Windkraft-Branche klagt über neue Abstandsregeln und Mängel in der Übergangslösung
Von Mario Thurnes
Der Bundesverband Windenergie sieht dunkle Wolken über der Energiewende aufziehen und sieht Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz gefährdet. Foto: dpa
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MAINZ - Der Ausbau der Windkraft ist in Rheinland-Pfalz ausgebremst, dem ländlichen Raum gingen so Investitionen von 4 bis 5 Milliarden Euro verloren. Das hat der Bundesverband WindEnergie (BWE) mitgeteilt. Innenminister Roger Lewentz (SPD) und die Grünen beschwichtigen: Der Ausbau erfolge „mit Augenmaß“.
Die Wende von der Energiewende war eines der großen Wahlkampfthemen des FDP-Landesvorsitzenden Volker Wissing. Als seinen Erfolg in den Koalitionsverhandlungen feierte er, dass das Landesentwicklungsprogramm (LEP) in seinem Sinne geändert wurde – und gab dann die Zuständigkeit dafür an Lewentz weiter.
Der Innenminister beschwichtigt nun: Der LEP bedeute einen guten Kompromiss, der die Sorgen der Menschen aufgreife und die Ansprüche der Energiepolitik mit denen des Naturschutzes und der wirtschaftlichen Interessen verbinde. Und die Grünen verkünden: „Der Windenergieausbau in Rheinland-Pfalz geht weiter kontinuierlich und erfolgreich voran.“
WINDRÄDER
Für die Genehmigung von Windrädern sind die Kreisverwaltungen zuständig. Das Landesentwicklungsprogramm bietet die entsprechenden Richtlinien. Laut Windenergie-Verband werden sich die neuen Regeln nicht unmittelbar auswirken, sondern erst ab 2018.
Das sieht Wolfram Axthelm komplett anders: „Für den rot-grünen Teil der Ampel-Koalition stellt sich die Frage, ob man Inhalte der vergangenen Jahre komplett preisgibt“, sagt der BWE-Geschäftsführer. Und der Landesvorsitzende Ciro Capricano kündigt an: „Sollte die Teilfortschreibung des LEP wie geplant umgesetzt werden, gehen Arbeitsplätze und kommunale Einnahmen verloren und stehen die Landesziele für die Energiewende zur Disposition.“
Der BWE kritisiert, dass Windräder künftig nur noch in einem Abstand von mindestens 1000 Metern zu Wohnhäusern gebaut werden dürfen. Auch seien zu viele Flächen für die Räder tabu. Dadurch halbiere sich die potenzielle Fläche von 100 000 Hektar auf 46 000 Hektar. Statt wie bisher 1365 Gemeinden könnten nur noch 876 Gemeinden Projekte umsetzen. Durch den Wegfall von Investitionen in einer Höhe von bis zu 5 Milliarden Euro verlören die Kommunen über 20 Jahre gerechnet 750 Millionen Euro an Wertschöpfung durch Pachtzahlungen – unverzinst.
Höhne: „Das ist kein guter Stil“
Es sei das Privileg des Gesetzgebers, Regelungen zu ändern. Das müsse die Branche akzeptieren, sagt Hanns-Detlev Höhne, Vorstand der Mainzer Stadtwerke und stellvertretender Vorsitzender des Verbands Kommunaler Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Aber es sei „kein guter Stil, Projekte mit einem Schlag zu beenden“. Genau das habe das Innenministerium getan.
Eine Anweisung aus dem Hause Lewentz würden die Kreisverwaltungen nun so auslegen, dass für Genehmigungen schon die neuen Regeln des LEP gelten – obwohl das noch nicht einmal beschlossen ist. Mit der Folge: „Im Moment liegt alles auf Eis – nichts geht vorwärts. Niemand weiß, wie der Gesetzgeber entscheidet.“
Zwar habe es eine Übergangsregelung gegeben. Die habe aber nur für fertig genehmigte Projekte gegolten. Der Bau von Windrädern, berichtet Höhne, sei aber ein langwieriger Prozess, schon die Verhandlungen mit den Landwirten seien mitunter langatmig und schwierig. Die kommunalen Unternehmen bräuchten daher Vertrauensschutz. Den hätte das Land aber nicht geboten – und das, obwohl es die kommunalen Unternehmen gewesen wären, welche die Energiewende in Rheinland-Pfalz getragen hätten.
Außerdem kritisiert Höhne die Regelung im LEP zum Repowering. Damit ist gemeint, dass alte Windräder durch leistungsfähigere ersetzt werden. Ab 2020 stünde eine entsprechende Welle an. Im LEP stehe aber nun, dass neue Anlagen mindestens doppelt so leistungsfähig wie alte sein müssten. Das sei aber wirtschaftlich nicht überall möglich: „An manchen Standorten werden wir dann nicht weitermachen können.“