Tausende Flüchtlinge nehmen an Integrationskursen des Bundes teil – eine Erfolgskontrolle gibt es aber nicht
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Welchen Erfolg haben Integrationskurse? Darüber gibt es in Rheinland-Pfalz keine verlässlichen Zahlen. Archivfoto: dpa
( Foto: )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ/BERLIN - „Nach wie vor hohe Zugangszahlen beim Integrationskurs“, schwärmte das Bundesamt für Migration (BAMF) in einer Mitteilung. Das war im Februar. Doch wie sind die Erfolgsquoten beim Versuch, Flüchtlinge zu integrieren? Da heißt es: Fischen im Trüben. Zu den Kursen gibt es lange Zahlenkolonnen, Statistiken bis hin zu der Frage, welche Farbe die Strümpfe des Deutschlehrers haben, flapsig ausgedrückt. Aber keine Erkenntnisse.
Dabei würde sich der Blick lohnen. Zum Beispiel nach Zweibrücken in der Pfalz. Dort wurde im Jahr 2017 insgesamt 808 Teilnehmern ein Integrationskurs angeboten, 463 haben ihn angenommen, aber nur 255 haben erfolgreich abgeschlossen. Knapp sechs Prozent hatten abgebrochen. Sanktionen gab es in 15 Fällen. Für das Jahr 2016 sind die Zahlen ähnlich. So die Antwort des Integrationsministeriums auf eine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Christoph Gensch.
Wer an einem solchen Kurs teilnimmt – und das sind nicht nur Flüchtlinge –, lernt Deutsch und Wissenswertes zu Geschichte, Rechtsordnung und Werten in Deutschland. 290 000 Menschen begannen 2017 einen Integrationskurs. Die CDU-Opposition beißt sich schon seit Wochen bei diesem Thema regelrecht die Zähne aus. Sie will vom rheinland-pfälzischen Integrationsministerium wissen: Wie viele brechen ab, wie viele lehnen ab, wer schafft den Abschluss, wer kommt nur unregelmäßig? Inwiefern gibt es Sanktionen?
TRÄGER
2017 gab es rund 1700 Träger von Integrationskursen. Jeder dritte Träger war eine Volkshochschule. Auf den weiteren Plätzen folgten Sprach-/Fachschulen, Bildungswerke /-werkstätten, freie Träger, überbetriebliche Aus- /Fortbildungsstätten.
Zweibrücken ist die absolute Ausnahme
Das Integrationsministerium hat diese Zahlen nicht. Das BAMF schickt auf Anfrage zwar mehr als 100 Seiten Material, kann aber mit den Abbrecherzahlen ebenfalls nicht dienen. Auch die Bundesagentur für Arbeit kann nur bedingt zur Erhellung beitragen. Das Mainzer Ministerium wiederum ist auf die Kommunen angewiesen. Zweibrücken ist die absolute Ausnahme. Das sorgt für Zoff mit der Opposition: Im Januar hatte die CDU versucht, Abbrecher- und Erfolgszahlen, bezogen auf Flüchtlinge, für einzelne Kommunen in Rheinland-Pfalz abzufragen. Nun werfen die Christdemokraten dem Integrationsministerium von Anne Spiegel (Grüne) vor, Daten zurückgehalten zu haben. Das Ministerium dementiert, räumt aber in drei Fällen eine Panne in den Abläufen ein.
Christoph Gensch (CDU) spricht von einer „höchst fragwürdigen Informationspolitik“. Die Regierung solle, statt zu „mauern“, lieber die Ausländerbehörden dabei unterstützen, Sanktionen zu verhängen. „Oder verschließt hier das Ministerium bewusst die Augen vor der Tatsache, dass erfolgreiche Integration eben auch von der Bereitschaft der Asylsuchenden abhängt?“ Das Prinzip Fördern und Fordern, wettert Gensch, müsse „auch im Ministerium endlich ernstgenommen werden“.
Abgesehen von der Frage, welches Motiv das Spiegel-Ministerium haben sollte, Daten nicht weiterzureichen: Mit den Integrations- und Sprachkursen wird von diversen Trägern eine Stange Geld verdient. Ein Drittel der Träger waren im Jahr 2017 Volkshochschulen. Will man es vielleicht nicht so genau wissen?
Das BAMF behält bei den Integrationskursen zwar die Oberhand. Doch vor Ort sind die Kommunen und Jobcenter verantwortlich. Zahlen zu Abbrüchen von Flüchtlingen hat keiner der Beteiligten. Beispiel Mainz. Es gebe kein „valides Datenmaterial“, heißt es vom Jobcenter Mainz in der Beantwortung einer Anfrage des Landtagsabgeordneten Gerd Schreiner (CDU). „Gefühlt“ scheint in Mainz alles in Ordnung, entnimmt man dem Text. Natürlich gebe es bei Flüchtlingen, wie generell in „Integrationsprozessen“, auch „Abweichungen am ursprünglich geplanten Integrationsweg“. Doch Flüchtlinge würden sich nicht negativ von anderen Personengruppen abheben, seien viel „termintreuer“. „Störungen im Ablauf sind vorrangig auf sprachbedingt eingeschränkte Kommunikation zurückzuführen“. Was ja auch kein Wunder ist, schließlich sollen Leute dort ja Deutsch lernen. Und das BAMF ergänzt: Die Gründe für einen Abbruch könnten vielfältig sein: Krankheit, Schwangerschaft, Arbeitsaufnahme, Wiederaufnahme des Kurses bei einem anderen Träger.
Dass sich im Bund was tun muss, haben die Integrationsminister der Länder, auch aus Rheinland-Pfalz, schon im vergangenen Jahr festgestellt und das BAMF aufgefordert: Konzept und Organisation der Integrationskurse müssen verbessert werden, Qualität und Effizienz grundlegend überprüft und auch Daten zu Abbruchgründen erhoben und den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Womit man wieder bei der Frage angelangt ist, ob das auch gewollt ist.