Kolumne der Wortpiratin: Mit Fußball die Gesellschaft verändern

aus Mainz 05

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Jürgen Klopp und Megan Rapinoe mit ihren Auszeichnungen zum Welttrainer und zur Weltfußballerin des Jahres 2019. Foto: dpa

Jürgen Klopp und Megan Rapinoe sind zwei besondere Charaktere im Business "Fußball". Zwei Menschen, die ihren Erfolg nutzen, um neben dem Platz auf gesellschaftliche...

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MAINZ. „Großartig.“ Das war das erste Wort, mit dem Sandro Schwarz auf die Frage reagierte, was er davon halte, dass Jürgen Klopp zum Welttrainer des Jahres ausgezeichnet worden war. Dann musste der Coach herzlich lachen. „Er hat sensationell ausgesehen auch, muss ich sagen.“ Und schließlich ordnete er den Erfolg noch in Bezug auf den FSV Mainz 05 ein: „Da können wir alle sehr stolz sein drauf, dass Kloppo aus unserem Verein kommend so einen Weg macht.“

Klar, dass unter den Anhänger*innen der Mainzer am Abend dieser Auszeichnung mal wieder jener Satz die Runde machte, der alle 05er auf ewig mit ihrem ehemaligen Spieler und Trainer verbinden wird: „Alles, was ich bin, alles, was ich kann, habt Ihr mich werden lassen.“ Das mag für Menschen außerhalb von Rheinhessen längst abgedroschen und seltsam anmuten, aber es ist Teil einer nostalgischen DNA, die Verein und Fans ausmacht.

Jürgen Klopp zu sehen, wie er diese Auszeichnung entgegennimmt, sein breites Grinsen, das sind Bilder, die automatisch überlagert werden von jenen aus der Zeit, die hier mit ihm geteilt wurde. Das Glück, welches sein Gesicht im Moment der Auszeichnung strahlen lässt, entsteht in unseren Köpfen vor dem Hintergrund der Glücksmomente über die ersten in Mainz. Darum fühlen seine Schritte sich wie eine Fortführung des gemeinsamen Weges an – und würden das im Übrigen auch, wenn er den magischen Satz damals nicht unter Tränen gesagt hätte.

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Jürgen Klopp wäre aber nicht Jürgen Klopp, wenn er den Moment des Triumphes ungenutzt hätte verstreichen lassen. Und ungenutzt bedeutet in diesem Fall, ohne neben seinen Worten des Danks auch eine Einordnung des Fußballs in den gesellschaftlichen Kontext vorzunehmen. Das tut er zum einen, indem er darauf verweist: Dieser Sport ist, bei aller Leidenschaft dafür, nie so wichtig wie die Dinge, die neben dem Platz geschehen. Zum anderen macht er deutlich, wie privilegiert all jene sind, die in diesem Business arbeiten – und er verbindet diese wichtige Aussage mit der Ankündigung, künftig Teil von „Common Goal“ zu sein.

Spieler*innen und Trainer*innen, die zu dieser einst von Juan Mata mitgegründeten Initiative gehören, spenden ein Prozent ihres Gehaltes für soziale Projekte. Jürgen Klopp begibt sich mit diesem Schritt in die gute Gesellschaft von beispielsweise Megan Rapinoe, die wie er an dem Abend in Mailand ausgezeichnet wurde: als Weltfußballerin des Jahres 2019. Mit den beiden standen Menschen auf der Bühne, die es verstehen, derartige Aufmerksamkeit zu nutzen, um auch über den Sport hinaus zu wirken. Rapinoe hat das schon mit ihrer klaren Kante gegen Donald Trump getan. Nicht bloß, weil sie seine Einladung ausschlug, nach dem WM-Sieg ins Weiße Haus zu kommen, was vor allem symbolisch wichtig war, sondern vor allem durch ihre kraftvollen Reden, in denen sie auch gegen Rassismus und Homophobie sprach.

Ihren Auftritt bei der Gala nutzte die US-Amerikanerin nun abermals für den Appell, sich gegen ausgrenzendes Denken und Handeln einzusetzen – und für Gleichberechtigung in allen Teilen der Gesellschaft. Diese Bereitschaft, in einem Moment der Freude, wenn das Rampenlicht besonders hell ist und die Welt zuhört, über die wirklich wichtigen Dinge zu sprechen, ist keineswegs selbstverständlich, aber gerade deshalb besonders wichtig. Die Reden von Klopp und Rapinoe werden, wie ihr persönliches Verhalten, über diesen Abend hinaus wirken. Das macht aus den beiden Preisträger*innen echte Gewinner*innen – und Vorbilder obendrein.

Mara Pfeiffer ist freiberufliche Journalistin und Autorin. Unter anderem von "111 Gründe, Mainz 05 zu lieben" (mit Christian Karn). Aktuell erschienen: "Im Schatten der Arena - der Mainz-05-Krimi". Homepage: www.marapfeiffer.de Mara Pfeiffer bei Twitter: Wortpiratin

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Von Mara Pfeiffer