Nach 14 Jahren im Amt legt der Chef des TSV Gau-Odernheim die Verantwortung in jüngere Hände.
Von Claus Rosenberg
Sportredakteur Mainz
Nach 14 Jahren als Vorsitzender des TSV Gau-Odernheim freut sich Gerhard Zibell auf seine Zukunft als einfaches Mitglied im Sportverein.
(Foto: pakalski-press/Axel Schmitz)
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GAU-ODERNHEIM - Bergleute, heißt es, tragen das Herz am rechten Fleck. Wenn es dazu noch eines Beleges bedarf, sei auf Gerhard Zibell verwiesen. Der ehemalige Bergmann, den es über Umwege aus dem Ruhrgebiet nach Gau-Odernheim verschlagen hat, gehört zu den rührigsten Persönlichkeiten in der Petersberg-Gemeinde.
Ein Ehrenamt wird der 70-Jährige nun an diesem Samstag niederlegen. Es sei an der Zeit, dass Jüngere den Vorsitz beim örtlichen TSV übernehmen, sagt Zibell. Er kandidiert nicht mehr. Obwohl er sicher noch könnte. Doch das entspräche nicht seiner Mission. Ihm ging es immer darum, sich entbehrlich zu machen. Nun kann er den rund 2000 Mitgliedern bei der Generalversammlung eine verantwortungsbewusste, zukunftsorientierte Führungsmannschaft anbieten. Sie müssen sie nur noch wählen.
Es ist vielleicht das größte Verdienst von Gerhard Zibell, dass er seine Nachfolge klärte. Dass er den Verwaltungsapparat so organisierte, dass er weiterhin von ehrenamtlichen Kräften gemanagt werden kann. Und dass die auch Lust haben, sich zu engagieren. Das ist keine Selbstverständlichkeit, weil Zibell verdammt große Fußstapfen in der Vereinsgeschichte hinterlässt. In die zu treten, kann nicht nur begeistern, sondern auch verschrecken.
Der scheidende Vorsitzende übergibt einen TSV Gau-Odernheim, der so gut aufgestellt ist wie nie zuvor in seiner 140-jährigen Geschichte. Am intensivsten nimmt das die Öffentlichkeit durch die Erfolge im Fußball wahr. Unter der Leitung des Idealisten sind die Petersberger zu einem Spitzenklub im Südwestdeutschen Fußballverband aufgestiegen. Das macht ihn stolz. Zugleich aber verweist er darauf, dass die übrigen Abteilungen gleichfalls positive Entwicklungen genommen haben. Betont habe der Fokus während seiner Ära auf der Unterstützung des gesamten Vereinslebens gelegen.
Die DNA des TSV Gau-Odernheim ist, dass er sich als „Sportfamilie“ begreift. Die hat Zibell vielleicht nicht neu erfinden müssen, als er vor 14 Jahren als Vorsitzender in die Bresche sprang. Er trug allerdings maßgeblich dazu bei, sie weiter zu kultivieren. Der TSV Gau-Odernheim will nicht nur Sportverein sein, sondern Lebensgefühl. „Einmal TSV, immer TSV“, lautet das Credo, das auf der schmucken vereinseigenen Sportanlage inhaliert wird.
Zibell, der zunächst unter Tage arbeitete und später in der Gewerkschaft Karriere machte, ist beim TSV Vorbild in Sachen Identifikation. Das T-Shirt mit dem Vereinswappen auf der Brust und dem Vereinsschriftzug am Revers strahlt noch weißer als sonst, als er im Biergarten ins Erzählen kommt. Unglaublich, wie viel Idealismus er vorlebte und damit zum Mitmachen ermunterte. Sei es die Rentnergruppe, die sich mit um die Pflege der Anlage kümmert. Oder die Fußballer, die in Eigenregie die Umkleideräume sanierten. Ohne zupackende Hände aus dem Verein wären weder das sportliche noch das infrastrukturelle Angebot finanziell zu stemmen.
Mit viel Geschick fand Gerhard Zibell die richtige Balance zwischen Führung und Freiheiten der Abteilungen. So entwickelte sich beispielsweise die Dynamik bei den Fußballern aus der Abteilung selbst, reflektiert der ehrenamtliche Politiker: „Wir hatten das Glück, Leute zu haben, die konzeptionell denken“, sagt er und nennt in gleichen Atemzug Kai Preuß, Sascha Merz, Florian Diel, Michael Maier, Jonas Schittenhelm und Christian Stegmaier. Deren Vision war es, eine aufstrebende Jugendabteilung aufzubauen, die Jahre später den Erwachsenenbereich speisen soll. „Das ist bis heute unser Erfolgsrezept“, so der scheidende Vorsitzende.
Darüber hinaus beherrschte Zibell das Krisenmanagement. In 14 Jahren lief logischerweise auch mal etwas schief. Der Ur-Fußballer agierte aber immer im Vertrauen, dass sich alles zum Guten wenden könnte. Seien es personelle Vakanzen in den verschiedenen Führungsgremien des Vereins. Oder auch mal wirtschaftlich harte Zeiten wie die zurückliegenden anderthalb Jahre, in denen die Corona-Pandemie an der Substanz der Vereinskasse nagte. Mit vielen Gesprächen seien solche Schwierigkeiten gemeistert worden, schildert Gerhard Zibell lächelnd. In denen habe er meist überzeugend mit dem Fehlurteil aufräumen können, dass der TSV Gau-Odernheim seinen gehobenen Fußball finanzieren müsse. Sondern dass es um die hohe soziale Bedeutung geht, die der Klub im Dorf hat. Vielfältige Aktivitäten wie die in der 150-Mitglieder starken Leichtathletik oder bei den Turnern, dem Seniorensport oder der Kinder- und Jugendbetreuung – ohne den TSV wäre der Ort um einen echten Aktivposten ärmer. Ganz zu schweigen vom Biergarten, der ein echter Treffpunkt ist.
Diese Interpretation von Vereinsleben sei ansteckend, erzählt Gerhard Zibell. Und erwähnt dann die Eltern von Jugendfußballern aus dem südlichen Rheinhessen und dem Donnersbergkreis, die sich inzwischen im Vereinsleben miteinbringen. Die den Klub ehrenamtlich unterstützen beim Gau-Odernheimer Markt oder den Hallenmasters in der Petersberghalle. Das ist es, was Gerhard Zibell begeistert. Diese Kopplungseffekte, die aus dem eigenen Handeln und der eigenen Einstellung resultieren.
Hinzu kommt, die eigene Lebenswirklichkeit nicht zu pauschalisieren. Die jüngeren Generationen müsse man akzeptieren in dem, was sie tun. Und sie keines vermeintlich Besseren belehren. Im Gegenteil: Ihre Sorgen und Bedürfnisse ernstnehmen und mit ihnen Ideen entwickeln, wie sie sich ehrenamtlich einbringen können. Eventuell sogar Strukturen ändern, damit sie die Anforderungen ihres Lebens mit einer ehrenamtlichen Beschäftigung im Vereinsmanagement in Einklang bringen. Das ist der Schlüssel, weshalb der TSV Gau-Odernheim immer wieder Personal findet.
So auch für den Vorstand, der den Verein nach seinen Vorstellungen weiterentwickeln soll. Gerhard Zibell betont, da niemals reinreden zu wollen. Aber immer beratend zur Verfügung zu stehen, wenn seine Meinung gefragt sei. Und ansonsten sei er zukünftig ein ganz normales Vereinsmitglied im Stile des TSV. Also eins, das auch mal Hand anlegt und aktiv hilft.