Die Insolvenz von Thomas Cook hat die Urlauber verunsichert. Viele fragen sich: Kann mir das auch passieren? Wie kann ich vorsorgen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Von Hans-Werner Rodrian
Foto: adobe stock - irinastrel123
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Die größte Pleite in der Geschichte der Touristik hat etwa eine Dreiviertelmillion deutsche Urlauber betroffen. Sie haben entweder eine Reise gebucht und bezahlt, die sie vermutlich nicht antreten können. Oder sie wurden gar während des Urlaubs überrascht, sahen sich Geldforderungen des Hoteliers ausgesetzt, durften manchmal nicht mehr aufs Zimmer und bangten tagelang um den Rückflug. Kein Wunder, dass viele Menschen nun verunsichert sind. Wie kann man sich schützen? Lässt sich eine Reise überhaupt noch sicher buchen? Wir beantworten wichtige Fragen.
Sind Pauschalreisen nicht mehr sicher?
Das Thomas-Cook-Chaos mag solche Vermutungen aufkommen lassen. Aber Verbraucherschützer wie Reiserechtsexperte Felix Methmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband erklären: „Die Pauschalreise ist weiter die sicherste Reiseform.” Wer zwei wesentliche Reisebestandteile wie Flug und Hotel zusammen gebucht hat, der wird vom Gesetzgeber deutlich bessergestellt als der Individualtourist. Wenn das Hotel überbucht, das Zimmer unsauber oder die Verkaufsbeschreibung unrichtig war, dann kann er vor einem deutschen Gericht Entschädigung einklagen und muss sich nicht mit Widersachern in Antalya oder der Dominikanischen Republik herumschlagen.
Warum hatten die Thomas-Cook-Gäste dann trotzdem diesen Ärger?
Generell genießt der Pauschalurlauber Insolvenzschutz, wenn der Reiseveranstalter wie im Fall Thomas Cook pleite geht. Dann springt eine Versicherung ein und sorgt für die Fortzahlung der Reise und die Erstattung der angezahlten Gelder von Reisen, die nicht mehr angetreten werden können. Allerdings war Thomas Cook ganz offenbar unterversichert. Der Gesetzgeber erlaubte eine Risiko-Deckelung bei 110 Millionen Euro. Bei einem Gesamtschaden von mehr als einer halben Milliarde Euro werden die Geschädigten daher nur einen kleinen Teil ihres Gelds wiedersehen.
Was kann man tun, damit einem das nicht auch passiert?
Das ist momentan tatsächlich etwas problematisch. Zumindest Reiseunternehmen, die ihren Insolvenzschutz ebenfalls bei der Zürich Versicherung abgeschlossen haben, fallen bis zum Jahresende ebenfalls unter die Deckelung von 110 Mio. Euro.
„Bei einem kleinen Anbieter ist man daher möglicherweise sicherer aufgehoben“, sagt vzbv-Jurist Methmann. Denn dann ist der finanzielle Gesamtschaden geringer und die Chance größer, seine Kosten komplett erstattet zu bekommen.
Kann es sich lohnen, per Kreditkarte zu zahlen?
Ja, sagt die Stiftung Warentest: „Wer seinen abgesagten Urlaub mit Master- oder Visacard bezahlt hat, der kann sein Geld im sogenannten Chargeback-Verfahren zurückholen.” Dieses Verfahren ist eigentlich dazu da, Karteninhaber vor Kreditkartenbetrug zu schützen. Es greift aber auch in den Fällen, in denen bezahlte Leistungen nicht erbracht werden wie bei den abgesagten Reisen der Thomas-Cook-Gruppe. Das sei eindeutig so. Allerdings, so die Stiftung Warentest, informieren manche Banken ihre Kunden falsch.
Soll ich besser online buchen?
Eher nicht. Thomas Cook wurde ja zu einem erheblichen Teil über Online-Kanäle vertrieben. Und während in den Reisebüros sofort Hilfsaktionen für die betroffenen Kunden gestartet wurden (z.B. über www.reisebuero-hilft.de), sind derlei Aktivitäten von den großen Onlineportalen nicht bekannt.
Was passiert, wenn man bei einem Pauschalreiseveranstalter nur ein Hotel bucht?
Abgesichert sind nur Pauschalurlauber. Alle Kunden, die bei Thomas Cook nur ein Hotel, einen Flug oder eine sonstige Einzelleistung gebucht haben, waren überhaupt nicht abgesichert. Oft erfuhren sie nicht mal, ob ihre Buchung storniert ist, sondern mussten sich direkt im jeweiligen Hotel erkundigen.
Ist es sicherer, Flug und Hotel beim selben Anbieter zu buchen?
Ja. Wenn zwei „erhebliche” Leistungen innerhalb von 24 Stunden beim selben Reisebüro oder Onlineportal gebucht wurden, dann spricht der Gesetzgeber von „verbundenen Reiseleistungen”. Erheblich bedeutet: Jede der beiden Leistungen macht mehr als 25 Prozent des Gesamtreisepreises aus. Das können beispielsweise Flug und Hotel oder Flug und Mietwagen sein. Verbraucherschützer raten, den Buchungsvorgang genau zu dokumentieren. Im Streitfall kann das ein wichtiger Beweis sein.
Kann man selbst eine Versicherung gegen Veranstalterpleite abschließen?
Nein, das gibt es noch nicht. Bislang ging ja jeder davon aus, dass die Reise bereits abgesichert ist. Pleite-Versicherungen gibt es nicht einmal für Flugtickets, obwohl Air Berlin und Germania gezeigt haben, dass der Fall durchaus eintreten kann. Was es allerdings gibt, sind Servicepakete mehrerer Reisebüro-Organisationen, die Versicherungen für Flüge oder Hotelbuchungen enthalten. Die bekanntesten sind „Quality Plus” von der Reisebüro-Kooperation QTA und „DER Travel Care“ von Dertouristik. Beide Pakete bieten für Preise ab unter zehn Euro einen Insolvenzschutz für Einzelleistungen – bislang jedoch nicht für Pauschalreisen.
Aber im Internet wird doch meist ein zubuchbarer Reiseschutz angeboten. Was ist das?
Davon kann man nur abraten. Da zahlt man laut europäischer Versicherungsaufsicht Eiopa hohe Provisionen und hat letztlich wenig Leistung. Versichert werden bei solchen Paketen eben nicht Insolvenzen, sondern vorwiegend Kranken-, Rücktritts- oder Gepäckrisiken. Eiopa monierte überhöhte Provisionen der Portale bis 94 Prozent und obendrein sehr niedrige Schadensquoten, sprich: Die Versicherungsbedingungen sind oft so abgefasst, dass der Versicherer selten zahlen muss. Besonders ärgerlich: Oft bucht man unwissend nicht nur eine Versicherung für die geplante Reise, sondern ein Abo, das sich ab dem zweiten Jahr drastisch verteuert.
Sind Reiseversicherungen denn nicht sinnvoll?
Bei vielen Online-Portalen bekommt der Kunde die Versicherung gleich mit angeboten. Ein zusätzlicher Klick und schon ist die Sache erledigt. Auch im Reisebüro hört man am Ende fast immer die Frage „Wollen Sie noch eine Versicherung abschließen?“. Die besteht regelmäßig aus einem Paket samt Notfall-Hotline. Das mag praktisch klingen. Die Stiftung Warentest rät trotzdem ab: Die Pakete enthielten eine bunte Mischung aus wenigen sinnvollen und zahlreichen überflüssigen Policen. Besser sei es, die wirklich wichtige Auslandskrankenversicherung und gegebenenfalls eine Reiserücktrittsversicherung einzeln abzuschließen.