Warum sind viele 05-Fans so schnell unzufrieden mit ihrem Verein? Der Unmut ist aktuell groß - auch bei denen, die sonst gemäßigt auftreten. Wortpiratin Mara Pfeiffer findet:...
MAINZ. Kürzlich war die Autorin dieser Kolumne in einem Podcast zu Gast, in dem es um Mainz 05 und die Entwicklung zum nun im 11. Jahr beständigen Erstligisten ging. Eine Frage des Gastgebers lautete, ob sein Eindruck zutreffe, dass im Umfeld der 05er viele Anhänger*innen sehr schnell unzufrieden mit dem Verein würden woran das liege, denn ihm sei das unverständlich.
Tja. Nun. Mir auch.
Vielleicht ist es die alte Geschichte, dass der Prophet im eigenen Land nichts gilt. Und da ist es egal, ob als Prophet Sandro Schwarz oder der Verein bezeichnet wird; der Geduldsfaden vieler Fans ist extrem kurz und scheint mit jeder Saison im Oberhaus noch weiter einzuzurren. Wenn an dieser Stelle schon das eine oder andere Mal die Rede war von jenen Fans, die nach verlorenen Spielen ihren Wochenfrust mit dem Ärger über die Niederlage verrühren und dann mit viel Schwung ins Netz kippen, flatterte daraufhin durchaus auch Leserpost in den virtuellen Briefkasten mit der Bitte, den Nörglern keine zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Und sicher bringt es nichts, den Fokus ständig auf die zu richten, die vom Sofa aus meckern.
Nach den beiden Niederlagen in Pokal und Liga zu Beginn der Saison waren es aber nicht nur die üblichen Verdächtigen, deren Frust zu lesen und hören war, sondern auch etliche Fans, die sonst deutlich gemäßigter auftreten. Nach dem Pokal-Aus kam das Thema auf, die Mannschaft könne diese Schmach so schnell nicht wiedergutmachen, habe nicht verstanden, was dieses Spiel für die Fans bedeute und stehe in deren Schuld. Ähnlich ging es nach der Auftaktpleite in der Bundesliga weiter. Doch das kann eine Bürde werden für dieses Team.
Das Pokalaus nervt. Aber...
Wenn Themen wie ein Mantra wiederholt werden, besteht natürlich die Gefahr, dass einige Leute sie irgendwann nicht mehr hören können. Die Ansage, dass es in Mainz immer erstmal um den Klassenerhalt geht, ist eine solche Thematik, vor der manche Fanlager am liebsten die Ohren verschließen wollen. Dasselbe gilt für Fehleranalysen nach Spielen, die hinterher gerne zerpflückt werden, weil sich vermeintlich alles daran wiederhole.
Beides wird sich aber nicht vermeiden lassen, denn der Klassenerhalt ist und bleibt einfach das erste Ziel jeder neuen Saison, und ein junger Kader wie jener der 05er wird – zumal derart verletzungsgeschwächt wie aktuell – Fehler nicht nur machen, sondern auch wiederholen. Das gehört zur Entwicklung einer Mannschaft so, wie sie in Mainz geschieht, einfach dazu. Wer ein Spitzenteam auf dem Platz sehen möchte, das alle Spiele locker gewinnt und jedes Jahr einen europäischen Wettbewerb spielt, sollte sich vielleicht fragen, ob der Verein der richtige ist.
Stand jetzt fehlen der Mannschaft drei Punkte aus einer Saison. Egal, ob das erste Heimspiel mit einem Sieg, Unentschieden oder einer Niederlage ausgeht, wird sich auch am Samstag um halb sechs die Welt weiterdrehen. Es wird nicht bei der Pleite in Freiburg bleiben im Laufe der Saison, Spiele werden mal gewonnen und mal verloren gehen, es wird schöne und ärgerliche Phasen geben. Weil das halt so ist im Fußball. Am Ende wird es wieder reichen, um auch eine zwölfte Saison in der ersten Liga zu spielen – alles Weitere wird sich finden.
Das Pokalaus nervt und sticht, ja. Aber eine Auftaktniederlage in der Fremde ist echt nicht das Ende der Welt. Der einen oder dem anderen würde ein bisschen mehr Entspannung gut tun, denn nichts wäre fataler, als in Sachen Stimmung direkt die Negativspirale anzuwerfen. Wozu? Lieber auf den Rängen eng zusammenstehen und sich auf das besinnen, was von dort runter aufs Feld an Energie und Liebe versendet werden kann. Da stehen am Samstag etliche Spieler zum ersten Mal in Mainz auf dem Rasen. Wie sie empfangen werden, kann ihre Bindung an diesen Verein und die Stadt bedeutend mitprägen. Sie haben einen tollen Empfang und die Unterstützung aller Tribünen verdient, damit sie spüren: Hier sind sie richtig.
Mara Pfeiffer ist freiberufliche Journalistin und Autorin. Unter anderem von "111 Gründe, Mainz 05 zu lieben" (mit Christian Karn). Aktuell erschienen: "Im Schatten der Arena - der Mainz-05-Krimi". Homepage: www.marapfeiffer.de Mara Pfeiffer bei Twitter: Wortpiratin
Von Mara Pfeiffer