Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marcus Held fühlt sich bedroht
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Seit Wochen gibt es anonyme Vorwürfe. Nun geht der SPD-Bundestagsabgeordnete Marcus Held in die Offensive. Archivfoto: DBT/Stella van Saldern
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OPPENHEIM - „Ich habe das Gefühl, mich will jemand zerstören.“ Der Oppenheimer Bürgermeister Marcus Held ist sicher nicht von der zartbesaiteten Sorte. Aber die letzten Wochen haben Spuren bei dem SPD-Bundestagsabgeordneten hinterlassen. Seit Januar versorgt ein Anonymus Journalisten und Behörden mit umfangreichen Unterlagen. Im wesentlichen wirft die Person, die viel Insiderwissen hat, dem Stadtbürgermeister Untreue bei Grundstücksgeschäften und Bestechlichkeit vor.
Wahrscheinlich von einem Juristen verfasst
Auf 18 Seiten, die von einem Juristen geschrieben sein müssen, werden die Vorwürfe aufgelistet. Im Anhang folgen 30 Seiten Dokumente – Verträge, Rechnungen, Bieterlisten. Es ist niemand Unbedarftes, der diese Unterlagen verschickt hat. Sie tragen teils den Eingangsstempel der Verbandsgemeinde Rhein-Selz. Wirkliche Beweise liefert der Anonymus nicht. So wirft er dem SPD-Politiker vor, als Bürgermeister Scheingeschäfte vorgenommen zu haben. Im Gegenzug habe es sogenannte Kick-back-Zahlungen gegeben, Rückflüsse entweder an Held selbst oder als Spenden an die SPD in Oppenheim. Held schließt das aus, und ist auch bereit, alle Spenden offenzulegen. Ein gutes Dutzend Zeitungen und Sender hat sich bei ihm gemeldet, er hat in den vergangenen Wochen intensive Gespräche geführt, auch mit dieser Zeitung. Held hat dabei weitere Dokumente vorgelegt, Gesprächspartner hinzugeholt, etwa ein beteiligtes Stadtplanungsbüro aus Worms. Auch in Kreisen der Kommunalpolitik kursiert das anonyme Schreiben. Mittlerweile hat Held Sorge um die Familie. Die anstehende Bundestagswahl, zu der er erneut antritt, gerät da fast in den Hintergrund.
Nun ist der mediengewandte 39-Jährige in die Offensive gegangen. Er hat sich einen Anwalt genommen, bereitet eine Strafanzeige wegen Verleumdung und falschen Verdächtigungen vor. Und er geht, über diese Zeitung, selbst an die Öffentlichkeit. Held kooperiert mit Justiz und dem Rechnungshof, beide ebenfalls vom anonymen Schreiber eingeschaltet. Die Mainzer Staatsanwaltschaft will nun erst die Prüfungen des Rechnungshofs abwarten. Dieser wertet derzeit 16-Leitz-Ordner Akten der Verbandsgemeinde aus. Wie ein Sprecher des Rechnungshofs sagt, werde erst nach der Auswertung entschieden, ob eine Sonderprüfung eingeleitet werde. Dabei gehe es aber nicht um die Person Marcus Held – geprüft werde die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gemeinde.
ANDERER FALL
Deal mit Geschmäckle in einem anderen Fall: 2016 erwarb die Stadt Oppenheim ein Grundstück für 580 000 Euro. Aufgrund einer Maklerklausel im Grundstücksvertrag zahlte sie 5,95 Prozent des Kaufpreises an das Ehepaar Menger, das als Makler vom Verkäufer beauftragt war. Die Geschichte schlug hohe Wellen, auch diese Zeitung berichtete ausführlich. Erich Menger (SPD) ist Amtsvorgänger von Bürgermeister Held.
In erster Linie geht es bei den Vorwürfen um das Neubaugebiet „Krämereck-Süd“ in Oppenheim. Held habe dafür gesorgt, dass der Stadt bei Grundstücksankäufen im Jahr 2014 Maklerprovisionen von mindestens 184 000 Euro in Rechnung gestellt wurden, ohne dass es Gegenleistungen gab. Held weist das zurück, selbstverständlich habe es Gegenleistungen gegeben, was auch die Verkäufer bestätigen könnten. Zudem habe die Stadt im Wettbewerb gestanden, und da habe es gar keinen anderen Weg gegeben. 184 000 Euro höre sich womöglich viel an, räumt der Bürgermeister ein. Allerdings habe die Stadt aus den Grundstückgeschäften bereits Erlöse von fast zwei Millionen Euro erzielt.
Vorwürfe gibt es auch, was den Weiterverkauf der Grundstücke durch die Stadt betrifft. Im Mittelpunkt steht ein Planungsbüro, das seinen Sitz im Oppenheimer Rathaus hat, und dessen Inhaber gleichzeitig SPD-Bürgermeister im rheinhessischen Örtchen Uelversheim ist. In Uelversheim sitzt eine weitere Firma des Mannes, und diese profitierte laut Anonymus von Maklerklauseln, die Held in die Verträge habe hereinschreiben lassen. Held verweist auf einen entsprechenden Stadtratsbeschluss. In einem weiteren Fall räumt er es als mögliches Versäumnis ein, dass es keinen Stadtratsbeschluss gab – so erließ er einer Oppenheimerin für den (Zu-)Kauf eines Grundstücks eine Stange Geld. Die Kaufsumme von 5 000 Euro mutet als Schnäppchen an. Allerdings handelt es sich um ein Grundstück in Randlage, das ursprünglich Teil einer Notausfahrt für eine neue Polizeiinspektion werden sollte. Aus der Inspektion wurde nichts. Das Grundstück war für die Gemeinde mehr oder minder wertlos, sagt Held. Und dass Helds Frau zeitnah vom Mann der Käuferin, der einen Kfz-Handel hat, einen Mercedes Vito erwarb? Seine Frau habe das Auto zum normalen Marktwert gekauft, so Held, und das könne er auch belegen.