Noch wird gebuddelt: 2020 soll der sanierte Landtag in Mainz eröffnet werden. Foto: Harald Kaster
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MAINZ - Die Feuerwehr drückte über Jahre beide Augen zu. Der Landtag im Deutschhaus, direkt an der Mainzer Staatskanzlei, entsprach nicht mehr den brandschutzrechtlichen Vorschriften. Räume und Technik waren veraltet. Statt einer einfachen Sanierung, Kosten 25 Millionen Euro, entschied sich das Parlament dann für eine grundlegende Sanierung samt Erweiterungsbau. Das war im Jahr 2015. Es gab einen Architektenwettbewerb und in den entsprechenden Haushaltsunterlagen standen schließlich 49 Millionen Euro. So weit, so gut. Doch mittlerweile ist man bei 60 Millionen Euro angekommen. Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) nannte unlängst noch einmal diese Gesamtsumme.
Wo soll das enden? Und wurde die Öffentlichkeit 2015 hinter die Fichte geführt? Ja und nein. Denn schon damals sei klar gewesen, dass es jährliche Baukostensteigerungen von etwa 2,5 Prozent geben würde, betont Hering. Und die Kosten für Möblierung, EDV etc. wurden an einer anderen Stelle im Haushalt ausgewiesen. Aber nicht offensiv kommuniziert. Das bringt den Steuerzahlerbund (BdSt) in Rage, der schon 2015 eine Deckelung der Kosten auf 50 Millionen Euro gefordert hatte – Mehrkosten müssten dann eben eingespart werden. „Dieser Vorschlag fand aber nur wenig Gegenliebe im Landtag und jetzt ist auch klar, warum“, wettert BdSt-Landesgeschäftsführer René Quante. „Die Tür zu weiteren extremen Kostensteigerungen sollte offen gehalten werden.“
Von den elf Millionen Euro mehr gegenüber 2015, betont Hering, sei etwa die Hälfte auf Baukostensteigerungen zurückzuführen, die andere Hälfte auf Ausstattung. Hering, der 2016 ins Amt gekommen war, betont: Werde nichts Unerwartetes mehr passieren, bleibe es bei den 60 Millionen Euro. Diese Zahl habe er bei einem Pressetermin auch schon im vergangenen Jahr genannt.
KOSTEN
2015 wurden als reine Baukosten 39,3 Millionen Euro veranschlagt. Baunebenkosten: 9,8 Millionen Euro. Für die Möblierung, Küche, EDV und Medientechnik kamen 4,4 Millionen Euro hinzu. Baupreissteigerungen von 2,5 Prozent pro Jahr. Hinzuzurechnen sind auch Baurisiken, etwa Archäologie. (Quelle: Landtag)
An der Planung wird nicht mehr gerüttelt, auch nicht an der Ausstattung. Lediglich bei der Medientechnik will der Präsident den Ball flach halten und sich in anderen Landtagen informieren. Womöglich ist 2020, zur geplanten Eröffnung des sanierten Landtags, manches schon veraltet, was heute noch als modern gilt. Da dürfte Hering beim Mainzer CDU-Landtagsabgeordneten Gerd Schreiner auf offene Ohren stoßen. „Die Frage der technischen Gebäudeausstattung ist noch nicht entschieden“, so Schreiner.
Dem Steuerzahlerbund reichen Herings Aussagen nicht. Quante: „Im Grunde betreibt die öffentliche Hand immer wieder dasselbe Spiel. Die Gesamtkosten eines umstrittenen Projekts werden künstlich niedrig gerechnet, um sich die politische aber auch öffentliche Zustimmung zu sichern. Später steigen die Kosten dann schrittweise an, weil z.B. scheinbar überraschend Positionen gefehlt haben, die Baumaßnahme schwerer umzusetzen ist als gedacht und ohnehin alles teurer wird als angenommen.“ So hätten beim Landtag in der Kalkulation zuerst der Hochwasserschutz und der Neubau des Restaurants gefehlt, „jetzt kommen eben noch die Ausstattung und Möblierung dazu – wer hätte das nur ahnen können?“, fragt Quante ironisch.
Die Sanierung wird von einer Baukommission begleitet, in der auch Abgeordnete sitzen. Die zusätzlichen Kosten – Baukostensteigerung, Ausstattungen und archäologische Ausgrabungen – seien „seit Jahren öffentlich kommuniziert und bekannt“, betont Marco Weber, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion. Auch dessen Amtskollegin der Grünen-Fraktion, Pia Schellhammer, sagt: Würden Baukostensteigerungen und Ausstattungskosten zu den 49 Millionen Euro hinzugerechnet, „bewegen sich die benannten 60 Millionen Euro im Rahmen“.
Eine Sprecherin der SPD-Fraktion sagt: „Nach unseren Informationen befindet sich das Projekt im Kostenplan. Die SPD-Fraktion geht im Moment davon aus, dass der Gesamtbetrag von 60 Millionen Euro für die Sanierung des Landtagsgebäudes nicht überschritten wird.“ Die AfD-Fraktion hat nach Angaben ihres parlamentarischen Geschäftsführers Jan Bollinger ein Auge auf der Entwicklung, damit „wir keinen Mainzer BER“ erleben. Die AfD werde sich vom Parlamentspräsidenten jetzt noch einmal aktuelle Zahlen geben lassen.