Offener Brief an Hofmann: 81 Fans kritisieren Mainz 05

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© Sascha Kopp

Geisterspiele, Corona-Krise, vor allem aber der Auftritt der Mannschaft: In einem offenen Brief übt eine Fan-Gruppe heftige Kritik an Mainz 05. Und fordert die Rückkehr zur...

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MAINZ. Mit einem offenen Brief an Stefan Hofmann gehen Fans des FSV Mainz 05 in die Offensive und verschaffen ihrem Unmut Luft. Zwei Vertreter der 81 Vereinsmitglieder, die den langen Brief unterzeichnet haben, übergaben am Montag dem Vorstandsvorsitzenden das Schreiben. Kritisiert wird das Handeln in der Corona-Krise, das "Geschäft Bundesliga", aber auch das Auftreten der 05-Spieler in der abgelaufenen Saison. "Wofür steht Mainz 05 eigentlich noch?", fragen die Unterzeichner. Und wenden sich am Ende nochmals direkt an Hofmann: "Explizit sehen wir dich in der Pflicht. Du bist der Mann im Vorstand, der die Interessen der Fans und Mitglieder innerhalb des Gremiums zu vertreten hat." Den Brief übergaben am Montag Christoph Stendzina und Maximilian Kling an Hofmann. Dem 05-Chef wird die Frage gestellt: "Hast du als Vorstandsvorsitzender uns als Fans und Mitglieder wirklich im Auge?"

"05 muss es gelingen, Emotionen zu wecken"

Der Wunsch der 81 Mitglieder, deren Namen Hofmann laut Wolfram Schweickhardt, einem Sprecher der Gruppe, alle genannt wurden: "Mainz 05 muss es gelingen, Emotionen zu wecken - positive, die nicht mit drei Punkten zu erreichen sind", heißt es in dem Brief. Die Gruppe bezeichnet sich als "ein bunter Querschnitt von Nullfünf-Fans". Dass Hofmann in den vergangenen Wochen den Fan-Clubs durchaus Gespräche angeboten und auch geführt hat, dass der Verein derzeit mehrere Treffen bei der "05er Rheinkultur" arrangiert, nimmt die Gruppe zur Kenntnis, zufriedenstellen kann sie dies aber nicht. Zuletzt waren 240 Fans der 05-Einladung gefolgt und hatten beim ersten 05-Hoffest in einem Weingut mit Hofmann gesprochen. Er wird auf der 05-Homepage zitiert: "Während der Spiele ohne Zuschauer haben wir schon festgestellt, dass uns die Fans ganz elementar fehlen. Mit den Events in diesem Sommer wollen wir ihnen auch wieder diese Nähe bieten." In dem offenen Brief heißt es allerdings: "Leider wurde uns in den letzten Wochen und Monaten zunehmend der Eindruck vermittelt, dass diese Gespräche oftmals nur stattfinden, um eure Sicht der Dinge vorzutragen ohne dass wir wirklich gehört werden oder unsere Meinung von größerer Bedeutung und Gewichtung sind."

Kritik am Auftreten der Mannschaft: Die Gruppe der 81 Mitglieder kritisiert vieles aus den vergangenen Wochen. Heftig ist die Kritik am Auftreten der Spieler. "Die Mannschaft zeigte sich häufig in einem Zustand, der uns ratlos zurückließ. Eine Mannschaft, die über weite Strecken der Saison keinen Zusammenhalt ausstrahlt, die nicht füreinander einsteht und nicht im Entferntesten die Attribute aufweist, die Mainz 05 erst in die Bundesliga gebracht und dort etabliert haben." Eine klare Ansage: "Es sollte erkennbar sein, dass die Spieler, die in unserem Trikot auf dem Feld stehen, für diese Aufgabe einstehen." Das bedeutet demnach im Detail: "Für sie soll nicht nur die persönliche Weiterentwicklung im Vordergrund stehen, sondern auch das Wohl und die Entwicklung des Vereins. Auf dem Feld soll eine Mannschaft stehen, die füreinander einsteht und gemeinsam zum positiven Ergebnis kommen will. Genau diesen Eindruck haben wir in der vergangenen Saison häufig vermisst."

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Die Kritik am "Produkt Fußball": "Durch Covid19 wurde vieles schonungslos offengelegt, was uns zwar schon lange irgendwie bewusst war, wir jedoch jahrelang romantisch verklärt zur Seite geschoben haben. Die Maske ist jedoch in den letzten Wochen gänzlich gefallen. Uns wurde deutlich vor Augen geführt (und das wurde ja auch erstmals öffentlich so artikuliert), dass sich in den Profiligen alles ausschließlich um Geld und Profit dreht. Dafür muss der Ball rollen - wir Fans, langjährige Weggefährten und Stadiongänger, spielen dabei absolut keine Rolle."

Kritik an 05 im Umgang mit der Corona-Krise: "Für uns bleibt der Eindruck, dass die Entscheidung der großen Vereine und das Vorhaben der DFL unwidersprochen akzeptiert und mit umgesetzt wurden. Wir hätten an dieser Stelle erwartet, dass unser Verein Mainz 05 klar Stellung bezieht. Man hätte sich ernsthaft mit der Situation von Tausenden regelmäßigen Stadiongängern und der Stimmung in der Gesellschaft auseinandersetzen müssen und nicht alle kritischen Stimmen völlig ignorieren dürfen. Wir hätten uns gewünscht, dass wir als Fans und Stadiongänger ein Mindestmaß an Wertschätzung erfahren. Stattdessen wurden wir völlig übergangen und waren außen vor in den Gedankenspielen der Funktionäre."

Forderung für die neue Saison: "Es ist sehr wichtig, in absehbarer Zeit die Frage bezüglich eines Sonderspielbetriebs mit reduzierter Zuschauerkapazität anzugehen und gemeinsam zu besprechen. Es ist zwingend notwendig, dieses Thema auf breiter Basis zu besprechen, möglichst viele Fans mit zu nehmen und sie nicht erneut vor den Kopf zu stoßen."

Forderung nach einer "funktionierenden Gemeinschaft": Die Mitglieder stellen in dem Brief klar: "Damit wir in den kommenden Jahren als Verein gut aufgestellt sind, braucht es neben einem klaren sportlichen Konzept und solidem wirtschaftlichem Handeln vor allem eine funktionierende Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft, in der man nicht immer einer Meinung sein muss, man diskutieren und auch streiten kann. Am Ende sollten wir jedoch alle gemeinsam für Mainz 05 einstehen und an einem Strang ziehen. Diese Gemeinschaft muss weiter gestärkt werden, der Verein muss hierauf wieder verstärktes Augenmerk legen."