Das Verhältnis der breiten Fan-Masse zur aktiven Szene ist bei vielen Vereinen zwiespältig und Mainz 05 bildet da keine Ausnahme.
MAINZ. Auf der einen Seite erfreut sich der Fan an sich in der Regel an ausgeklügelten Choreografien, auf der anderen verurteilt der eine oder andere einen vermeintlichen Hoheitsanspruch der Szenen. Einerseits soll es auswärts ein voller Gästeblock sein, in dem dann zumeist die Aktiven stehen, andererseits stößt die verbotene Pyro auf Kritik.
Alles Themen, die sich nicht innerhalb kurzer Zeit lösen lassen, dafür sind die Fronten vielfach zu verhärtet. Wichtig ist aber die Einsicht, der Fußball braucht alle Fans und deren Stimme ist besonders kraftvoll, wenn die verschiedenen Gruppen einander offen begegnen und nicht mit Vorurteilen aufeinander losgehen. Und: Ein solches Miteinander ist nur im Dialog möglich.
Was diesen Dialog angeht, kann man der aktiven Szene in Mainz attestieren, dass sie den in der jüngeren Vergangenheit mit Macht angeschoben hat. Wer sich für das interessiert, was die Jungs und Mädels tun und was sie bewegt, dem stehen viele Möglichkeiten offen. Da ist zum einen die BLQCKBILDUNG, ein Infoflyer mit um die 30-40 Seiten, in dem die Szene über ihre Aktivitäten schreibt. Der wird an Heimspieltagen im Stadion verteilt und steht danach auf der Homepage des Q-Blocks zum Download bereit.
Unmut über Zusammenschluss der Fanszenen
Besagte Homepage ist eine zweite Informationsquelle. Hier werden nicht nur Übersichten zu Choreografien und deren Finanzierung veröffentlicht, sondern auch Aufrufe wie jüngst der, an der Demonstration für ein nazifreies Mainz am 22. September teilzunehmen. Außerdem gibt es dort einen ausführlichen Bericht zur neuen Q-Block-Saisonkarte, mit der die Gruppe ihren inneren Zusammenhalt stärken möchte. Sprich, Informationen sind massig abrufbar.
Umso mehr muss es also verwundern, was in den letzten Tagen in diversen Foren und sozialen Netzwerken an Unmut rund um den aktuellen Aufruf des Zusammenschlusses der Fanszenen Deutschland zu lesen war. Zur Erinnerung: Besagter Zusammenschluss hatte im August den Dialog mit den Verbänden DFB und DFL nach einem Jahr aufgekündigt, was hier nachzulesen ist. Der Vorwurf lautete, die Verbände wollten sich mit den Gesprächen eher schmücken, als Veränderungen anzustreben. Nun hat das Bündnis zum Protest am 5. Spieltag aufgerufen.
Konkret soll es in den ersten 20 Minuten der Partien einen Stimmungsverzicht geben, sprich, einige Kurven werden schweigen. Der Protest richtet sich unter anderem gegen eine mögliche EM 2024 in Deutschland und hat zum Ziel, dass die Verbände ihre Aufmerksamkeit wieder mehr auf die Bedürfnisse der Fans richten. Über den Aufruf empörten sich viele 05-Anhänger, die bemängelten, im ohnehin in dieser Saison mau ausgelasteten Stadion müsse es von Anfang an laut sein. Der deutliche Unmut richtete sich schnell auch gegen die aktive Szene.
Szene Mainz nicht im Bündnis der Fanszenen organisiert
Jetzt kann man von derlei Protestaktionen natürlich halten, was man will, aber bevor man die eigenen Leute kritisiert, könnte man vielleicht mal deren Haltung erfragen. Die ist, dem Thema angemessen, nicht in einem Satz erklärt, fest steht aber zum einen, die Szene Mainz ist nicht im besagten Bündnis der Fanszenen organisiert. Zum anderen hat sie nicht dazu aufgerufen, sich an diesem Spieltagsprotest zu beteiligen. Um das herauszufinden, muss der geneigte Fan deutlich weniger Zeit investieren, als bei einigen in den ins Netz gekotzten Unwillen über die Verlautbarung der zusammengeschlossenen Szenen geflossen ist. #meinjanur
Geäußert hat sich der Q-Block übrigens durchaus, und dazu aufgerufen, vor der Partie gegen Wolfsburg bereits um 19.45 Uhr zum Einsingen am Fantreff hinterm A-Block zu sein: „Wir sind hier, wir wollen mehr, wir wollen siegen! Den Roar der Kurve, den ungezügelten Jubel über den nächsten Dreier, in diesem Moment zählt nichts mehr als das!“ Das liest sich für mich jetzt nicht wie die Aufforderung zum Schweigeprotest. Schon klar, die Entrüstungsspirale dreht sich im Netz besonders schnell, führt aber nun mal nirgendwo hin. Die dort vergeudete Energie ist viel besser im Support der eigenen Mannschaft investiert. Alle zusammen für den FSV.
Von Mara Pfeiffer