Das ging mächtig schief: Innenstaatssekretär Randolf Stich (links) und Innenminister Roger Lewentz (rechts) im Juni 2016 im Gespräch mit den Möchtegern-Hahn-Käufern Kyle Wang (Zweiter von links) und Dr. Chou. Archivfoto: dpa
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MAINZ - Der erste angebliche Finanzierungsnachweis der Chinesen kam am 19. August 2015. Die Firma Shanghai Yiqian Trading (SYT) wollte vom Land Rheinland-Pfalz den Flughafen Hahn kaufen. Über ihren Mittelsmann, den Bernsteinhändler „M.“ aus Idar-Oberstein, schickten sie ihre Vorschläge an die Beratungsgesellschaft KPMG, die für das Land Rheinland-Pfalz den Verkauf organisierte. In der Mail gaben sie an, über eine Gesellschaft mit Namen Grand Mekong Investment Limited 1,7 Milliarden Euro flüssig machen zu können – im Anhang das Foto einer „Bestätigung“ durch eine Londoner Bank.
Unterlagen aus China kamen zu den Akten
Als die Berater in Schanghai nachfragten, inwiefern Finanzier und SYT zusammenhingen, antworteten die Chinesen nicht. Stattdessen boten sie einen neuen Finanzier auf, „Weng Jianlin“ der Name. „M“, der Bernsteinhändler, übersandte ein Foto mit einer „Bankgarantie“ über 200 Milliarden US-Dollar. Das Foto wiederum hatte ihm der in Singapur lebende Pilot Dr. Yu Tao Chou (SYT) per WhatsApp, einem Internetdienst, geschickt. Weng Jianlin muss der reichste Mensch im Weltall sein, denn er hätte, wenn es wahr wäre, das Vermögen von Bill Gates, Amancio Ortega (Zara, Massimo Dutti) und Warren Buffet zusammen. KPMG nahm die Unterlagen zu den Akten, sie seien „nicht verfahrensrelevant“.
Und so ging es munter weiter, wie dem am Montag vorgelegten Bericht des Landesrechnungshofs zu entnehmen ist. Vermeintliche Finanziers kamen und gingen, wie schon am Nürburgring. Im Businessplan tauchte auf einmal die britische Gesellschaft The Crown Agents Foundation als möglicher Geldgeber auf, die als Ziel habe, Armut in der Welt zu bekämpfen. Auch diese Seifeblase platzte. Weitere „Bankbelege“ der Chinesen wurden vorgelegt, zwei davon erwiesen sich später als gefälscht. Das hätten die KPMG-Vertreter nicht unbedingt erkennen müssen, schreibt der Rechnungshof. Ein China-Experte allerdings schon. So war etwa das chinesische Schriftzeichen für die Zahl 2 auf einem Dokument falsch. Größtes Versäumnis von KPMG sei es gewesen, die eingereichten Kopien und Fotos von angeblichen Finanzierungsnachweisen nicht auf Echtheit und Plausibilität zu prüfen.
SO GEHT DIE OPPOSITION VOR
Die AfD hat sich klar positioniert: Sie will einen Untersuchungsausschuss, fordert personelle Konsequenzen. Überdies hat sie Strafanzeige gegen Minister Lewentz gestellt. Doch die erforderlichen Stimmen für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss hat die AfD nicht. Dazu bräuchte sie die CDU. Doch die taktiert noch. „Wir schließen nichts aus“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Martin Brandl. Zunächst einmal wartet die CDU die Sondersitzung des Landtags am 5. Mai ab. Dann steht die Sacharbeit in den Ausschüssen an.
Innenstaatssekretär Randolf Stich (SPD) sagte am Dienstag auf Nachfrage, von den Bieterplänen in der ersten Verkaufsphase habe sein Ministerium nichts gewusst. Das sei auch so beabsichtigt gewesen. Vom 200-Milliarden-Dollar-Nachweis habe man erst im Rahmen der Nachforschungen des Rechnungshofs erfahren.
Anfang Juli 2016 platzte der Deal des Landes mit SYT. Eine erste Tranche der Kaufsumme floss nicht. Die Verträge zwischen Land und SYT waren da längst unterschrieben. Es ist starker Tobak, was der Rechnungshof auf 100 Seiten diesbezüglich formuliert hat. So hätte das Kabinett von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am 30. Mai 2016 „keine Verkaufsentscheidung treffen dürfen“. KPMG hatte einen sogenannten Integritätscheck gemacht, also geprüft, ob die SYT-Gesellschafter wie etwa Kyle Wang seriös sind. Und auch hier hatte es zahlreiche Ungereimtheiten gegeben. Etwa bei der Anteilseignerstruktur der SYT, die sich nicht klären ließ. In einem Entwurf des KPMG-Berichts wurde die Beurteilungs-Ampel auf Rot gestellt: „Gesamtrisikofaktor: HOCH“, heißt es in dem Dokument. Auch ließ sich nicht ausschließen, dass Beteiligte mit dem Strafrecht in Berührung gekommen waren. Im abschließenden, schriftlichen Bericht, der am 16. Juni 2016 bei der Regierung einging, standen die Ampeln dann auf Grün.
KPMG und Ministerium: Aussage gegen Aussage
Ob am 30. Mai 2016, also dem Tag der Kabinettsentscheidung, überhaupt Informationen von KPMG an das Ministerium geflossen sind, bleibt unklar. Nach Angaben des Ministeriums teilte KPMG die Ergebnisse des Integritätschecks mündlich mit. Das bestreitet KPMG gegenüber dem Rechnungshof. Ebenfalls bestreiten die Berater die Aussage des Ministeriums, sie hätten in der letzten Besprechung vor Vertragsabschluss am 31. Mai 2016 erklärt, dem Vertragsabschluss stünden keine Hindernisse entgegen. Das hätten sie zu „keinem Zeitpunkt“ gesagt, so KPMG gegenüber dem Rechnungshof. Hier steht Aussage gegen Aussage.