Im Winter sind die Tage kurz und die Nächte lang in Schweden. Da macht man es sich in der Weihnachtszeit am besten richtig gemütlich. Heimelig leuchten schon früh am...
. Im Winter sind die Tage kurz und die Nächte lang in Schweden. Da macht man es sich in der Weihnachtszeit am besten richtig gemütlich. Heimelig leuchten schon früh am Nachmittag die typischen Lichterbögen in den Fenstern der Häuser. Sogar die Büroetagen sind weihnachtlich dekoriert.
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Zur dunkelsten Zeit des Tages funkelt die Weihnachtsstadt Göteborg am hellsten. Eine drei Kilometer lange Lichterspur führt über den Hauptboulevard bis zum Freizeitpark Liseberg. Dieser ist die vorweihnachtliche Attraktion in der zweitgrößten Stadt Schwedens. Fünf Millionen Lichter an Bäumen und Häusern tauchen den Park in ein glitzerndes Licht. Ganz besonders stimmungsvoll ist es, wenn man mit dem Paddan-Boot vom Kungsportsplatsen über den alten Kanal bis nach Liseberg fährt. Weil es in den offenen Booten im Dezember recht frisch ist, ist es eine gute Idee, eine leichte Fleecedecke im Rucksack mitzunehmen. Mit der kann man seine Beine zudecken. Doch bevor es losgeht, gibt es zum Aufwärmen erst mal einen heißen Glögg – das schwedische Pendant zum Glühwein. Dazu schmecken dünne Pfefferkuchenherzen. Anders als bei uns spielt der Glögg auf schwedischen Weihnachtsmärkten keine Hauptrolle – höchstens die alkoholfreie Version. Das liegt daran, dass es in Schweden verboten ist, Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken.
Mit dem Paddan-Boot geht es unter etlichen Brücken hindurch auf die 45-minütige Kanaltour durch das weihnachtlich geschmückte Göteborg. Manche der Brücken sind so niedrig, dass die Bootsfahrer immer wieder den Kopf einziehen müssen. Während der Fahrt erfährt man, dass viele der schwedischen Weihnachtsbräuche aus Deutschland übernommen wurden: der Weihnachtsbaum und die
Adventskerzen zum Beispiel. Aber auch der Brauch, Lebkuchen zu backen und Weihnachtskarten zu
schicken. Dass die klassischen Weihnachtsfarben Rot und Weiß sind, haben die Schweden unter anderem Carl Larsson zu verdanken. Der Maler, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Stockholm geboren wurde, hatte eine Vorliebe für Familienszenen, die er zur Weihnachtszeit in eben diesen Farben malte.
In Liseberg angekommen, können sich die Besucher mit der ganzen Familie ins Getümmel stürzen: Hier gibt es insgesamt neun Weihnachtswelten mit gleich vier verschiedenen Weihnachtsmärkten. Ein ganz besonderes Erlebnis, nicht nur für Kinder, ist der Besuch beim Weihnachtsmann – dem Tomte. Durch einen winterweißen Tannenwald führt ein schmaler Pfad in einen Raum, in dessen Zentrum eine riesige Weihnachtswunschmaschine steht. Mit Feuereifer schreiben und malen kleine Kinder an den Tischen ringsum ihre Wünsche auf Zettel, die sie in eine Art Briefkasten in der Maschine stecken. Postwendend wird der Wunschbrief durch ein Röhrensystem zum Weihnachtsmann transportiert. Da wird so mancher Erwachsene wieder zum Kind und greift zu Stift und Papier, um seine Wünsche zu notieren.
Für die Dekoration des Winterwaldes wurden die Tannenbäume mit mehreren Tonnen Kunstschnee aus Papier verkleidet. Dieser wirkt so täuschend echt wie normaler Schnee. Zum Glück: Denn im vom Meer beeinflussten Klima in Göteborg kann man sich nicht darauf verlassen, dass es im Dezember Schnee gibt.
Was es aber mit Sicherheit gibt, ist Julbord, das Weihnachtsbuffet. Dieses traditionelle Weihnachtsessen, das von vielen Restaurants angeboten wird, ist ein Höhepunkt in der Vorweihnachtszeit. Es gibt vermutlich kaum eine Familie, die sich nicht mindestens einmal im Advent zum Julbord trifft. Eingelegter Hering ist ein wesentlicher Bestandteil des Buffets.
Im Sternerestaurant Sjömagasinet von Ulf Wagner gibt es allein 16 verschiedene Heringsgerichte. „Unbedingt probieren sollte man den Kaviar-Matjes“, empfiehlt der Küchenchef mit den österreichischen Wurzeln. Das genaue Rezept verrät er allerdings nicht. Es schmeckt jedoch deutlich nach Weihnachtsgewürzen. Dazu empfiehlt er Julöl, das schwedische Weihnachtsbier, das etwas stärker als normales Bier ist. Auch ein Schnaps (Aquavit) kann nicht schaden, damit die Verdauung angekurbelt wird. Mindestens sieben Mal solle man nämlich zum Buffet gehen, erklärt Ulf Wagner. Dort gibt es dann so Erlesenes wie geräucherte Lachs-Variationen, Schinken, kalte Pasteten, kleine Würstchen und Fleischbällchen sowie frittierten Dorsch, Lutefisk (ein nordisches Fischgericht aus Trockenfisch) und Gemüse wie Rotkraut oder Rosenkohl. Eine weitere typisch schwedische Weihnachtsspezialität ist „Janssons Versuchung“, ein Kartoffelauflauf mit Anchovis. Hungrig geht wohl kaum ein Gast nach Hause.
Hungrig bleibt man auch nicht, wenn man einen Ausflug zu den Schäreninseln unternimmt, die unweit von Göteborg vor der Küste Westschwedens liegen. Viele Göteborger haben hier ihre Sommerhäuser und natürlich gibt es auch dort im Advent Weihnachtsbuffets. Zum Beispiel in dem kleinen Ort Klädesholmen, der auch als Heringsinsel bekannt ist. Die Ursprünge des alten und einst florierenden Fischerdorfes reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück. Heute haben sich die verbliebenen fünf Fischerfamilien zu einem Unternehmen zusammengetan. „Klädesholmen Sillfood“ ist der zweitgrößte Produzent von eingelegtem Hering in ganz Schweden.
Und weil Hering nicht nur in der Adventszeit so beliebt ist, kann man auf Klädesholmen sogar selbst den gesalzenen Fisch einlegen. Jim Frisegard ist Chefkoch im Hotel „Salt & Sill“ und er zeigt den Gästen wie es geht. Zur Auswahl hat er zwei Rezepte mitgebracht: Hering in Holunder-Zitronen-Soße und Senf-Whiskey-Hering. Man kann sich gar nicht entscheiden, welches besser schmeckt. Noch größer wird die Qual der Wahl dann beim anschließenden gemeinsamen Heringsessen. Zu einem typisch schwedischen Heringsessen werden übrigens Pellkartoffeln, Schmand, gewürfelte Zwiebeln sowie hart gekochte Eier und Käsewürfel gereicht. Da wird man ordentlich satt.
Die hinzugewonnenen Pfunde schwitzt man sich am besten in der Sauna wieder vom Leib. Die besondere Herausforderung im Winter ist das anschließende Bad im Meer. Der perfekte Ort für solch ein Vergnügen ist das Hotel Gullmarsstrand in Fiskebäckskil. Der Bilderbuch-Ort scheint einem Astrid-Lindgren-Buch entsprungen zu sein. Beim Spaziergang durch die engen Gassen entdeckt man eine „Villa Kunterbunt“ nach der anderen. Und in jedem Fenster leuchten auch hier die Schwibbögen. Direkt an der Küste, dort, wo sich heute das Hotel Gulmarsstrand befindet, wurde 1913 das erste Badehaus auf der Schäreninsel eröffnet. Kaltbadehäuser sind ebenso typisch für Schweden wie Weihnachtsbuffets. Die Einheimischen lieben es, den Saunagang mit einem Bad im Meer zu beenden – auch bei einer Wassertemperatur von nur vier Grad. Eine steile Leiter führt daher auch neben der Sauna von Gullmarsstrand ins schwarze Nass. Da will man sich nicht lange aufhalten. Zumal es im Dezember – wie gesagt – schon am Nachmittag stockdunkel ist. Aber einmal wenigstens wollen es die Touristen ausprobieren und so machen auch sie die „Wikingerprobe“. Kaum sind sie die Leiter hinuntergestiegen und kurz untergetaucht, stürzen sie sich schon wieder kreischend die Treppe hinauf zurück ins warme Badehaus. Das macht Spaß und ist der perfekte Abschluss für ein langes Winterwochenende in Westschweden.