Nach dem EL-Aus in Basel schickt Trainer Adi Hütter seine Spieler noch eine Woche in den Urlaub. Leihspieler André Silva wollen die Frankfurter über 2021 hinaus halten.
FRANKFURT. Am Freitag war die Enttäuschung noch groß bei der Frankfurter Eintracht. Das Ausscheiden in der Europa-League (EL) gegen den FC Basel (0:1 und 0:3) war zwar nicht unerwartet gekommen, hatte die Mannschaft, die Fans, den ganzen Verein aber trotzdem tief getroffen. Denn Europacup hat in den letzten Jahren zu Frankfurt gehört wie der Römer und der Main. Doch zumindest beim Klub selbst hat man sich erstaunlich schnell getröstet. „Der Fluch, sich für mindestens ein Jahr aus dem internationalen Geschäft verabschiedet zu haben, erweist sich nun als Segen“, stand doch da tatsächlich auf der Homepage des Vereins.
Eine Saison ohne Europa ein Segen? Nicht jeder wird das so sehen, vor allem jene im Klub, die für die Finanzen zuständig sind, haben ein paar Sorgenfalten auf der Stirn. Doch der sportliche Segen ist ja tatsächlich nicht von der Hand zu weisen. Denn die Verbände FIFA, UEFA, DFL und DFB hetzten die Spieler in eine beispiellose Mammut-Saison, an deren Ende im kommenden Juni die Europameisterschaft stehen soll. Da bietet der Plan für die Eintracht ohne Europa-League wenigstens ein bisschen Zeit zum Durschnaufen.
Vorteil in der Liga durch internationale Pause?
Aber tatsächlich nur ein bisschen. Denn neben 13 Bundesligaspielen bis an Weihnachten und zwei DFB-Pokalspielen könnten ja für viele Frankfurter noch neun Länderspiele auf dem Programm stehen. Die Spitzenklubs und Spitzenspieler müssen zudem noch sechs Begegnungen in Champions- oder Europa-League bestreiten. Im Grunde ein Wahnsinn, zumal die Saison ja erst Mitte September beginnt und im Winter quasi ohne Pause mit dem 14.Spieltag am 2.Januar ja schon wieder weitergeht. Die Eintracht hofft nun, dass die internationale Abstinenz ihr einen kleinen Vorteil im nationalen Wettbewerb verschafft.
Das ist nicht von der Hand zu weisen, setzt Mannschaft und Trainer freilich auch unter Druck. Mehr Training unter der Woche, mehr konkrete Vorbereitung auf den nächsten Gegner gleich bessere Leistung - diese Gleichung kann, muss aber nicht, aufgehen. Die größte Unbekannte für Trainer Hütter: So ganz genau weiß er noch nicht, mit welchem Personal er in die Saison gehen wird. Die Transferperiode dauert coronabedingt bis zum 5.Oktober, das bedeutet noch fast zwei Monate der Ungewissheit. Denn dass die Eintracht den einen oder anderen Spieler noch abgeben wird, ist klar. Und es werden sicher nicht nur Mitläufer oder Hinterbänkler sein wie zuletzt Lucas Torró, Mijat Gacinovic oder Rodrigo Zalazar, es werden Leistungsträger gehen. Zumindest schließt dies Sportvorstand Fredi Bobic nicht aus. Kandidaten: Martin Hinteregger, Evan Ndicka und vor allem Filip Kostic. Jeder einzelne wäre ein großer Verlust. Hinteregger, weil er der beste Abwehrspieler ist, Ndicka, weil er der einzige Junge in einer im Grunde überalterten Abwehr ist, und Kostic, weil er der einzige Unterschiedsspieler ist, der der Eintracht noch geblieben ist.
Silva soll noch länger bleiben
Unklarheiten gibt es auch noch bei Daichi Kamada, der seinen Vertrag (noch) nicht wie erhofft vorzeitig verlängert hat. Und dürfte es sich die Eintracht aussuchen, würde sie vielleicht einen der Stürmer Bas Dost oder Goncalo Paciencia abgeben. Dagegen bemühen sich die Frankfurter laut der italienischen Zeitung „Gazetta dello Sport“ in Gesprächen mit dem AC Mailand den Leihvertrag mit André Silva gerne über 2021 hinaus zu verlängern. Der Trainer setzt derweil ganz grundsätzlich auf seine eigene Fähigkeit, endlich einmal eine Mannschaft mit etwas Ruhe weiterentwickeln zu können. Als Grundlage hat er die Spieler nach einem abschließenden Fußball-Tennis-Turnier zur allgemeinen Verbesserung der Laune am Samstag mit einigen Hausaufgaben ein weiteres Mal für eine Woche in die Ferien geschickt. Nach einem Monat Urlaub, zwei Wochen Training und den beiden Spielen gegen Monaco und in Basel, wird der Motor noch einmal runtergefahren. „Wir wollen den Spielern noch einmal die Möglichkeit der Erholung geben. Das haben sie sich verdient", sagte Hütter.
Die Zeit bis zum Pokalspiel am Wochenende 11./12./13. September bei 1860 München oder Viktoria Aschaffenburg und dem Bundesligastart gegen Arminia Bielefeld (18./19./20. September) erscheint dem erfahrenen Fußball-Lehrer als ausreichend für eine vernünftige Vorbereitung. Im Gegensatz zum letzten Jahr, als die Eintracht die EL-Qualifikation spielen musste, kann Hütter mit seinem Team nun alle Register einen „normalen“ Vorbereitung ziehen, mit behutsamen konditionellem Aufbau und der Möglichkeit einer taktischen Renovierung. „Wir haben nun die Möglichkeit, uns ein bisschen anders auf die Saison vorzubereiten“, kündigt Hütter an.
Von Peppi Schmitt