Verschmelzung von ARD und ZDF? Politiker aus Hessen und Rheinland-Pfalz kritisieren CSU-Vorschlag

Wie geht es weiter mit ARD und ZDF? Ginge es nach der CSU, soll es künftig nur noch eine Fernsehanstalt geben. Foto: dpa
MAINZ / WIESBADEN - Horst Seehofer ist mittlerweile bekannt dafür von München aus markige Sprüche und - im Rest der Republik - durchaus kontrovers diskutierte Ideen in die Bundesländer zu schicken. Nun will er mit seiner CSU dafür sorgen, dass ARD und ZDF langfristig verschmelzen. Da schrillen bei manchen Politikern die Alarmglocken. Nichts als Populismus sei das, meinen Kritiker.
Die Chefin der Länder-Rundfunkkommission, Malu Dreyer (SPD), lehnt den Vorschlag von CSU-Chef Horst Seehofer nach einer Zusammenlegung von ARD und ZDF ab. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin erklärte: „Nach meiner Auffassung bedarf es zur öffentlich-rechtlichen Auftragserfüllung sowohl der ARD-Landesrundfunkanstalten wie auch des ZDF und des Deutschlandradios.“ Die Konkurrenz zwischen beiden Sendern steigere die Qualität und garantiere eine vielfältige Berichterstattung und damit auch die notwendige Pluralität. Solche „populistischen Initiativen“ beobachte sie mit „großer Sorge“.
Zurückhaltend äußert sich Marlehn Thieme, Fernsehratsvorsitzende des ZDF. „Ministerpräsident Seehofer steht es als Mitglied des Verwaltungsrates des ZDF frei, Überlegungen über eine einheitliche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in den Gremien des ZDF anzusprechen.“ Die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks könne jedoch nicht nur unter Organisationsaspekten, sondern muss auch unter programmlichen Gesichtspunkten und gesellschaftspolitischen Erwägungen diskutiert werden.
Der Vorschlag
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und langfristig eine Zusammenlegung von ARD und ZDF.
Harald Brandes, stellvertretender Vorsitzender des HR-Rundfunkrates, spricht gegenüber dieser Zeitung von einer „überraschenden Mitteilung“ Seehofers. Für Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, ist das, was Seehofer fordert „Populismus“. Rößner: „Ohne Sinn und Verstand werden vermeintlich populäre Forderungen ausposaunt, ohne sich mit dem Thema seriös zu befassen.“
"Breites Angebot wichtig"
„Seehofer bedient mit seinem Vorstoß die Forderung der Rechtspopulisten. In Deutschland ist die Pluralität der Medienlandschaft, gerade die des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ein wichtiges Gut“, sagt Bernhard Braun, medienpolitischer Sprecher der rheinland-pfälzischen Grünen. ARD und ZDF müssten beide die Möglichkeit haben, unabhängig zu berichten, meint Braun. „Aktuell gibt es viele komplexe Themen und da ist ein breites mediales Angebot besonders wichtig, um politische Sachverhalte zu diskutieren und einordnen zu können.“
Das sieht Michael Siebel, medienpolitischer Sprecher der SPD in Hessen, ähnlich. „Die Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich wie kaum ein anderes Land der Welt durch ihr plurales Rundfunksystem aus. Dieses basiert auf der Zusammenarbeit zwischen ZDF, der ARD und dem Deutschlandfunk. Auch wenn dieses System hin und wieder infrage gestellt wird, beneiden uns viele zentralistisch organisierten Länder der Welt um diese Grundstruktur“, betont Siebel. Wenn der bayrische Ministerpräsident in der Ministerpräsidentenkonferenz einen solchen Vorschlag machen wolle, dann müsse er es auch tun. Frei nach dem Motto: „Nicht nur die Lippen Spitzen, sondern auch pfeifen“. Er selbst sehe derzeit keinen Bedarf für eine solche Diskussion.
Anbiederung bei Rechtspopulisten?
Die hessischen Grünen stimmen deutliche Töne an: „Der CSU ist offenbar jedes Mittel recht, um sich bei Rechtspopulisten anzubiedern. Mit dem abwegigen Vorschlag einer Zusammenlegung von ARD und ZDF betreibt sie das Geschäft derer, die den „Lügenpresse“-Vorwurf im Munde führen“, sagt Jürgen Frömmrich. Es gebe zwar berechtigte Kritik an den öffentlich-rechtlichen Programmen. „Das ist aber noch lange kein Grund, die Axt an die Medienvielfalt zu legen, die ein wichtiger Baustein jeder demokratischen Gesellschaft ist – auch wenn Horst Seehofer vor belanglosen Dschungel- und Kuppelshows im Privatfernsehen weniger Angst hat als vor kritischem Journalismus, der zum Auftrag von ARD und ZDF gehört“, meint der medienpolitische Sprecher der hessischen Grünen.
Für Joachim Paul (AfD Rheinland-Pfalz) setzt der CSU-Vorschlag falsch an. „Wir halten nichts davon, denn es geht doch nicht um eine Zusammenlegung von ARD und ZDF. Es muss um die Inhalte der Programme gehen. Die Sender müssen zurück zu ihrem Auftrag der Grundversorgung. Sie müssen beispielsweise Kultur und Dokumentation anbieten, aber nicht hinter dem Programm der Privaten herlaufen“, fordert Paul.
Für Daniel Schäffner von der SPD in Rheinland-Pfalz ist klar: Beide Medienanstalten sollen bleiben. „Sie haben eine sehr große Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung in der Gesellschaft und stehen für Meinungspluralismus und kulturelle Vielfalt. Auch dank ARD und ZDF steht Deutschland bei der Programmqualität besser da als viele andere europäische Staaten“, meint der Medienexperte der Sozialdemokraten. Allerdings sei es durchaus nötig, auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk stetig Kooperations- und Einsparpotenziale zu identifizieren.
FDP: Vorschlag ist unglaubwürdig
Dass die ARD-Anstalten bereits einige Schritte der Einsparung und internen Strukturveränderung gegangen sind, betont indes Karin Wolff, medienpolitische Sprecherin der CDU in Hessen und Rundfunkratsmitglied. „Die Existenz von ARD und ZDF garantiert doch gleichermaßen Pluralität im öffentlich-rechtlichen Bereich und eine sinnvolle Kooperation und Absprache“, meint Wolff.
Steven Wink von der rheinland-pfälzischen FDP sagt derweil: „Die CSU hat in der Vergangenheit alle Rundfunkstaatsverträge bereitwillig mitgetragen. Daher ist der Vorschlag von Horst Seehofer, die ARD und das ZDF zusammenzulegen, unglaubwürdig.“