz lieber weggerannt ist. Damit dies anderen nicht passiert, engagiert er sich gegen Rassismus. Und zeigte sich enttäuscht über einige Reaktionen, die er seit Sonntag erhalten hat, in denen seine Aussagen beispielsweise angezweifelt wurden. „Am schlimmsten ist es, wenn gesagt wird: Was habt ihr denn, habt euch doch nicht so“, sagte er.
Balogun: „Macht die Augen auf!"
Balogun betonte zugleich, dass er weder Hannover 96 verurteile noch die komplette Nordkurve. „Beteiligt an den Vorfällen waren zwischen vier und sieben Personen“, erklärte er. „Aber wenn du nebendran stehst, du bekommst deinen Mund nicht auf und lässt es zu, dann unterstützt du es trotzdem. Und es waren genug Leute drumherum, die es mitbekommen haben.“ Und deshalb forderte er: „Macht die Augen auf und zeigt nicht mit dem Finger auf die, die sich beschweren.“ So kämpft er weiter gegen Rassismus: „Es gibt nicht die weiße Rasse oder die schwarze Rasse, sondern nur eine Rasse: die menschliche.“