FONDS
Der bestehende Entschuldungsfonds in Rheinland-Pfalz ist auf 15 Jahre angelegt. Er soll ein maximales Volumen von 3,8 Milliarden Euro aufweisen. Laut Innenministerium wurden in den vergangenen sechs Jahren rund 930 Millionen Euro an Landeszuweisungen gezahlt. Zusammen mit den Konsolidierungsbeiträgen der Kommunen von 465 Millionen Euro komme man auf 1,4 Milliarden Euro.
MAINZ - In Statistiken schneidet Pirmasens, die Stadt in der Südwestpfalz, oft schlecht ab. „Niedrige Lebenserwartung, hohe Arbeitslosigkeit, leere Häuser“, schrieb unlängst die „Süddeutsche Zeitung“. Oberbürgermeister Berhard Matheis weiß sich angesichts medialer Abgesänge auf seine Stadt nur noch mit Sarkasmus zu helfen. In einem Offenen Brief schlägt er Journalisten-Weiterbildungen in Pirmasens vor. „Die Journalisten werden ausschließlich zu den unansehnlichsten, dunkelsten und Zerfall und Niedergang am eindruckvollsten dokumentierenden Quartieren der Stadt geführt“, schreibt er.
2015 war Pirmasens die am höchsten pro Kopf verschuldete Stadt der Republik. Matheis ist auch Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Städtetags. Als solcher fordert er einen zweiten Entschuldungsfonds für Rheinland-Pfalz. Der erste war vor fünf Jahren, noch unter Kurt Beck, auf den Weg gebracht worden. Die Kommunen, die mitmachten, erhielten Unterstützung des Landes dabei, Kredite zu tilgen und Zinsen zu zahlen. Im Gegenzug mussten sie sich verpflichten, ihren Haushalt zu konsolidieren. Günter Beck (Grüne), Finanzdezernent der Stadt Mainz, sagt, der Entschuldungsfonds habe durchaus Entlastung gebracht. Und die Stadt hatte Rückenwind, auch unangenehme Projekte auf Weg zu bringen, etwa Einsparungen bei Bibliotheken und eine Erhöhung der Grundsteuer B.
Allerdings reichte der Fonds nicht, die Kommunen wirklich zu entschulden. René Quante vom Bund der Steuerzahler spricht von einem „Flop“, da die Kassenkredite trotzdem weiter angestiegen seien. Die kommunalpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion Anke Beilstein, weiß auch warum: Denn der Fonds werde zu zwei Dritteln aus kommunalen Mitteln finanziert und nur zu einem Drittel aus Landesmitteln. Die Kommunen, so Beilstein, hätten sich nach Vorstellung des Landes „am eigenen Schopf aus der Verschuldung“ ziehen sollen.
Auf 6,6 Milliarden Euro summierten sich die Kassenkredite, auch Liquiditätskredite genannt, im Jahr 2016 in Rheinland-Pfalz. Kassenkredite sind eigentlich als kurzfristige Instrumente zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten vorgesehen. Tatsächlich dienen sie immer mehr einer langfristigen Defizitdeckung. Hier schlummert ein Sprengsatz, der zünden kann, sobald die Zinsen wieder steigen. „Ein Zustand, der nicht tragbar ist. Das weiß jeder“, sagt Ralph Spiegler (SPD), Vorsitzender des Städte- und Gemeindebundes Rheinland-Pfalz. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte am Dienstag, das Land habe in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, die Finanzlage der Kommunen zu verbessern – und werde das weiter tun. Alleine im aktuellen Doppelhaushalt seien die Mittel im kommunalen Finanzausgleich um weitere 332 Millionen Euro auf 2,9 Milliarden Euro angehoben worden. Das Innenministerium erklärte: Bei den Kassenkrediten ergebe sich ein sehr unterschiedliches Bild in Rheinland-Pfalz. Kreisfreie Städte und Kreise vereinigten fast 80 Prozent aller Kassenkredite. Das Ministerium rät den betroffenen Kommunen, die Empfehlungen des Rechnungshofs umzusetzen, das heißt etwa Anhebung von Grund- und Gewerbesteuer, aber auch viel konsequentere Konsolidierung auf der Ausgabenseite. Auch der Bund stehe in der Pflicht, sich stärker an den Ausgaben der Sozial- und Jugendhilfe zu beteiligen.
Hessen geht einen anderen Weg und übernimmt zum 1. Juli kommenden Jahres die Kassenkredite der Kommunen in Höhe von sechs Milliarden Euro. „Das ist eine Finanzhilfe, die sich wirklich sehen lassen kann“, so René Quante. Einen dauerhaften Ausstieg aus der Schuldenspirale biete aber auch dies nicht. „Die Ampel-Regierung sollte sich daher ohne Wenn und Aber für die strikte Anwendung des Konnexitätsprinzips auf Landes- und Bundesebene stark machen.“ Wer bestelle, müsse eben auch bezahlen – oder seine politischen Wohltaten hinterfragen.