Vor dem Start der Saison ist der Kader nahezu unverändert. Kann Eintracht Frankfurt das Mittelmaß der vergangenen Saison überwinden? Eine Analyse.
FRANKFURT. Sportvorstand Fredi Bobic sieht die Frankfurter Eintracht vor der Saison, die am Samstag mit dem Heimspiel gegen Arminia Bielefeld beginnt, als „die Jäger, die da vorne reinstoßen wollen.“ Ein durchaus optimistischer Ausblick angesichts der Probleme mit denen die Eintracht wirtschaftlich wie sportlich zu kämpfen hat.
Aktuell ist die Mannschaft noch nicht wirklich verstärkt worden, der Status quo wurde lediglich gehalten. Wegen der finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise drohen sogar noch Verkäufe von wichtigen Spielern. Freilich hat Bobic auch oft genug bewiesen, dass er auch im letzten Moment noch Verstärkungen an Land ziehen kann. Das wird auch nötig sein, um das Mittelmaß der letzten Saison wieder zu überwinden. Eine Analyse unseres Mitarbeiters Peppi Schmitt.
Der Trainer: Adi Hütter hat gerade seinen Vertrag vorzeitig bis 2023 verlängert. Damit herrscht als Kontinuität auf der wichtigsten sportlichen Führungsposition. Der 50 Jahre alte Österreicher wird mit besonderem Ehrgeiz in die Saison gehen, will er doch einmal mehr beweisen, dass er aus relativ wenig viel rausholen kann. Der Trainer will offensiv und attraktiv spielen lassen. In der letzten Saison war von diesem gewünschten Eintracht-Stil zu wenig zu erkennen. Ohne die Belastungen im Europacup kann Hütter auf dem Trainingsplatz nun viel arbeiten. Das ist sein Trumpf.
Der Kader: Mit Saisonstart gibt es wenige Veränderungen. Ragnar Ache ist für den Sturm gekommen, Goncalo Paciencia nach Schalke gegangen. Mijat Gacinovic und Steven Zuber wurden zwischen Frankfurt und Hoffenheim „getauscht“. Mit Marco Russ, Gelson Fernandes und Johnny de Guzman sind drei Spieler nicht mehr dabei, die in der Kabine eine größere Rolle gespielt hatten als auf dem Rasen. Alles in allem ist der Kader gleichgeblieben, demzufolge nicht wirklich besser geworden. Aber eben auch nicht schlechter.
Der Klub: Die Eintracht hat mit großen finanziellen Schwierigkeiten wegen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Der stetige Aufwärtstrend der letzten Jahre wurde jäh unterbrochen. „Eine Vollbremsung“, nennt es Sportboss Bobic. Dementsprechend vorsichtig agieren die Frankfurter auf allen Ebenen. Es ist eine „kontrollierte Defensive“, um im Fußballbild zu bleiben. Ein großer Vorteil ist die Ruhe im Verein. Der Vorstand ist zusammengeblieben, die sportliche Führung mit Manager Bruno Hübner, Kaderplaner Ben Manga und dem Trainer auch. Und der Wechsel an der Aufsichtsratsspitze von Wolfgang Steubing zu Philip Holzer ist harmonisch verlaufen.
Die Stärken: Die Mannschaft ist eingespielt. Ohne Europapokal könnte in der Liga mehr rauszuholen sein. Der Verein und die AG sind einträchtig. Wirtschaftlich ist die Eintracht trotz der großen Probleme ordentlich aufgestellt. Der Bau des neuen Campus (30 Millionen Euro) ist durchfinanziert, die Übernahme der Arena von der Stadt mit den anstehenden Umbaumaßnamen werden sich erst langfristig auszahlen. Kurzfristig hilft, dass alle großen Sponsoren und Partner (Indeed, Nike) bei der Stange geblieben sind. Der Deal mit der Deutschen Bank über das Stadion-Areal ist in diesen Zeiten ein Leuchtturm-Projekt.
Die Schwächen: Die Mannschaft wurde (noch) nicht wirklich verstärkt. Sollte noch einer der Stars (Trapp, Hinteregger, Kostic) gehen, wäre sie sogar geschwächt. Die wackligen Positionen wie links hinten, rechts vorne und im kreativen Mittelfeld wurden schon in der dritten Transferphase nicht stabilisiert. Das Spiel ist solide, aber wenig kreativ. Der Stuff, die Mannschaft hinter der Mannschaft, wurde in den letzten Jahren ohne Not immer weiter aufgebäht und bindet so wichtige Finanzmittel.
Die Prognose: Die Eintracht kann nur dann zur Jagd auf die Europapokalplätze blasen (Bobic: „Europa ist wieder unsere Sehnsucht.“), wenn bis zum 5. Oktober noch echte Verstärkungen kommen. In der aktuellen Zusammensetzung bleibt es bei Mittelmaß. Bei optimalem Verlauf ohne Verletzungen mit Perspektive nach oben, bei suboptimalem Verlauf mit Blick nach unten.
Von Peppi Schmitt