Eintracht-Vorstand Hellmann: „Werden diese Krise überleben“

aus Eintracht Frankfurt

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Will mit Eintracht Frankfurt auch die Herausforderungen wegen der Corona-Krise meistern: Vorstand Axel Hellmann.

Der Eintracht-Boss ist überzeugt, dass sein Verein die Folgen der Corona-Krise überstehen wird. Unterdessen gibt es einen heißen Kandidaten für die Nachfolge von Stürmer Bas Dost.

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FRANKFURT. Die sportliche Leitung der Frankfurter Eintracht bemüht sich um einen Nachfolger für den verkauften Mittelstürmer Bas Dost. Immer wieder fällt dabei der Name von Joshua Zirkzee vom FC Bayern München. Spieler und Trainer sind nach Kurzurlauben wieder zurück und bereiten den Trainingsstart am Mittwoch mit Corona- und Laktattests vor. Und Vorstand Axel Hellmann hat sich in einem ausführlichen Gespräch im „Eintracht-Podcast“ über das Große und Ganze Gedanken gemacht. „Wir werden auch diese Krise überleben", sagte der Vordenker des Klubs, „die Eintracht hat zwei Weltkriege überlebt, jede wirtschaftliche und sportliche Krise - sie wird auch Covid-19 überstehen. Aber die Schneisen, die die Krise schlagen wird, werden enorm sein."

Hellmann übt Kritik an der Politik

Deutliche Kritik übte der 49 Jahre alte Hellmann an einigen Entscheidungen der Politik. Die ersten politischen Entscheidungen im Frühjahr hätten seine „volle Unterstützung“ gefunden, aber nun treibe ihn um, „dass wir irgendwann im Früh- oder Spätsommer die richtige Abzweigung verpasst haben.“ Die Politik habe nicht jene unterstützt, „die mit guten Hygiene-Konzepten dafür sorgen, dass die Abstands- und Kontaktbeschränkungsregeln eingehalten werden“ und habe stattdessen einen „völlig chaotischen und unregulierten Umgang im privaten Bereich“ zugelassen. Die Politik habe sich „den falschen Themen zugewendet“, habe Gastronomie und kulturelle Einrichtungen geschlossen, „aber nicht mit viel Fleiß daran gearbeitet, wo es nötig gewesen wäre.“ Die Abzweigung sei verpasst worden, „das hat nicht gestimmt“. Hellmann: „Jetzt können wir nicht mehr anders. Wir sind auf einer schiefen Ebene nach unten, es gibt nur noch die harten Rezepte, um die Ausbreitung zu stoppen.“

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Auch in der Schulpolitik sieht der Vater von zwei Söhnen ein „Versagen“. Es wäre die Aufgabe der Politik gewesen, „Eigeninitiativen der Eltern in Bezug auf Digitalisierung und Umrüstungen in den Klassenräumen zu unterstützen“, doch dies sei an bürokratischen Hindernissen gescheitert. Ein Land in der Krise müsse „mehr Beweglichkeit zeigen und Dinge zulassen, die nicht üblich sind.“ Einen Vergleich zur Bundesliga wolle er aber keinesfalls ziehen. „Da muss man fair sein, das ist eine andere Welt“, sagt Hellmann, „der Profisport lebt in einer Blase, rund um die Schule sind dagegen wahnsinnig viele Faktoren zu berücksichtigen.“

„Glaube ich an Zuschauer im Frühjahr? Ja.“

Die Langzeitfolgen, die der komplette Stillstand im Amateursport bescheren wird, seien überhaupt noch nicht absehbar. „Man verliert die Kinder und darf nicht glauben, dass man nach einem Jahr das Licht wieder anknipst und alle sind wieder da“, sagt er, „das ist dramatisch.“ Viele Kinder und Jugendlichen würden nun zwangsläufig an der Technik hängen, „das ist totales Gift für Sportvereine.“ In den ersten beiden Phasen der Pandemie habe man sich gesamtgesellschaftlich darüber unterhalten, „was mit den Menschen passiert und der Wirtschaft“, sagt Hellmann, „aber über die Phasen drei und vier, die kulturellen und auch die psychologischen Fragen, wird zu wenig nachgedacht“.

Bei allen Problemen, die die Gesellschaft und der Sport im Allgemeinen und die Eintracht im Speziellen zu bewältigen hätten, sieht er auch Licht am Ende des Tunnels. „Glaube ich an Zuschauer im Frühjahr? Ja. Glaube ich an volle Stadien in dieser Saison? Nein. Glaube ich an ziemlich gut gefüllte Stadien in der nächsten Saison? Ja“, sagt er, „es kommt nun darauf an, wie schnell die Durchimpfung wird und wie stark wir uns an die Regeln halten.“ Die Eintracht sieht er nach einem „irren Wandel“ im letzten Jahrzehnt insgesamt gut aufgestellt. „Wir sind auf allen Ebenen, sportlich, finanziell, strukturell voll wettbewerbsfähig“. Diese Wettbewerbsfähigkeit sichere das Überleben des Klubs. „Wir dürfen nicht zu kommerziell werden, ja, aber wir müssen auch im kommerziellen Wettbewerb mithalten können“, beschreibt er den Mittelweg. Hellmanns Botschaft an alle, die es mit der Eintracht halten: „Die Glut lodert und wird wieder zum Feuer.“

Von Peppi Schmitt