Ein Stück Paris mitten in Las Vegas: Nachbauten aus anderen Städten sind auf wenigen Quadratkilometern vereint. Foto: Brigitte von Imhof
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Spiderman ist ein ziemlicher Hänfling und lässt einen auf dem gemeinsamen Foto unvorteilhaft wuchtig aussehen. Gerne drückt man dem Jungen ein paar Dollars in die Hand, damit er sich etwas zum Essen kaufen kann. Die beiden Showgirls, von denen sich vorzugsweise Männer in die Mitte nehmen lassen, machen mit ihren Federboas und langen Beinen schon etwas mehr her. Und zack, schon taucht Elvis auf und raunt „Are you lonesome tonight?“
Es ist gar nicht so leicht, in Las Vegas von A nach B zu kommen, weil es auf den Gehsteigen am berühmten Strip, einem Abschnitt des Las Vegas Boulevard, von Promi-Doppelgängern, Straßenmusikern, Artisten und Ticketverkäufern nur so wimmelt. Überlange Limousinen fahren Werbebanner spazieren, auf denen spärlich bekleidete Ladys mit Kontaktdaten ihre Talente anbieten. Auf Taxis wird für Shows geworben, und auf großen Leuchtreklamen wird man von Prominenten angestrahlt, die demnächst in der Stadt gastieren wie Britney Spears, Elton John und natürlich die große Celine Dion, die im Caesar’s Palace quasi „zu Hause“ ist.
Die Spielermetropole in der Wüste Nevadas übt eine ungeheure Faszination auf Menschen aus. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde inmitten der Wüsten-Wildnis des Bundesstaats Nevada eine Stadt errichtet, beflügelt durch große Wasserressourcen und die ideale Lage als Halteplatz an der Eisenbahnlinie zwischen Utah und Südkalifornien. Schnell wurde aus der „Fata Morgana“ ein Magnet für Arbeiter an den nahe gelegenen Silber- und Bleiminen und am Hoover-Staudamm. Die meist männlichen Singles suchten Ablenkung – und wurden in Bars und Spielhöllen fündig. Schließlich wurde 1931 das Glücksspiel legalisiert: Las Vegas’ Karriere als Vergnügungs- und Spielermetropole war der Weg geebnet. Glücksritter und Abenteurer, Mafiosi und Spekulanten ließen nicht lange auf sich warten. Hollywood-Stars fanden den Weg in das neue Paradies, darunter das legendäre Rat Pack mit Frank Sinatra, Sammy Davis Jr. und Dean Martin.
INFORMATIONEN
Anreise: Condor fliegt nonstop ab Frankfurt, ab ca. 870 Euro. Flugzeit circa 12 Stunden.
Beste Reisezeit: September bis Mai. Im Sommer steigen die Temperaturen nicht selten deutlich über 40 Grad.
Veranstalter: Sieben Übernachtungen im Bellagio, inkl. Condor-Flug ab / bis Frankfurt ab 1 144 Euro pro Person im Doppelzimmer (Neckermann Reisen). Drei Übernachtungen im Caesar’s Palace ab 177 Euro pro Person im Doppelzimmer (Dertour). Bally’s Hotel (nostalgisch, etwas angestaubt): ab 45 Euro pro Person im Doppelzimmer, www.caesars.com/ballys-las-vegas.
Ankommen in Las Vegas, das ist wie das Wiedersehen mit einem guten Bekannten. Schließlich kennt man die Stadt aus unzähligen Hollywood-Filmen. Trotz aller Vertrautheit meint man beim ersten Live-Anblick, das Opfer einer Sinnestäuschung zu sein. Nachbauten von New York und Ägypten, Paris und Venedig sind auf wenigen Quadratkilometern vereint. Lächerlich und fesselnd, kitschig und monumental.
Auf dem gut sechs Kilometer langen Strip hangelt man sich von einem Mega-Hotel zum nächsten, jedes für sich eine Sehenswürdigkeit. Von den 20 größten Hotels in den USA stehen allein 16 in Las Vegas, darunter Ikonen wie das MGM mit 5 000 Betten, das Caesar’s Palace, das Venitian mit seinen Kanälen und singenden Gondolieri oder das Mandalay Bay mit seinem Sandstrand. Vor dem Mirage bricht regelmäßig ein künstlicher Vulkan aus, und vor dem Luxor Hotel steht eine Pyramide, von deren Spitze ein Leuchtstrahl in den Himmel geschickt wird, den man selbst aus dem Weltall ausmachen kann. Und schließlich das Bellagio: Vor diesem eleganten Luxushotel breitet sich ein See aus, aus dem sich alle 30 Minuten das Wasserballett erhebt. Synchron zur Musik „tanzen“ die 1 214 Wasserfontänen bis zu 75 Meter hoch hinauf. Die Show gibt es in 29 Versionen. Es lohnt sich also, immer wieder vorbei zu schauen.
Aber was wäre Las Vegas ohne seine Casinos? Zehntausende Spielautomaten und Spieltische sind rund um die Uhr besetzt, es liegt eine spezielle Art von Aufgeregtheit in der Luft. Auch wenn andere Zockerhochburgen wie Macao der „Sin City“ längst den Rang abgelaufen haben, setzen die Casinos in Las Vegas stolze fünf Milliarden Euro pro Jahr um. Geld spielt inmitten der funkelnden Wüstenstadt die alles beherrschende Rolle.
Für Adrenalin-Junkies führt kein Weg am Stratosphäre Tower vorbei, mit 350 Metern der höchste freistehende Aussichtsturm in den USA. Nostalgiker, die nach dem einstigen Wahrzeichen der Stadt Ausschau halten, dem beleuchteten Wackel-Cowboy Vegas Vic, müssen sich etwas außerhalb des jetzigen Zentrums in die sogenannte Downtown begeben. Die einstige Prachtstraße Freemont Street ist mittlerweile komplett überdacht und nennt sich Freemont Street Experience. Ein Stück von Vegas Vics Cowboyhut musste dem Dach geopfert werden, und Vics „Howdy Partner“, das alle 15 Minuten erklang, ist verstummt, seit sich Schauspieler Lee Marvin über die Lautstärke beschwert hatte. Doch Katastrophen sehen anders aus und Las-Vegas-Besucher kehren ohne Wehmut zum modernen Stadtzentrum zurück.
Wenn die Sonne versinkt und die Abermillionen Lichter funkeln, zeigt die Spielerstadt, wo ihre großen Stärken liegen. Das Aufwärmen beginnt in den Cafés, Restaurants, Lounges und Bars, bevor sich die Mehrzahl der Besucher zu einer der Shows aufmacht. Viele dieser Bühnensensationen liegen weitgehend in den Händen des kanadischen Entertainment-Giganten Cirque du Soleil. „O“ und „Mystére“ sind die Publikumslieblinge, ebenso die Beatles-Hommage „Love“ und die fulminante Michael-Jackson-Show „One“, die „Blue Man Group“ und „Jersey Boys“. Wer Glück hat, erwischt den Auftritt einer der großen Rock-, Pop- oder Country-Legenden. Etwa Elton John, der mit seinem roten Piano regelmäßig im Colosseum auftritt. Was wo los ist, ist im Magazin „What’s on“ aufgelistet, das in den Hotels kostenlos ausliegt.
Längst definiert sich Las Vegas nicht ausschließlich über den Strip und seine Casinos. Davon zeugt auch die stetig wachsende Bevölkerung von mittlerweile rund 600 000 Einwohnern, rund zwei Millionen sind es inklusive der Außenbezirke. Darunter ist auch eine gute alte Bekannte aus Deutschland: Tennis-Queen Steffi Graf, die mit Ehemann Andre Agassi und ihren Kindern vor den Toren der Stadt lebt.
Las Vegas ist aber auch der ideale Ausgangspunkt zu Auto- oder Wohnmobilrundreisen zu den Nationalparks in Nevada, Arizona und Utah. Wenn man nach zwei oder drei Wochen in großartigen, einsamen Naturlandschaften wieder in Las Vegas eintrifft, erscheint einem die Glitzerstadt noch unwirklicher als schon zuvor. Ungläubig blickt man auf die Stadt herab, wenn man mit dem Flugzeug abhebt. Zurück in die Heimat, zurück in die Wirklichkeit. Schade eigentlich, aber gut so.