Schiersteiner Brücke: Autofahrer müssen noch bis 2021 durchhalten
2021 soll die neue Schiersteiner Brücke mit insgesamt sechs Fahrspuren stehen. Die S-Kurve nach Rheinland-Pfalz wird aber noch lange bleiben – das Bundesland hinkt hinterher.
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
2021 soll der Neubau der Schiersteiner Brücke stehen. Der Blick von Mainz-Mombach auf die Baustelle.
(Foto: Harald Kaster)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ/WIESBADEN - Wer täglich zwischen Wiesbaden und Mainz pendeln muss und auf das Auto angewiesen ist, braucht Nerven wie Drahtseile. Erst recht, nachdem auch mit der Theodor-Heuss-Brücke eine wichtige Achse gesperrt ist. Umso stärker fällt der Blick auf die Schiersteiner Brücke. Auf beiden Rheinseiten wird derzeit gebaut: in Hessen am zweiten Teil des Neubaus, in Rheinland-Pfalz am sogenannten Herzstück Ost samt Zufahrtsrampe. Es ist das Verbindungsstück zwischen eigentlicher Schiersteiner Brücke und der A643 im rheinland-pfälzischen Teil. Wie wichtig es ist, merkte man, als vor fast fünf Jahren ein Pfeiler wegknickte, das Bauwerk absackte und die Schiersteiner Brücke acht Wochen außer Gefecht war.
Seitdem geht es in einer S-Kurve auf der A 643 von Hessen nach Rheinland-Pfalz. Nachfrage an die Landesbetriebe in Hessen und Rheinland-Pfalz. Wie ist der Sachstand? Zunächst Hessen. Nach Auskunft des Landesbetriebs Hessen Mobil liegen die Arbeiten „voll im Zeitplan“, heißt: Gesamtfertigstellung 2021. Das bedeutet, dass dann zwei neugebaute Brückenteile stehen, jedes Teil wird drei Fahrstreifen plus Standstreifen haben.
Derzeit baut Hessen weiter am östlichen Neubau der Schiersteiner Brücke. Die Produktion der Stahlteile – die Schiersteiner Brücke ist eine komplette Stahlproduktion – läuft noch, befindet sich aber in der Endphase. Der sogenannte Überbau der Brücke ist zu 60 Prozent fertiggestellt.
NATURSCHUTZ
Die A 643 führt auf rheinland-pfälzischer Seite durch sensible Natur- und Vogelschutzgebiete. Deshalb wehren sich die Verbände gegen den Ausbau auf sechs Spuren. Infos zu den Argumenten der Naturschützer unter www.mainzer-sand.de
Brückenteil hat Gewicht von 50 Schützenpanzern
Bereits 2019 wurde in Schierstein und über der Rettbergsaue die Brücke auf die Pfeiler geschoben. Eine Herkulesaufgabe kommt noch: Ein 120 Meter langes und 2000 Tonnen schweres Stahlteil ist auf einem früheren Firmengelände in Wiesbaden-Schierstein gefertigt worden. Es soll voraussichtlich am 18. Februar dieses Jahres „eingeschwommen“ werden, also zum eigentlichen Ort des Einbaus transportiert werden. 2000 Tonnen – das bringen etwa 50 Schützenpanzer vom Typ „Puma“ auf die Waage. Die Gesamtkosten des Neubaus der Schiersteiner Brücke bleiben laut Hessen mobil unverändert bei 216 Millionen Euro.
Wie sieht es auf rheinland-pfälzischer Seite aus? Auch hier wird weiter fleißig gearbeitet. Der Überbau des „Herzstücks Ost“ wurde bereits im September betoniert. Dabei wurden 1500 Kubikmeter Beton verbaut. Das entspricht etwa dem Volumen des Wassers, das in ein 50 Meter langes Schwimmbecken mit sechs Bahnen passt.
Derzeit wird an der Rampe gewerkelt, welche vom Mombacher Kreisel in Fahrtrichtung Wiesbaden auf die Brücke führen wird. Vier von insgesamt zehn Feldern des Überbaus der Rampe müssen noch betoniert werden. Kommende Woche soll hier der Beton fließen. Autofahrer, die aus dem Mainzer Industriegebiet auf die A643 nach Wiesbaden auffahren wollen, müssen sich noch bis mindestens Mitte des Jahres gedulden. Derzeit werden sie umständlich auf die A 643 in Richtung Bingen geleitet, müssen bei Gonsenheim ab und auf der anderen Seite wieder auf die Autobahn auffahren. Eine Sprecherin des Landesbetriebs Mobilität (LBM): „Die gesamte Fertigstellung des Herzstücks Ost und der anschließenden Rampe ist für Sommer 2020 geplant. Danach soll die derzeit stillgelegte Rampe von Mainz Richtung Wiesbaden wieder geöffnet werden.“
A 643: Noch viele Unwägbarkeiten
Die S-Kurve nach Rheinland-Pfalz wird jedoch auch über 2021 hinaus noch lange bleiben – Relikt ideologischer rot-grüner Verkehrspolitik. Für eine gerade Überführung bräuchte es sechs Fahrstreifen der A643 in Rheinland-Pfalz. Dazu läuft derzeit das Planfeststellungsverfahren. 434 Privatpersonen haben Einwendungen gegen den Ausbau eingereicht, fünf Umwelt- und Naturschutzverbände ihre Stellungnahmen abgegeben. Die Auswertung läuft noch; einen Termin für ein Erörterungsverfahren steht noch nicht fest. Auch kann der LBM noch nichts dazu sagen, wann der Planfeststellungsbeschluss erlassen werden könnte. Eben noch zu viele Unwägbarkeiten.