Die Villa Ephrussi de Rothschild ist ein architektonisches Prunkstück – und genauso einen Besuch wert wie die weitläufigen Gärten. Foto: Claudia Diemar
( Foto: Claudia Diemar)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
Wenn es einen Platz an der Côte d’Azur gibt, der sich bis heute eine geradezu aufreizende Exklusivität bewahrt hat, dann ist es das Cap Ferrat mit seinen riesigen Villengrundstücken inmitten subtropischer Gärten, die sich den Einblicken Normalsterblicher weitgehend entziehen. Alle Straßen führen entlang hoher Hecken und Zäune. Alles, was man sieht, sind Gärtner beim Baumschnitt oder schwer bewaffnete Bodyguards mit dunklen Brillen, die eine Einfahrt sichern, aus der irgendwann ein Tycoon treten wird, um in seine gepanzerte Limousine mit getönten Scheiben zu sinken.
Dennoch hat das Cap einige der wohl interessantesten Sehenswürdigkeiten der Gegend zu bieten: Drei historische Villen, die ganz unterschiedliche Geschichten über diesen Tummelplatz der Reichen, Schönen und Exzentriker erzählen.
Da ist zunächst die Villa Ephrussi de Rothschild, an der schmalsten Stelle der Halbinsel gelegen. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg ließ Béatrice Ephrussi de Rothschild hier einen veritablen Palast inmitten riesiger Gärten errichten. Die mit ausgesuchten Kostbarkeiten bestückten Räume zeugen vom damals ungeheuren Reichtum der Familie. Noch schöner sind die Außenanlagen mit einem halben Dutzend Themengärten samt Skulpturen und Wasserspielen, die zur Musik tanzen. Ein Café mit goldglänzenden Stühlchen empfiehlt sich für eine kleine Stärkung.
Die Villa Ephrussi de Rothschild ist ein architektonisches Prunkstück – und genauso einen Besuch wert wie die weitläufigen Gärten. Foto: Claudia Diemar Foto: Claudia Diemar
Die Villa Santo Sospir ist noch immer bewohnt. Touristen dürfen das über und über mit Wandgemälden von Regisseur Jean Cocteau verzierte Haus dennoch zu bestimmten Zeiten besuchen. Foto: Claudia Diemar Foto: Claudia Diemar
2
Während die heute von einer Stiftung verwaltete Villa Ephrussi von vielen Bewunderern besucht wird, ist die nahe gelegene Villa Santo Sospir ein absoluter Geheimtipp. Vor dem Besuch steht zwingend ein Anruf. Entweder hebt Eric Marteau persönlich ab oder man hört seine Ansage mit dem Hinweis auf aktuelle Öffnungszeiten. Genau dann hat man sich einzufinden, darf die Klingel drücken und sich von den beiden schwarzen Hunden begrüßen lassen, die Monsieur Marteau vorauslaufen. Eric Marteau ist nicht der Besitzer der im Übrigen ganz und gar nicht protzigen Villa, sondern ihr „Major domus“, wie er sich selbst bezeichnet. Und was er über das Haus zu erzählen hat, lässt die Besucher staunen.
INFORMATIONEN
Anreise: Nonstop-Flüge von Frankfurt nach Nizza z.B. mit Lufthansa, ab ca. 115 Euro pro Strecke, www.lufthansa.com.
Unterkunft: Hotel Le Provençal in Villfranche-sur-Mer, Mittelklassehaus mit Blick aufs Cap Ferrat, Doppelzimmer ab 90 Euro, www.hotelleprovencal.fr; Hotel Welcome in Villefranche-sur-Mer, elegantes Haus, in dem Cocteau einst wohnte, DZ ab 149 Euro, www.welcomehotel.com; Hotel Victoria in Roquebrune-Cap-Martin, am Strand mit Blick auf Menton, im Sixties-Stil als Hommage an die Künstler der Côte d’Azur, DZ mit Meerblick ab 87 Euro, www.hotel-victoria.fr.
Besichtigen: Villa Ephrussi de Rothschild, täglich von 10-18 Uhr geöffnet, Eintritt 14 Euro, www.villa-ephrussi.com; Villa Kérylos, täglich von 10-17 Uhr geöffnet, Eintritt 11,50 Euro, www.villakerylos.fr/en; Villa Santo Sospir, Cap Ferrat, täglich nach Vereinbarung geöffnet, Tel. 00 33 4 93 76 00 16, Eintritt 12 Euro, www.villasantosospir.fr.
Auskunft: Weitere Infos bei www.cotedazur-tourisme.com; www.frenchriviera-tourism.com.
Mitten im Zweiten Weltkrieg gibt Alec Weisweiller seiner jungen Frau Francine ein Versprechen: Wenn der Krieg überstanden ist, wenn die drohende Gefahr, dass sie als Juden doch noch entdeckt und deportiert werden, endlich ausgestanden sei, würde er ihr das Haus ihrer Träume kaufen. 1946 erwirbt er den Neubau eines Sommerhauses am Cap Ferrat – schlicht und von überschaubarer Größe, aber mit herrlichem Blick auf die gegenüberliegende Bucht von Ville-franche-sur-Mer. Bald darauf lernt die Hausherrin den Maler, Schriftsteller und Regisseur Jean Cocteau kennen und lädt ihn ein, sich von den Dreharbeiten zu „Les enfants terribles“ in ihrem Haus zu erholen.
Doch der Müßiggang ist nichts für den stets wie besessen arbeitenden Cocteau. Schon nach wenigen Tagen wird er unruhig. Um den Künstler zu beschäftigen, bittet ihn Madame Weisweiller, sich über dem Kamin zu verewigen. Apollo strahlt bald als Sonnengott über der Feuerstelle. Aber Cocteau legt den Pinsel nicht mehr weg. 1950 und 1951 verbringt er zwei „glückselige Sommer“ auf Leitern in der Villa. Eine Wand nach der anderen versieht er mit mythologischen Figuren. Da badet eine Nymphe, dort rekelt sich ein Faun oder ein junger Gott. Selbst Türen und Schrankfronten lässt er nicht aus. „Es geht nicht darum, die Wände einzukleiden, ich tätowiere sie vielmehr, so, wie man die Haut einer lebenden Person schmücken würde“, wird Cocteau zitiert. Auch das Kinderzimmer von Carole Weisweiller, der damals achtjährigen Tochter des Hauses, wird nicht ausgelassen.
Cocteau wählt zarte Farben und viele seiner Figuren ruhen oder schlafen sogar. Über dem Bett von Madame Weisweiller wacht ein Schäfer über die Träume. In diesem Bett stirbt Francine Weisweiller 2003 in den Armen von Eric Marteau, den sie als Krankenpfleger eingestellt hatte. Aus Dank für seine aufopferungsvolle Tätigkeit gewährt sie ihm ein lebenslanges Wohnrecht in einem Nebengebäude des Grundstücks. Seither kümmert sich Marteau als guter Geist um das Anwesen, führt Besucher herum oder bereitet die Ankunft von Familienmitgliedern vor.
Denn die Villa Santo Sospir ist kein Museum, sondern bis heute ein Haus, in dem gelebt wird. Deshalb finden sich im Salon ein Fernseher und eine gut bestückte Hausbar ebenso wie Keramiken von Cocteau und Picasso neben Familienfotos.
Monsieur Marteau wirkt so glücklich in seiner Rolle als Bewahrer der Herrlichkeiten wie es Cocteau mit dem Pinsel in der Hand einst gewesen sein muss. Er verweist noch auf die von Cocteau ausgestaltete Fischerkapelle in Villefranche sowie auf das nahe gelegene Menton, wo der berühmte Trausaal des Rathauses ebenfalls von Cocteau gestaltet wurde und ein glanzvolles Cocteau-Museum direkt hinter dem Stadtstrand wartet.
Nur ein Katzensprung ist es dagegen von dem tätowierten Sommerhaus Santo Sospir hinüber nach Beaulieu-sur-Mer, wo ein weiteres Anwesen eines ausgemachten Exzentrikers lockt: die Villa Kérylos.
Der begeisterte Hellenist Baron Theodor Reinach ließ das Haus von 1902-1910 ganz im Stil eines Hauses der griechischen Antike errichten. Dazu gehören auch eine elegante Badeanlage sowie Ruhebetten, auf denen wie im alten Griechenland gespeist wurde. Vielleicht hat sich Cocteau sogar die eine oder andere Inspiration von den Wandmalereien im Innenhof geholt.