Eins, eins, klick: Künftig sollen Strafanzeigen auch in Rheinland-Pfalz im Internet erstattet werden können
Von Nicholas Matthias Steinberg
Lokalredakteur Mainz
Ein Computer, ein elektronischer Briefkasten, ein Kriminalbeamter – fertig ist die Online-Wache: Kriminaloberkommisssar Frank Krüger von der Wiesbadener Polizei hat gerade eine Online-Strafanzeige auf seinem Bildschirm. Auch in Rheinland-Pfalz soll sich eine solche Online-Wache etablieren. Archivfoto: wita/Iris Schmitz
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MAINZ - In ein paar Klicks zur Strafanzeige – in zwölf Bundesländern ist dies bereits möglich. In Rheinland-Pfalz noch nicht, eventuell aber in Zukunft. Innenminister Roger Lewentz (SPD) kündigte in einer Antwort auf die Anfrage der Grünen-Politikerin Pia Schellhammer Anfang Mai an, die Anstrengungen, eine sogenannte Online-Wache auch in Rheinland-Pfalz zu etablieren, auszubauen.
Derzeit ist es bereits möglich, die Beamten über ein Internetformular zu kontaktieren. Die zuständige Polizeibehörde setzt sich dann mit dem Antragsteller in Verbindung, nimmt daraufhin die Ermittlungen auf. Mit der Online-Wache könnte das Prozedere noch direkter und komfortabler ablaufen. Über elektronische Formulare, von allgemein bis themenspezifisch, kann der Bürger seine Anzeige aufgeben, zudem auf polizeilich relevante Sachverhalte hinweisen – gleichgültig, ob Straftat oder Ordnungswidrigkeit.
„Eine Online-Wache birgt Chancen“, so der Minister in seinem Schreiben. Als schnelle, zeit- und ortsunabhängige, barrierearme und zudem bürgernahe Anzeigemöglichkeit biete sie einen Servicegewinn. Dennoch gebe es auch Risiken: Das Onlineformular ersetzt das persönliche Gespräch, in dem Beamte die Möglichkeit haben, noch einmal nachzuhaken. Aufwendige Nachermittlungen können deshalb die Folge sein, auch bei anonymen Anzeigen. Schließlich müsse nachvollziehbar sein, wer angezeigt hat. Zudem bindet das Angebot zusätzliches Personal.
INTERNET-WACHE
Bundesländer, in denen eine Online-Strafanzeige möglich ist: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Niedersachsen.
Dennoch – für Lewentz bietet die Online-Wache im Großen und Ganzen einen Mehrwert, sowohl für Behörden als auch die Bevölkerung. Mit der Zielplanung in der Polizeiabteilung des Innenministeriums sei auch bereits vor einiger Zeit begonnen worden. Eine Arbeitsgruppe arbeitete das Konzept aus. Die Vorüberlegungen seien laut Lewentz weitgehend abgeschlossen. Nun soll das Projekt umgesetzt, die Anwendung programmiert, der Prozessablauf geregelt, aber auch Erfassungsfragen wie die Echtzeitsichtung der Anzeigen oder personelle Zuständigkeiten geklärt werden. Auch die hohen Maßstäbe an Datenschutz und IT-Sicherheit müssen erfüllt sein.
Um die technische Umsetzung kümmert sich letztlich die Zentralstelle für Polizeitechnik (ZPT). Und bei dieser steht die Online-Wache nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. „Ziel ist es aber, noch in diesem Jahr mit den ersten Umsetzungsschritten zu beginnen“, berichtet Steffen Wehner, Pressesprecher des Innenministeriums.
„Wir sind an der Sache dran“, versichert auch Markus Stöhr von der Gewerkschaft der Polizei Rheinland-Pfalz (GdP). Eine abschließende Meinung habe man sich allerdings noch nicht über die Online-Wache gebildet. Sie berge in der Tat eine Reihe an Vorteilen, so der GdP-Sekretär. Durch den geringeren Aufwand könnte die Hemmschwelle, auf strafrechtlich nicht relevante Ordnungswidrigkeiten hinzuweisen, sinken. So wäre es auch möglich, „ermittlungstechnische Dunkelfelder“ wieder heller auszuleuchten. Auf der anderen Seite könnte die niedrigere Schwelle auch zu einem organisatorischen und personellen Mehraufwand führen. „Wir müssen darauf achten, dass das, was wir nach außen als Mehrwert verkaufen, letztlich nicht zu einem Mehraufwand wird“, so Stöhr. Nicht selten wird der Antragsteller trotz Online-Anzeige noch einmal vorgeladen. Die GdP habe sich bereits bei Kollegen in Nordrhein-Westfalen, die die Online-Wache bereits nutzen, kundig gemacht.
Erfahrungen anderer Länder sollen ausgewertet werden
In den kommenden Wochen wollen die Verantwortlichen die Recherche intensivieren, den Kollegen vor Ort über die Schulter schauen. Im engen Austausch mit Abgeordneten der Landtagsfraktionen, allen voran Pia Schellhammer von den Grünen. Sie hatte das Thema in einer Plenumsdebatte im Februar erneut ins Spiel gebracht. Damals ging es unter anderem um Hasskommentare im Internet. Dass die Online-Wache kommen muss, da ist sich Schellhammer sicher. Doch nicht nur das: Man solle die Erfahrungswerte, die andere Bundesländer gesammelt haben, für sich nutzen, um eine gute Lösung zu finden.