Allerdings werden die Postkarten nicht überall am selben Tag im Briefkasten landen. Die Nachrichten dürften die größte Briefwahl-Welle in der Landesgeschichte richtig lostreten.
Von Ulrich Gerecke, Birgit Reichert und Ira Schaible
Von der Ausnahme zur Regel: Bis zum 14. März könnten über die Hälfte der Rheinland-Pfälzer schon per Brief gewählt haben.
(Foto: dpa)
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MAINZ/BAD EMS - „Mit freundlichen Grüßen, der Landeswahlleiter.“ Solche Post werden rund 3,1 Millionen Rheinland-Pfälzer in den kommenden drei Wochen bekommen. Seit Montag werden landesweit die Wahlbenachrichtigungen an alle Bürger verschickt, die am 14. März über die Zusammensetzung des neuen Landtages in Mainz abstimmen dürfen.
Entscheidendes Datum war der 42. Tag vor der Wahl
Entscheidendes Datum dafür ist der vergangene Sonntag gewesen. Der 42. Tag vor einer Wahl, im konkreten Fall also der 31. Januar, ist der „Stichtag für die Eintragung der Stimmberechtigten in das Wählerverzeichnis“. Weil nun also im Wesentlichen feststeht, wer überhaupt wählen darf, können auch die Wahlbenachrichtigungen verschickt werden. Das passiert allerdings nicht zu einem einheitlichen Stichtag, sondern kann von Ort zu Ort variieren, weil der Versand – wie so Vieles bei einer Wahl – Aufgabe der Kommunen ist, also einer Verbandsgemeinde oder einer freien Stadt oder Gemeinde. Klar ist nur das Enddatum dieser Aktion: Bis zum 21. Februar müssen alle Wahlbenachrichtigungen verschickt sein.
Die Wahlbenachrichtigung dürfte auch der Startschuss zur vermutlich größten Briefwahl in der Geschichte von Rheinland-Pfalz werden. Zwar konnte man schon vorher formlos bei seiner Wohnsitzgemeinde Briefwahlunterlagen anfordern, persönlich oder per E-Mail, nicht aber telefonisch oder per SMS. Allerdings befindet sich auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung der Antrag auf einen Wahlschein, den man zur Briefwahl nutzen kann. Die große Welle dürfte also jetzt erst losgehen.
Dass sie größer wird, als je zuvor, ist unter Politikern und Beobachtern unstrittig. Der Trend geht schon seit Jahren zur Briefwahl, durch Corona wird er noch einmal verstärkt, eine Begründung für diese Wahlart muss der Stimmberechtigte auch nicht liefern. SPD-Generalsekretär Daniel Stich hält es für möglich, „dass weit über die Hälfte der Wählerinnen und Wähler Briefwahl machen wird“. Die Landeswahlleitung in Bad Ems hat sich jedenfalls auf alles vorbereitet und vorsorglich schon im vergangenen Sommer Druckaufträge für 3,2 Millionen Briefwahlunterlagen erteilt. Theoretisch könnte also jeder Rheinland-Pfälzer von zu Hause wählen. Eine landesweite reine Briefwahl sieht das Landeswahlgesetz nicht vor, aber im Falle größerer Corona-Ausbrüche wäre sie zumindest in einzelnen Wahlkreisen oder Stimmbezirken möglich. Die Hürden dafür sind indes so hoch, dass Landeswahlleiter Marcel Hürter den 13 Anträgen auf regionale Briefwahl am Mittwoch eine Absage erteilt hat: Momentan lägen die Voraussetzungen dafür nicht vor.
Bleibt die Frage, welchen Einfluss ein hoher Briefwähleranteil auf das Ergebnis hat. Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Uwe Jun wird die Briefwahl vor allem der CDU und den Grünen nutzen. „Für viele CDU-Wähler haben Wahlen eine Art Pflichtcharakter, und die Grünen haben die größte politikinteressierte Klientel“, sagte Jun, der an der Universität Trier lehrt. Für die AfD sei die Briefwahl am schwierigsten. „Viele ihrer Wähler entscheiden sich eher kurzfristig und viele sind weniger politikinteressierte Wähler.“ Grundsätzlich machten an Politik besonders interessierte Menschen stärker vom Instrument der Briefwahl Gebrauch. Der SPD falle es häufig auch eher schwer, ihrer Wähler bei der Briefwahl zu mobilisieren.
Der Mainzer Politikwissenschaftler Kai Arzheimer rechnet mit einer zusätzlichen Mobilisierung durch die Corona-Pandemie. Durch diese Krise sei die Landespolitik „vielleicht ein bisschen interessanter als bei anderen Wahlen, vielleicht zieht es auch ein paar frühere Nichtwähler an die Urne“. Bei der Landtagswahl 2016 hatte die Wahlbeteiligung bei 70,4 Prozent gelegen. „Das war schon ziemlich hoch und hing zusammen mit einer Mobilisierung bezüglich der Zuwanderung, wo es auch in Rheinland-Pfalz eine Polarisierung gab“, sagte Arzheimer. Für die bevorstehende Wahl rechnete er ebenfalls mit „wahrscheinlich eher wieder 70 Prozent“.