Eintracht Frankfurt ist nach dem Sieg gegen Hertha auf einen Champions League-Platz gesprungen. Ein Abwehrmann stach bei den Adlern besonders hervor.
Von Peppi Schmitt
Frankfurts Torschütze Andre Silva (r) jubelt nach dem 1:1 mit Filip Kostic.
(Foto: dpa)
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FRANKFURT - Es sind nicht nur die nackten Zahlen, die die Frankfurter Eintracht als Spitzenmannschaft ausweisen. Der 3:1-Sieg gegen Hertha BSC war das achte Spiel in Folge ohne Niederlage. In der gesamten Saison haben die Frankfurter nur zwei Begegnungen verloren. Sie sind zu Hause noch immer ungeschlagen. Sie haben in den letzten acht Begegnungen immer mindestens zwei Tore geschossen. Und jetzt gewinnen sie auch Spiele, die sie eher durchschnittlich geführt haben wie gegen die Berliner.
„Aktuell sind wir eine Spitzenmannschaft“, sagte Trainer Adi Hütter, „die Tabelle ist ein erfreulicher Zwischenstand, aber schwindelig wird mir nicht.“ Damit hat Hütter schon die nächste übergeordnete Aufgabe angerissen. Die Eintracht muss nun bestätigen, was sie seit Wochen andeutet. „Wir werden versuchen, die Euphorie intern hochzuhalten und zugleich klaren Kopf zu behalten“, assistiert Sportvorstand Fredi Bobic.
Die aktuellen Erfolge beruhen auf einer Mischung aus individueller Klasse, mannschaftlicher Geschlossenheit und großem Selbstvertrauen. Der Trainer sieht die Eintracht als „mitunter formstärkste Mannschaft“. Aus der gegen die durch den Trainerwechsel erstarkten Berliner einzelne herausragten. Natürlich der zweifache Torschütze André Silva, auch der immer mehr zu alter Stärke zurückfindende Filip Kostic, vor allem aber Martin Hinteregger.
Der österreichische Nationalspieler hielt nicht nur die Abwehr mit einer manchmal furchterregenden Zweikampfführung zusammen, sondern erzielte auch das entscheidende Tor zum 2:1. Nach einer Flanke des eingewechselten Almamy Touré gelang Hinteregger sein erster Saisontreffer. Mit dem Kopf lenkte er den Ball fünf Minuten vor dem Ende ins kurze Eck. „Es war eine tolle Flanke, ich musste nur noch den Schädel hinhalten“, sagte er. „Ich hatte schon viele Chancen in dieser Saison und habe nicht getroffen, das nagt an einem.“ Dass es nun ein so wichtiges Tor gewesen war, sei „einfach überragend.“
Spitzenteams zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie sich aus schwierigen Situationen befreien können und schwierige Spiele am Ende doch für sich entscheiden. Das hat die Eintracht gegen Berlin geschafft. Mit dem 0:1 durch Krzysztof Piatek in der 65.Minute war die Partie auf den Kopf gestellt. Doch nur für wenige Sekunden. Fast im Gegenzug erzielte André Silva den Ausgleich. „Das war der Knackpunkt“, sagte der Trainer, „und Martins 2:1 war der Schlüsselmoment.“ Zwei Tore mit Köpfchen, die Selbstvertrauen und Selbstverständnis unterstrichen. „Es ist die Klasse, die wir haben, und das Selbstvertrauen, um so ein Spiel dann so zu drehen“, freute sich Torhüter Kevin Trapp. Zu dieser Klasse gehört auch, dass Woche für Woche andere Spieler herausragen. Mal waren es Amin Younes oder Luka Jovic, mal waren es Evan Ndicka und Makoto Hasebe. Mal waren es Djibril Sow und David Abraham. Eine Mannschaft halt, eine Spitzenmannschaft.
Für die Ambitionen der Eintracht insgesamt war ein solch schwer erkämpfter Sieg wie gegen Hertha womöglich noch wichtiger als der jüngste 5:1-Spaziergang von Bielefeld vor Wochenfrist. Er schärft die Sinne und lässt noch Luft nach oben. Und so überwogen bei aller Euphorie die realistischen Einschätzungen. Die Frankfurter sehen sich im Siebenkampf um die internationalen Plätze mit den Schwergewichten der Branche weiter als Außenseiter. „Wir wissen, dass wir nicht die ersten Anwärter auf die vorderen Plätze sind“, sagte André Silva. „Platz drei oder vier ist eine tolle Momentaufnahme, aber wir müssen die Kirche im Dorf lassen“, mahnte Nationalspieler Trapp, „wir wissen, dass wir jedes Spiel so spielen müssen wie in den vergangenen Wochen.“ Denn es die Konstanz, die Spitzenmannschaften tatsächlich ausmachen.
Erfolge auch ohne direkte Unterstützung der Fans
Erstaunlich ist neben der Leistungsexplosion, die im manchmal tristen Herbst trotz guter Ansätze so noch nicht zu erwarten gewesen war, dass die Frankfurter die Erfolge ohne die Unterstützung ihrer Fans feiern. Gerade die Eintracht galt ja wegen des Fehlens ihrer heißblütigen Fans als benachteiligt gegenüber jenen Klubs, die keine so intensive Atmosphäre in ihren Stadien haben wie gerade in Frankfurt. Aber womöglich werden die Einflüsse von außen dann insgesamt doch etwas überbewertet.
Zumindest haben sich die Frankfurter damit arrangiert, auch ohne den Push von den Rängen emotional zu spielen. Sportvorstand Bobic machte deutlich, dass auch die leere Arena eine Motivationshilfe sein kann. „Ich bin sicher, dass alle Adlerträger, die unsere Spiele verfolgen, glücklich und stolz auf die Mannschaft sind“, sagte er, „sie versucht, in dieser tristen Zeit alles zu geben und den Fans durch attraktiven Fußball ein gutes Gefühl zu geben.“