MAINZ - Gleich sieben Journalisten hatte die Financial Times in Bewegung gesetzt. Rechercheziel: Herausfinden, wer oder was wirklich hinter der chinesischen Mega-Gruppe HNA steckt. Jener Gruppe, die über eine Tochter 82,5 Prozent der Anteile am Flughafen Hahn erworben hat. Und die in den vergangenen Monaten nach Medienberichten für 40 Milliarden US-Dollar im Ausland auf Shopping-Tour gegangen ist. Die meisten Investitionen sollen kreditfinanziert worden sein. Berichte chinesischer Medien, HNA habe Kredite staatlicher Banken von umgerechnet 80 Milliarden Euro erhalten, etwa in der „South China Morning Post“, wurden wieder von den Webseiten der Zeitungen gelöscht. Im Reich der Mitte wird schnell reagiert.
Nur etwas Licht ins Dunkel rund um die HNA
Die sieben Journalisten der Financial Times brachten nur ein wenig Licht ins Dunkel. Denn HNA steht neben den Milliarden-Einkäufen vor allem für Intransparenz. Drei Privatpersonen sowie eine Stiftung („Cihang Foundation“) besitzen demnach insgesamt 82 Prozent der Anteile an der Gruppe, die Flughäfen, Airlines, Hotels und Unternehmen im Finanzsektor besitzt. Zu den Privatleuten zählen der Gründer Chen Feng sowie Aufsichtsratschef Wang Jian (beide 15 Prozent). Gänzlich unbekannt ist Guan Jun. Er hält immerhin 29 Prozent der Anteile, umso erstaunlicher ist es, dass sich zu ihm kaum Informationen finden. Nach den Recherchen der Financial Times sind in China diverse Geschäftsadressen Guans aufgeführt, darunter ein Schönheitssalon mit Namen „Oriental Aphrodite Beauty Spa“ in einem Wohngebiet in West-Peking. Nach Angaben der aktuellen Besitzer soll er diesen aber vor fünf Jahren verkauft haben. Eine andere Adresse führte „zu einer geschlossenen Tür in einem schäbigen Pekinger Geschäftsgebäude.“ Guans Wohnsitz ist Hongkonger Quellen zufolge ein Apartment im Südwesten Pekings. Dort wohnt aber eine unbekannte Frau, nicht der ominöse HNA-Anteilseigner.
Für Aufsehen sorgte in Sachen HNA in den vergangenen Wochen der chinesische Ex-Milliardär Guo Wengui, der in New York lebt. Wengui scheint über gute Kontakte zu Chinas Granden zu verfügen, so gut, dass die Zentralregierung sich mittlerweile freundlich an Interpol gewandt hat, damit der Landsmann wieder nach Hause kommt.
Der Ex-Milliardär Guo Wengui postet nicht nur gerne Bilder aus seinem Apartment in Manhattan, sondern gerne auch brandheiße Infos aus höchsten chinesischen Kreisen. Das meiste davon ist nicht nachprüfbar. Foto: Twitter/Youtube Foto: Twitter/Youtube
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Guo ist kein Mann der leisen Worte, über Twitter sendet er nicht nur Bilder von seinen Sportübungen im New Yorker Appartement in alle Welt – selbstverständlich mit Ausblick auf den Central Park –, sondern er „enthüllt“ auch regelmäßig Insiderinformationen aus höchsten chinesischen Kreisen. HNA ist offiziell in Privatbesitz. Guos Informationen zufolge jedoch gibt es Verbindungslinien in höchste Partei- und Regierungskreise. Dabei geht es um niemand geringeren als Politbüro-Mitglied Wang Qishan, zweiter Mann hinter Staatspräsident Xi Jingping und oberster Korruptionsbekämpfer Chinas. Wangs Familie habe heimliche Beteiligungen an der HNA, twitterte Guo. Angeblich soll Jingping sogar interne Untersuchungen gegen den Parteifreund angeordnet haben. HNA wies dies zurück, weder Qishan noch dessen Neffe besäßen Anteile an der HNA.
HAHN
Die 82,5 Prozent Anteile des Landes Rheinland-Pfalz am Flughafen Hahn wurden im März für 15,1 Millionen Euro an die Hainan Air Travel Services Co. ltd verkauft, Tochter der HNA Airport Group. Neuesten Infos zufolge wird eine Entscheidung der EU-Kommission zu dem Deal bis Mitte Juli erwartet. Erst dann geht der Besitz über.
Das Prinzip: Man kennt sich, man hilft sich
Der oberste Korruptionsbekämpfer in China selbst korrupt? Schlimmer als diese Behauptung selbst ist, dass es einen nicht einmal verwundern würde, wenn es stimmte. In China gibt es fast schon symbiotische Verbindungen zwischen Parteifunktionären und Unternehmern. Die Parteifunktionäre setzen die Rahmenbedingungen für Unternehmer, und diese zeigen sich dann erkenntlich, indem sie die Funktionäre oder deren Familienmitglieder direkt oder indirekt an ihren Geschäften beteiligen. Ein System, das man beispielsweise auch aus Kasachstan kennt.
Dass es eine enge Verbindung zwischen HNA-Gründer Chen Feng und Wang Qishan gibt, ist bekannt. Feng arbeitete in den 80er Jahren für Qishan, und dieser scheint auch beim Start der jungen Hainan Airlines, Keimzelle der späteren HNA, hilfreich gewesen zu sein. Man kennt sich, man hilft sich.