Die Frankfurter Eintracht wartet weiter auf die letzte Haller-Rate von West Ham United. Zudem ist der wirtschaftliche Druck auf die SGE auch noch aus anderen Gründen gewachsen.
FRANKFURT. Die Frankfurter Eintracht kämpft weiter um das ihr zustehende Transfergeld von West Ham United. Der englische Premiere-League-Klub hat vor einem Jahr Sébastien Haller für fünf Jahre unter Vertrag genommen und mit der Eintracht eine Ablösesumme von 40 Millionen Euro vereinbart, zahlbar in Raten. Nun haben die Engländer die letzten Raten schlicht nicht überwiesen. Insgesamt fehlen noch rund 24 Millionen Euro. Die Eintracht hat den Weltfußballverband FIFA eingeschaltet, der im Laufe der Woche über den Fall beraten hat. Doch die internationalen Mühlen mahlen langsam und so wird es bis zu einer Entscheidung dauern. Bitter für die Eintracht, ist sie doch durch die Auswirkungen der Corona-Krise sowieso schon ziemlich gebeutelt. Nun gibt es verschiedene Überlegungen an das Geld zu kommen. Eine davon: die Forderungen an West Ham an einen Dritten abzutreten, quasi ein Inkassounternehmen beauftragen, der der Eintracht die Millionen besorgt, einen Teil aber selbst einsteckt. Eine zweite: einen Kredit in dieser Höhe aufnehmen und so zu überbrücken, bis die FIFA endlich entscheidet.
Hoffen auf Zuschauer bei Heimspielen
Es ist nicht das einzige finanzielle Ärgernis, das die Eintracht in diesen Tagen und Wochen plagt. So ist dem Klub auch ein finanzieller Schaden durch die Partnerschaft mit einem in die Insolvenz gegangenen Zahlungsdienstleistungsunternehmen entstanden. Das und vor allem die Auswirkungen der zuschauerlosen Zeit mit all ihren Konsequenzen summiert sich, wie Vorstand Axel Hellmann im Laufe der Woche erklärt hat, „und wird uns noch eine lange Zeit beschäftigen.“ Der wirtschaftliche Druck auf den Klub hat sich jedenfalls deutlich erhöht. Ein klein wenig Hoffnung hat derweil der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier verbreitet: Ende August wollen sich die Ministerpräsidenten zusammensetzen und über Zuschauerzulassungen beraten. „Ich bin zuversichtlich, dass wir da zu gemeinsamen Entscheidungen kommen", sagte Bouffier, „da steht der Fußball im Vordergrund, aber es geht nicht nur um den Fußball. Es geht auch um die Sportarten, die ohne Zuschauer nicht überleben können.“
Solange aber noch keine Zuschauer im Stadion sind, muss die Eintracht sich selbst helfen. Die Lösungsansätze liegen in erster Linie im sportlichen Bereich. Vor allem bei den Gehältern der Spieler, bei einer Verringerung der Kadergröße und beim Erzielen von Ablösesummen. Sportvorstand Fredi Bobic hat längst wieder Gespräche über Gehaltsverzichte der Spieler geführt. In den Monaten April, Mai und Juni hatten alle Profis und alle anderen Angestellten rund um die Mannschaft auf zwanzig Prozent der Vergütungen verzichtet. So wird es auch diesmal wieder angestrebt.
Muss nun ein Führungsspieler verkauft werden?
Es muss sich dabei um freiwillige Vereinbarungen handeln, denn in der Kürze der Zeit sind grundsätzliche Änderungen bei laufenden Verträgen nicht durchsetzbar. Das gilt für alle Klubs, natürlich auch für die Eintracht, deren Gehaltsstruktur parallel zu den Erfolgen in den letzten Jahren gestiegen ist. Bei den Möglichkeiten zum Handeln auf dem Transfermarkt ist die Eintracht im Grunde wieder auf das Niveau von 2016 zurückgeworfen worden. Damals hatte der neu eingestellte Sportvorstand Fredi Bobic mit wenig Geld (einer reinen Investitionssumme von rund drei Millionen Euro) eine schlagkräftige Mannschaft aufbauen müssen. Leihgeschäfte, viel Fantasie und Kreativität waren gefragt und sind es jetzt wieder. Durchaus möglich, dass die Eintracht sogar den einen oder anderen aus der Riege der wenigen Führungsspieler wie Martin Hinteregger oder Filip Kostic oder den jungen Evan Ndicka verkaufen muss.
Gelegenheit, um junge Spieler zu entwickeln
Das wird dem Trainer nicht gefallen. Doch es ist für Adi Hütter auch eine Herausforderung. Er hat nun ohne Europapokalspiele die Gelegenheit, Spieler im Training besser zu machen, vor allem den einen oder anderen aus der jungen Garde wie Aymen Barkok, Tuta oder Dejan Joveljic zu entwickeln. Es wird ein schwieriger Weg für die Eintracht, aber einen, den sie schon einmal erfolgreich gegangen ist. „Wann auch immer die Krise zu Ende ist, wir werden dann sehr stark zurückkommen“, macht Vorstand Hellmann den vielen Fans und Freunden Mut.
Von Peppi Schmitt