A-Klassisten Pfiffligheim und Freimersheim mild bestraft
Der Spielabbruch von Freimersheim hatte Aufsehen erregt. Pfiffligheim verließ das Fußballfeld, weil ein Spieler rassistisch beleidigt wurde. Die Gebietsspruchkammer urteilte nun.
Von Claus Rosenberg
Sportredakteur Mainz
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ALZEY - Gefühlt liegt es lange zurück, dass der Fußball rollte. Dass so etwas wie Normalität herrschte, zu der auch eine ebenso intensive wie begründete Rassismus-Debatte gehörte. Damals, es war ziemlich genau vor vier Wochen, sorgte das A-Klassen-Spiel zwischen der SG Freimersheim/Ilbesheim und Normannia Pfiffligheim für Aufregung. Weil einer ihrer Spieler von einem Freimersheimer Zuschauer beleidigt wurde, packten die Wormser Vorortler ihre Sachen und verweigerten die Fortsetzung der Partie.
Nun hat die Gebietsspruchkammer ihr (noch nicht rechtskräftiges) Urteil gefällt: Demnach wurde festgestellt, dass Normannia Pfiffligheim diesen Spielabbruch schuldhaft herbeigeführt hat. Der Aufsteiger verliert die Begegnung mit 0:2 und muss 120 Euro Strafe zahlen.
Aber auch der TV Freimersheim wird zur Kasse gebeten. Er muss für die rassistisch eingestufte Äußerung des Zuschauers 500 Euro berappen. Da tröstet wenig, dass der Spitzenreiter der A-Klasse seinen Vorsprung auf die Konkurrenz um drei weitere Punkte ausbaute.
DAS URTEIL IM WORTLAUT
1. Normannia Pfiffligheim wird wegen schuldhaften Herbeiführens eines Spielabbruchs zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Euro verurteilt.
2. Die SG Freimersheim/Ilbesheim wird zum 2:0-Sieger erklärt.
TV Freimersheim wird wegen der Vernachlässigung der Platzdisziplin und unsportlichem Verhaltens eines Zuschauers mit einer Geldstrafe in Höhe von 500 Euro belegt.
4. Die Kosten des Verfahrens tragen beide Vereine je zur Hälfte.
5. Beide Vereine können gegen das Urteil Berufung einlegen.
Sandra Gitzel, die Vorsitzende der Gebietsspruchkammer, begründete das Urteil sehr ausführlich. Es sei für beide Vereine – gemessen am möglichen Strafrahmen – wohlwollend gefasst worden. Die Kammer würdigte sowohl das ehrenhafte Motiv der Pfiffligheimer, sich „solidarisch mit einem rassistisch beleidigten Mitspieler zu zeigen“, als auch die prompte Distanzierung der SG Freimersheim von dem Aggressor. Ordner hatten seinerzeit den Zuschauer unmittelbar des Geländes verwiesen. Außerdem entschuldigte sich der Verein glaubhaft bei Normannia Pfiffligheim und dem betroffenen Spieler. Außerdem bekannte sich die SG Freimersheim plakativ als Klub, der sich aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit positioniert.
Normannia ahnte, verantwortlich zu sein
Normannia Pfiffligheim ahnte bereits im Vorfeld, dass sie den Spielabbruch verantworten muss. Norman Kley aus dem Vorstand, der auch als Linienrichter bei der Partie dabei war, äußerte sich schon Stunden später mit dieser Einschätzung. Er sagte seinerzeit aber auch, dass die Mannschaft „ein Zeichen gegen üble Beleidigungen setzen wollte“.
Die Gebietsspruchkammer hätte gegen Normannia Pfiffligheim eine Geldstrafe zwischen 50 und 1500 Euro verhängen können. Das sieht die Strafordnung des Südwestdeutschen Fußballverbands vor. Wegen des „anerkennenswerten Motivs“ verständigte sich die Kammer auf die 120 Euro – also am unteren Rand des Strafrahmens, wie die Juristin erklärt.
SG Freimersheim haftet für Fehlverhalten ihres Fans
Auch im Fall von Freimersheim ließ die Kammer eher Milde walten. Rassistisch motivierte Vergehen können die Vereine laut Strafordnung schon beim ersten Vergehen drei Punkte kosten. Außerdem können Geldstrafen bis 10000 Euro verhängt werden. Dabei sei es für die Rechtsprechung des Verbands unerheblich, in welcher Verbindung der Pöbler zum Verein steht, also ob er Mitglied oder nicht Mitglied ist. Generell ist in der Strafordnung geregelt, dass Klubs „für das Verhalten der ihnen zuzurechnenden Zuschauer verantwortlich sind“. Die Kammer betont aber auch explizit in ihrer Urteilsbegründung, dass die SG Freimersheim die 500 Euro Strafe gegebenenfalls von dem betreffenden Zuschauer zivilrechtlich einfordern kann. Die SG könnte diesen Weg tatsächlich gehen, weil sie konkret weiß, um wen es sich handelte.
Vorsitzende noch nicht erreicht
Für eine Stellungnahme war gestern keiner der Vereinsvorsitzenden erreichbar. Insofern ist offen, ob das Urteil widerspruchslos akzeptiert wird.
Gefällt wurde es im schriftlichen Verfahren. Sandra Gitzel hätte zwar gerne eine mündliche Verhandlung anberaumt. Wegen der Bewegungseinschränkungen durch Corona verzichtete die Kammer jedoch auf diese Variante der Wahrheitsfindung.
Generell, so sagt Sandra Gitzel, registriere sie als Sportrichterin ein zunehmendes Bewusstsein für rassistisch motivierte Aktivitäten auf den Fußball-Plätzen. Es werde mehr darauf geachtet und angezeigt als in der Vergangenheit.