Kolumne von Eric Scherer: Alles Gute zum 60sten, Gerry Ehrmann!
Gerry Ehrmann wird 60, und das muss gefeiert werden, ob er selbst es so will oder nicht. FCK-Blogwart Eric Scherer blickt auf die Karriere der Lauterer Torwarttrainerikone zurück.
Von Eric Scherer
Er beleuchtet das Geschehen rund um den Betzenberg: Eric Scherer. Foto/Grafik: Scherer/Wilinski
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KAISERSLAUTERN - Längere Interviews gibt er nur selten, er ist halt der Typ, der hin und wieder einfach mal einen raushaut. Und was er von seinem 60. Geburtstag hält, hat er schon vor Wochen [plus-Inhalt]: „Das Alter ist doch nur eine Zahl, sonst nichts“. Dennoch erklingen heute allerorten Geburtstagsständchen, in denen natürlich auch seine markigsten Sprüche hingebungsvoll zitiert werden. Lauterns Torwarttrainerikone Gerry Ehrmann wird 60, und das muss gefeiert werden, ob er selbst es nun so will oder nicht. Das ist ihm von Herzen gegönnt, allerdings muss ja nicht jeder das gleiche Hohelied anstimmen. Wir beschränken uns daher nur auf ein paar Randbemerkungen.
Seit dem 1. Juli 1996 bekleidet Gerry Ehrmann beim 1. FC Kaiserslautern das Amt des Torwarttrainers – und schon an dieser Stelle müssen wir ergänzen: 1999 war er auch mal für drei Spiele Chefcoach der Zweiten Mannschaft. Hat zwei Partien gewonnen und einmal Unentschieden gespielt. Macht einen Punkteschnitt von 2,33 – ein Wert, von dem selbst Pep Guardiola nur träumt.
Drei seiner Flugschüler sind deutsche A-Nationaltorhüter geworden. Roman Weidenfeller darf sich sogar Weltmeister nennen, auch wenn er bei der WM 2014 nicht zum Einsatz kam. Tim Wiese wurde 2010 in Südafrika Dritter. Kevin Trapp hat 2017 den Confed-Cup-Cup gewonnen. Tobias Sippel und Florian Flomlowitz wurden 2009 Europameister mit U21, Julian Pollersbeck 2017 – und dabei auch zum besten Torhüter des Turniers gewählt. Insgesamt haben Ehrmann-Schüler in den vergangenen 22 Jahren rund 900 Bundesligaspiele bestritten.
Zur kuriosesten Karriere hat Gerry Ehrmann allerdings einem gewissen Attila Birlik verholfen. Der nämlich gilt in gewissen Kreisen heute als „Ehrmann-Killer“. Im Ernst: Unter den Fans des SV Waldhof Mannheim hält sich bis heute das Gerücht, ihr damals 19-jähriger Nachwuchsstürmer hätte das Lauterer Muskelpaket, damals noch im FCK-Tor aktiv, niedergeschlagen. Am 26. Mai 1997. Es war Birliks erster Einsatz in der Ersten Mannschaft überhaupt, erst drei Minuten zuvor war er eingewechselt worden, als er Ehrmann einen Schlag versetzt hätte und direkt vom Platz geflogen sei, heißt es.
Die Wahrheit ist: Birlik hatte Martin Wagner brutal gefoult, und als Temperamentsbündel Ehrmann entrüstet aus seinem Kasten stürmte, versetzte er diesem einen „Wischer“, – „mehr reflexartig“, wie Birlik 2016 bei „11Freunde“ gestand. Geschlagen? „Ich glaube, wenn ich das wirklich versucht hätte, könnte ich Ihnen heute nicht dieses Interview geben.“
„Unsere Legenden wollen wir uns bewahren, weil sie für uns wahr geworden sind“, lautet ein kluger Satz in einem berühmten Western. Diese Legende freilich ist nur auf dem Waldhof wahr geworden. Die Mannheimer verloren das besagte Spiel übrigens mit 0:5.
Ehrmann und der Waldhof: Eine unerzählte Geschichte
Ja, Ehrmann und der Waldhof. Diese besondere Beziehung beschreibt auch Autor „Marky“ ausführlich in seiner Geburtstagshuldigung auf „Der Betze brennt.“ Wir möchten dazu lediglich ergänzen: Dass Ehrmann überhaupt beim FCK landete, hängt auch ein bisschen mit dem Waldhof zusammen.
Ehrmann startete seine Profikarriere nämlich beim 1. FC Köln. Von 1978 bis 1984 war er dort der zweite Mann hinter Nationaltorhüter Toni Schumacher. In diesen sechs Jahren absolvierte er nur drei Pflichtspiele, die aber genügten, um Spähern den Eindruck zu vermitteln, dass es bei ihm anderswo zur Nummer 1 reichen könnte. Das erste Mal über 90 Minuten stand er am 10. September 1983 zwischen den Pfosten – gegen den SV Waldhof Mannheim. Da hat er also zumindest eine Bewerbung für seinen künftigen Arbeitgeber abgegeben.
Zum FCK wechselte Ehrmann im Sommer 1984. Anschließend absolvierte er 342 Spiele für Verein, dabei hielt er seinen Kasten 98 Mal sauber. Die 100 zu schaffen, das wäre vielleicht eine Zahl, die ihn ausnahmsweise mal interessiert hätte.
Ebenfalls legendär: Sein bescheuertster Platzverweis
Charakteristisch für Ehrmann wurde seine Entschlossenheit beim Herauslaufen. Da riskierte er mehr als jeder andere Bundesligatorhüter seiner Zeit, da wirkte er bisweilen auch übertrieben ungestüm. „Man muss Entscheidungen treffen und die dann durchziehen“, erklärt er dazu, und diese Einstellung vermittele er seinen Schülern bis heute.
Und auch wenn er immer wieder Kopf und Kragen riskierte und sein Temperament dem Schiedsrichter gegenüber öfter gefährlich hochkochte – vom Platz geflogen ist Gerry Ehrmann nur zwei Mal.
Eine rote Karte ist legendär: Am 18. Mai 1991, beim 0:0 des FCK in Düsseldorf, zog Ehrmann kurz vor Pause angeblich eine „Notbremse“ und sah Rot. Es war der fünftletzte Spieltag der Saison, Lautern drohte durch diese Schwächung, seine Tabellenführung und die Meisterschaft zu spielen – am Ende jedoch wurde bekanntlich alles gut.
Allerdings: Der Unparteiische Michael Malbranc profilierte sich in diesem Spiel als die größte Pfeife, die der Autor dieses Blogs bis heute jemals auf einem Fußballplatz erlebt hat – und das in über 40 Jahren intensiver Fußballbetrachtung. Der Platzverweise für Ehrmann mag vielleicht sogar gerade noch so vertretbar sein, aber sonst pfiff dieser schwarze Mann wirklich gar nichts korrekt. Selbst in dieser kurzen Zusammenfassung ist zu sehen, dass er dem FCK zwei klare Elfmeter verweigerte.
Über die harten Konkurrenzkämpfe mit "Putzi" und das Klischee Muckibude, lesen Sie unter www.blogvierzwei.de