Verein und Fans haben sich intensiv mit der 05-Identität befasst. Aber wie lassen sich auch die Spieler emotional an Mainz 05 binden? Wortpiratin Mara Pfeiffer hat eine Idee.
MAINZ. Mainz 05 hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Thema der eigenen Identität beschäftigt. Das ist erstmal eine gute Sache. Besser noch, weil der Verein nicht allein losgelegt oder eine Agentur beauftragt hat, sondern intensiv mit der Fanabteilung ans Thema gegangen ist. Es gehört zur aktuelleren Geschichte der 05er, dass einige Posten im Club von Menschen besetzt sind, die – anders als ihre Vorgänger – nicht im Schatten des Doms aufgewachsen sind. Ein frischer Blick kann viele Vorteile haben, wenn die Mischung stimmt und die Bereitschaft vorhanden ist, auf jene zu hören, die den Verein schon länger kennen und l(i)eben. Das ist in diesem Fall passiert. Aber genügt dieser Ansatz, will heißen, Fans und Verantwortliche? Oder kann das nicht nur ein Anfang sein, weil entscheidende Personen gar nicht teilhaben?
Worauf ich hinauswill ist die Frage, wie ein Verein im schnelllebigen Fußballgeschäft auch den Spielern, die jedes Jahr neu zum Club kommen, ein besseres Gefühl dafür vermitteln kann, wo sie da genau gelandet sind. Natürlich sagen die Neuverpflichtungen in Interviews nette Sachen über Mainz 05, die familiäre Atmosphäre und die schnuckelige Gegend. Ist auch alles gut und schön, aber dennoch bleibt dabei eher fraglich, dass sie das Ganze emotional berührt.
Spieler emotional an den Verein binden
Nun mag man einwenden, es sei im Profifußball ein Gedankenferz, zu glauben, man könne die Spieler emotional an den Verein binden, ein unnötiger noch dazu. Was mir aber in den vielen Interviews mit Ehemaligen gerade in den letzten Monaten immer wieder auffällt, ist, wie oft sie darüber sprechen, dass der innere Zusammenhalt ihrer jeweiligen Truppe in schwierigen Zeiten die entscheidenden Prozentpunkte ermöglicht hat. Die Identifikation miteinander, das Gefühl, für den anderen einstehen zu wollen. Ich will gar nicht behaupten, dass die Spieler im aktuellen Kader das nicht ähnlich empfinden, vielleicht aber doch: oberflächlicher.
Und das ist ihnen auch gar nicht vorzuwerfen, denn sie sind eben (auch) nicht im Schatten des Doms und mit diesem Verein aufgewachsen, weil die Zeiten sich geändert haben. Aber wieso nicht dieser Veränderung entgegenwirken? Und wieso nicht mittels besagter Ehemaliger, von denen eine Vielzahl tatsächlich bis heute hier in der Gegend lebt und dem Verein nach wie vor sehr stark verbunden ist. Warum stellt man nicht mit diesen Spielern und den aktuellen etwas wie ein Patensystem auf die Beine, wie das ähnlich in Schulen oder Amateurvereinen durchaus passiert? Beispielsweise mit Spielern aus den 88er und 90er Aufstiegsmannschaften?
Dabei geht es ja nicht darum, dass die Alten den Jungen jeden Tag „vom Krieg“ erzählen oder die Jungen bei den Alten auf dem Sofa sitzen und Kekse knabbern. Aber Mainz ist nun wirklich in der absolut privilegierten Lage, unglaublich viele einstige Spieler, deren Herz bis heute für den Verein schlägt, in unmittelbarer Nähe zu haben. Ich glaube, diese mit den heutigen Profis zusammenzubringen, könnte absolut positive Effekte in Sachen Identifikation haben.
Ja, das Fußballgeschäft ist schnelllebiger geworden, es geht um Kohle, tolle Verträge, um gute Tabellenplätze und wasweißich. Aber so lange die Spieler hier sind, sind sie eben hier und je mehr sie von dem verstehen, was den Verein ausmacht, umso mehr werfen sie auch an einem Tag in die Waagschale, an dem sie normalerweise vielleicht nicht auf 100 Prozent kämen. Zur Erinnerung: Im Mai dieses Jahres hat der Verein eine Jubiläumsfeier der Aufstiege für die Fans organisiert. Da waren auch viele Kinder dabei, die damals noch gar nicht auf der Welt oder alt genug fürs Stadion waren. Ich hatte den Zauberneffen dabei und er erzählt seither von den Aufstiegsjahren, als wäre er dabei gewesen. Wichtiger noch, er fühlt sich seither auch, als wäre er dabei gewesen. Natürlich sind Fußballprofis keine zwölfjährigen Kids. Und doch sie sind mit Sicherheit emotional erreichbar für die Geschichte von Mainz 05. Sei es nun mit Paten oder einer ganz anderen Idee. Die 05er verstehen sich gerne als der besondere Verein. Warum nicht auch besondere Wege gehen, um die Bindung zwischen Spielern und Club zu festigen.
Mara Pfeiffer ist freiberufliche Journalistin und Autorin. Unter anderem von "111 Gründe, Mainz 05 zu lieben" (mit Christian Karn). Aktuell erschienen: "Im Schatten der Arena - der Mainz-05-Krimi". Homepage: www.marapfeiffer.de Mara Pfeiffer bei Twitter: Wortpiratin
Von Mara Pfeiffer