Zweimal gewannen die Basketballer des Theresianum den Bundeswettbewerb "Jugend trainiert für Olympia". 1993 stand ihnen der spätere Weltstar Dirk Nowitzki gegenüber.
MAINZ. Bei der Beobachtung des nächsten Gegners aus Würzburg war dem Mainzer Trainer Hans Beth ein Spieler in besonderem Maße aufgefallen. Weniger, weil der damals 14-jährige Basketballer deutlich länger war als seine Mitspieler. Sondern vor allem, weil fast das komplette Spiel der Würzburger über ihn lief. Also stellte er die von ihm betreute Schulmannschaft des Theresianum Mainz vor dem Viertelfinale des Bundeswettbewerbs "Jugend trainiert für Olympia" auf diesen auffälligen Gegenspieler ein, gab seinen Spielern die Aufgabe mit, ihn immer zu doppeln. Was gelang. Das Theresianum gewann das Viertelfinale, gewann am Ende des Finalturniers überraschend auch das Gesamtturnier 1993. Ein riesiger Erfolg. Und doch ahnte damals niemand, dass sie auf dem Weg zum Triumph einen der (später) weltbesten Basketballer aller Zeiten besiegt hatten: Dirk Nowitzki.
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Der blonde, lange Junge aus Würzburg
"Er war damals schon richtig gut, hatte aber noch keinen großen Namen", blickt Hans Beth zurück. Theresianum-Spieler Matthias Schäfer ergänzt: "Dass wir tatsächlich gegen Dirk gespielt haben, ist mir erst einige Jahre später bewusst geworden. Da war ich noch einmal als Co-Trainer dabei, Dirk war inzwischen eine große Nummer und übernahm die Preisverleihung. In diesem Zusammenhang erzählte er, dass er 1993 auch bei, Jugend trainiert für Olympia' dabei gewesen sei. Da hat es bei mir geklingelt: Moment, 1993 war doch auch das Jahr unseres Triumphes. Dann war er der blonde, lange Junge aus Würzburg, gegen den wir damals gespielt hatten." Fortan verfolgte Schäfer Nowitzkis Werdegang noch intensiver.
Gemeinsam ist beiden, dass das traditionell in Berlin ausgetragene Finalturnier zu den Höhepunkten ihrer Zeit als Basketball-Talente zählt. Das betont Nowitzki auch auf der Homepage des Wettbewerbs. Dort schreibt er: "Ich kann mich noch an das Finale von ,Jugend trainiert für Olympia' in Berlin erinnern. 1993 war ich ja noch ganz weit weg davon, Basketballprofi zu sein. Wir waren als Team nicht besonders gut, aber ,Jugend trainiert für Olympia' gemeinsam mit allen zu erleben, war toll. Ich war schon immer ein Riesenfan des olympischen Gedankens und 'Jugend trainiert' war diesbezüglich eine tolle Erfahrung."
Theresianum-Mannschaft eingespielt wie keine Zweite
Als Team besonders gut war damals hingegen die Theresianum-Mannschaft, die nicht nur 1993 die Altersklasse 14, sondern auch in nahezu unveränderter Besetzung 1995 die Altersklasse 15 gewann. Und das, obwohl mehrere Teams individuell besser besetzt waren. "Andere Mannschaften hatten bis zu vier Nationalspieler, bei uns war dort nur Alexander Schoch im erweiterten Kreis", sagte Beth. Allerdings war die Theresianum-Mannschaft eingespielt wie keine Zweite in Berlin, da sie nahezu identisch mit der Vereinsmannschaft war, die Beth ab der fünften Klasse der Schüler trainiert und aufgebaut hatte. Vor allem mit ihrer eingeübten Verteidigung, oft als Ganzfeldpresse umgesetzt, bereiteten sie den anderen Mannschaften Probleme. "Und dann kam dazu, dass wir in Berlin unseren Vereinstrainer dabei hatten, während andere Mannschaften meist von Sportlehrern gecoacht wurden", sagt Schäfer. Beth hatte sich dafür extra Urlaub genommen. "Und am Ende hatten wir auch Glück", findet Schäfer einen weiteren Erfolgsfaktor.
Als Schlüsselerfolg nennt er das Halbfinale 1993 gegen Grünberg. Die Mainzer kannten den hessischen Gegner von einigen Duellen, waren Außenseiter und lagen wenige Sekunden vor Ende zurück, als Grünberg auch noch ein technisches Foul zugesprochen bekam. "Doch sie haben die Freiwürfe verworfen, wir haben ihnen dann tatsächlich durch unsere Ganzfeldpresse den Ball abgenommen, noch ausgeglichen und in der Verlängerung gewonnen", erinnert sich Schäfer. Das Finale gegen Heidelberg war dann mit 43:27 Punkten eine klare Angelegenheit.
1995 Erfolg über Rhöndorfer Nationalspieler-Auswahl
Zwei Jahre später nahm das Turnier, wenn auch ohne Nowitzki, einen ähnlichen Verlauf. Vor allem das Duell mit Schloss Hagerhof Rhöndorf hatte es in sich. "Die waren alle einen Kopf größer als wir", erinnert sich Schäfer an das mit mehreren Jugendnationalspielern angetretene Team. Auch Beth wusste: "Von zehn Partien gegen Rhöndorf gewinnen die vermutlich acht." Aber an diesem Tag wuchs die Theresianum-Mannschaft über sich hinaus und holte den Sieg.
3500 Zuschauer sahen das Finale in der Berliner Eissporthalle, darunter Star-Trainer Svetislav Pesic, der Deutschland 1993 sensationell zum EM-Titel geführt hatte und 1995 Alba Berlin betreute. Die Goldmedaillen überreichte Theoman Alibegovic, damals Deutschlands Basketballer des Jahres.
"Jugend trainiert für Olympia" ist aber mehr als nur die Spiele. Das bedeutet für die Teilnehmer auch stets eine mehrtägige Fahrt in die Hauptstadt, das Gefühl von Zusammenhalt im Team und auch zwischen den Teams, die alle in derselben Unterkunft wohnten. Das galt auch für Nowitzki, den Beth damals schon als "absolut geerdet und ohne Allüren" wahrnahm. Und der so in Beths Augen auch später als Topstar geblieben ist. "Dirk war ein teamorientierter Spieler, der trainiert hat wie kein Zweiter und sich stets verbessert hat. Er ist einfach ein echtes Vorbild", sagt Beth über den Spieler, den sein Team 1993 geschlagen hatte.